GÜTERSLOH. Von Lehrkräften für Lehrkräfte: So könnte man den Charakter von „FelloFish“ beschreiben. Dieses KI-Tool wurde von Hendrik Haverkamp, Lehrer und Koordinator für Digitalität am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh, zusammen mit seinem Co-Gründer Malte Hecht vor rund zwei Jahren entwickelt. Als Feedback-Tool soll es das Lernen für Schüler:innen verbessern und Lehrkräfte durch automatisch generierte, personalisierte Rückmeldungen unterstützen. News4teachers-Fachredakteur Volker Jürgens führte ein Interview mit dem Didaktik- und KI-Experten Hendrik-Haverkamp darüber, wie KI die Schulen verändern kann – und warum eine mutige und entspannte Haltung wichtig wäre.

News4teachers: Der richtige KI-Hype hat ungefähr vor zwei Jahren eingesetzt, mit der Veröffentlichung von ChatGPT. Seit wann beschäftigt Sie das Thema?
Hendrik Haverkamp: Das Thema KI beschäftigt mich bestimmt schon seit sieben, acht Jahren. Vielleicht muss man vorausschicken, dass ich als Lehrer am Evangelisch-Stiftischem-Gymnasium in Gütersloh unterrichte. Vor ungefähr acht Jahren haben wir einen neuen Schulleiter bekommen, Martin Fugmann. Er hat vorher an der Deutschen Schule im Silicon Valley gearbeitet und sagte uns schon damals: „Wir müssen uns mit dem Thema KI beschäftigen, das ist da drüben schon ein Riesenthema.“ Und das war für uns der Ausgangspunkt, um uns sehr rechtzeitig und deutlich vor ChatGPT, schon mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinanderzusetzen.
News4teachers: Was bedeutet denn KI für die Schule? Mit welchen Fragen haben Sie sich konkret beschäftigt?
Haverkamp: Generative KI, über die wir ja vor allem sprechen, ist zunächst mal eine Riesenherausforderung für Schulen. Sie hat natürlich ein großes Transformationspotenzial, aber durch KI wir die DNA der Schule im Prinzip infrage gestellt. Welche Fähigkeiten, welche Kompetenzen sind jetzt eigentlich noch wichtig? Bestimmte Fächer geraten unter Druck, siehe Fremdsprachen. Ist es noch notwendig, zukünftig wirklich zwei oder drei Fremdsprachen zu beherrschen? Aber es geht eben auch um die Frage, inwiefern Prüfungen KI-konform und KI-robust durchgeführt werden können. Bestimmte Prüfungsformate wie Facharbeiten machen einfach gar keinen Sinn mehr, weil man eben nicht mehr weiß, wer der Urheber eines Textes ist. Das heißt, die Schule wird vor mannigfaltige Herausforderungen gestellt und muss darauf reagieren.
“Jede Lehrkraft weiß, wie lernförderlich Feedback ist, aber wie selten man es aufgrund der fehlenden zeitlichen Ressourcen wirklich umsetzen kann”
News4teachers: KI in Prüfungen – wie kann das denn überhaupt funktionieren?
Haverkamp: Ich kann Ihnen ein Beispiel geben: Ich habe bereits vor einigen Jahren im Unterricht, im Fach Deutsch, mit meinen Schüler*innen intensiv über Chatbots gesprochen. Und die Schülerinnen und Schüler durften bei der Klassenarbeit dann einen Chatbot nutzen. Sie hätten sich im Prinzip die ganze Arbeit von diesem Chatbot schreiben lassen können. Sie mussten dann aber drei Dinge abgeben: Erstens die hybrid erstellte Klassenarbeit, zweitens einen Reflexionsteil, in dem sie beschreiben, warum sie in einigen Bereichen die KI genutzt haben und in anderen Bereichen vielleicht auch nicht, und drittens ihren Prompt und den generierten Text. Was ganz spannend war: Kein einziger Schüler hat eine komplett KI-generierte Arbeit abgegeben hat. Sie haben den generierten Text eher als Inspirationsquelle genommen, als ersten Aufschlag, um dann damit weiterzuarbeiten. Dazu habe ich damals auch einen Artikel für „The Decoder“ geschrieben.
News4teachers: Und dann haben sie beschlossen, noch tiefer in das Thema KI einzutauchen und etwas Eigenes zu entwickeln?
Haverkamp: Ja, all das hat dann dazu geführt, dass ich mich sehr intensiv mit den Möglichkeiten von KI auseinandergesetzt habe. Meine Frage war: Wie kann man KI eigentlich lernförderlich in Schule und Unterricht einsetzen? So ist „FelloFish“ entstanden.
News4teachers: Wann war das genau?
Haverkamp: Das war so ziemlich genau vor zwei Jahren. Ich habe meinen Co-Gründer Malte Hecht damals beim „Virtuellen Kompetenzzentrum: Künstliche Intelligenz und wissenschaftliches Arbeiten“, kurz VK:KIWA kennengelernt, zu dem ich eingeladen war. Gemeinsam haben wir uns im Anschluss überlegt: „Was können wir jetzt eigentlich mit den Möglichkeiten der großen Sprachmodelle in Schule anfangen?“ Wir wollten etwas entwickeln, das wirklich einen Mehrwert bietet und haben dazu die Frage gestellt: Was brauchen Schülerinnen und Schüler am meisten in ihrem Lernprozess?
News4teachers: Welche Antwort haben Sie gefunden?
Haverkamp: Feedback! Jede Lehrkraft weiß, wie lernförderlich Feedback ist, aber wie selten man es aufgrund der fehlenden zeitlichen Ressourcen wirklich umsetzen kann. Das war die Grundidee von „FelloFish“, dass wir gesagt haben, wir wollen etwas bauen, was dieses Problem löst. Wir haben also einen KI-Schreibbegleiter entwickelt, der Schülerinnen und Schülern lernförderliche Rückmeldungen gibt – und zwar immer dann, wenn sie es brauchen und ganz personalisiert. Gleichzeitig profitieren die Lehrkräfte natürlich auch davon.
News4teachers: Inwiefern profitieren die Lehrkräfte?
Haverkamp: Das Feedback funktioniert ja in beide Richtungen, einmal für die Schüler*innen, für ihre ganz spezifische Aufgabe, aber eben auch für die Lehrkräfte, die eine Rückmeldung bekommen, wie gut ihre Klasse sozusagen performt. Als Lehrkraft bekomme ich immer angezeigt, welche Kompetenzen meine Schülerinnen und Schüler schon haben und wo vielleicht Schwierigkeiten und Probleme liegen. Das heißt, hier wird zum ersten Mal in Echtzeit Lernen für Lehrkräfte sichtbar gemacht.
News4teachers: In welchen Fächern kann denn „FelloFish“ eingesetzt werden?
Haverkamp: Es ist im Prinzip in allen Fächern einsetzbar. Wir haben viele Lehrkräfte, die das sehr intensiv in den Sprachen einsetzen, also im Fach Deutsch und auch in den Fremdsprachen. Aber es gibt auch Lehrkräfte aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, die es ebenfalls regelmäßig einsetzen. Grundsätzlich funktioniert es überall dort, wo Sprache und textbasierte Aufgaben eine Rolle spielen. Wir haben tatsächlich auch ein paar Lehrkräfte in der Community, die es im Fach Mathematik nutzen, beispielswese bei Textaufgaben. Inzwischen kann „FelloFish“ auch multimodale Aufgaben verarbeiten, man kann also auch Diagramme, Karten, Karikaturen, Bilddateien und so weiter hochladen und dazu eine Aufgabe stellen.
News4teachers: Können Sie mal ein ganz konkretes Beispiel für den Einsatz geben?
Haverkamp: Ich glaube, es gibt so drei hauptsächliche Einsatzszenarien. Das erste sind ganz klassische Aufgaben, die ich im Unterricht mit meinen Schülerinnen und Schülern bearbeite, die ich mit „FelloFish“ dann sofort feedbacken kann. Ein zweites Einsatzszenario sind Hausaufgaben. Die Schülerinnen und Schüler haben von zu Hause natürlich auch Zugriff auf das Tool und können ihre Ausarbeitungen dort einpflegen. Das finde ich besonders spannend im Hinblick auf die Chancengerechtigkeit, weil auch Kinder von nicht Akademiker-Eltern direkte Rückmeldungen erhalten und sich damit verbessern können. Und das dritte große Einsatzszenario sind die Vorbereitungen für Klassenarbeiten. Alles, was ich meinen Schülerinnen und Schülern an Probearbeiten und Probeklausuren zur Verfügung stellen möchte, kann ich wunderbar durch „FelloFish“ feedbacken lassen. Das ist für mich als Lehrer wirklich eine große Entlastung.
News4teachers: „FelloFish“ gibt dann individuell erstelltes Feedback an die Schülerinnen und Schüler. Überprüfen Sie dieses Feedback noch einmal oder vertrauen Sie darauf, dass Ihr Tool immer sinnvolle Rückmeldungen ausspuckt?
Haverkamp: Weder die Schülerinnen und Schüler noch die Lehrkräfte sind der KI hilflos ausgeliefert. Grundsätzlich habe ich als Lehrkraft die Möglichkeit, mir das KI-Feedback jederzeit und zu jedem Schüler anzeigen zu lassen. Wir wissen natürlich um die Möglichkeit, dass KI halluzinieren kann. Deswegen ist es bei „FelloFish“ so wichtig, dass die Lehrkraft die Aufgaben selbst anlegt. Eine Aufgabe besteht immer aus einer Aufgabenstellung und aus Feedbackkriterien. Diese Feedbackkriterien sind enorm wichtig, damit das Modell weiß, worauf es besonders achten soll. Außerdem sollte es immer auch einen Bezugstext für die KI geben. Dazu kommt, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Feedback selbst bewerten können. So können sie zum Beispiel signalisieren, wenn etwas nicht richtig sein sollte. Das bekommt die Lehrkraft unmittelbar angezeigt und darauf kann man dann eben auch reagieren. Man kann als Lehrkraft überprüfen: Stimmt jetzt das KI-Feedback wirklich nicht oder hat der Schüler das Feedback nur nicht richtig verstanden? Das sind Möglichkeiten, die ich als Lehrkraft habe, um zu verhindern, dass ein falsches Feedback ausgespielt wird.
News4teachers: Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich bin ein Lehrer und würde das Tool gern anwenden, dann hätte ich erstmal Bedenken, weil es sich nach einem großen Aufwand anhört, diese Aufgaben korrekt anzulegen. Kommt da viel Mehrarbeit auf die Lehrkräfte zu?
Haverkamp: Diese Bedenken höre ich häufiger, aber das Tool ist wirklich unglaublich einfach zu bedienen. Und es gibt die Möglichkeit, Aufgaben untereinander zu tauschen. Man muss das Rad also nicht immer neu erfinden. Demnächst wird es auch so sein, dass erste Verlage fertige Aufgaben anbieten, und auch jetzt schon gibt es eine große Anzahl von frei verfügbaren Aufgabentemplates, die ich als Lehrkraft nutzen kann, bei denen die Feedbackkriterien schon vorgegeben sind. Unser Anspruch an „FelloFish“ ist eigentlich, dass eine Aufgabe innerhalb von maximal drei Minuten erstellt sein soll. Das heißt, man baut sich mit der Zeit einen Fundus auf und man kann diesen Fundus durch die Aufgaben der Kolleg*innen ergänzen. Und woran wir auch arbeiten, ist, dass die Aufgabenerstellung demnächst ebenfalls durch KI unterstützt wird, also dass ich mir dann auch Vorschläge für Feedbackkriterien generieren lassen kann, sodass es hier auch keinen Mehraufwand für Lehrkräfte gibt.
News4teachers: Ist es auch möglich, handgeschriebene Texte einlesen zu lassen?
Haverkamp: Ja, das war wahrscheinlich die erste Funktion, die wir nach dem generellen Feedback implementiert haben. Man kann sowohl handschriftlich geschriebene Texte als auch Fotos hochladen, die dann in einen digitalen Text umgewandelt werden. Das ist mittlerweile auch in verschiedensten Bundesländern als DSGVO-konform eingestuft worden.
News4teachers: Sie haben von Ihrem Co-Gründer gesprochen. Welche Aufgaben übernehmen Sie vor allem bei „FelloFish“ und welche Ihr Partner?
Haverkamp: Als erfahrene Lehrkraft bin ich vor allem für die pädagogisch-didaktische Ausrichtung verantwortlich, während sich Malte Hecht eher um die technische Umsetzung kümmert. Aber natürlich beraten wir über alle Aspekte der Weiterentwicklung immer gemeinsam. Wir führen auch unglaublich viele Nutzerinterviews oder diskutieren mit unserer Community auf unserem Discord-Channel, um herauszubekommen, was Lehrkräfte wirklich brauchen.
“Ich bin immer noch zu hundert Prozent Lehrkraft. Das heißt, ich stehe normalerweise vor meinen Schülerinnen und Schülern und unterrichte”
News4teachers: Das finde ich spannend. Was kommt denn da so für Feedback? Was wünschen sich die Lehrkräfte?
Haverkamp: Die Möglichkeit, Aufgaben untereinander zu teilen, war etwas, was sich fast alle Lehrkräfte gewünscht haben. Das haben wir im Dezember 2024 umgesetzt. Bald wird noch eine andere Ordnerstruktur kommen, wodurch ich meine Aufgaben als Lehrkraft noch besser sortieren kann. Und was sich viele Lehrkräfte wünschen, ist, dass das Feedback zum sprachlichen Ausdruck noch besser wird. Damit meine ich, dass „FelloFish“ sehr verlässlich eine Rückmeldung auch zur sprachlichen Richtigkeit, zur Zeichensetzung, Ausdrucksstil und so weiter geben kann. Gerade die Fremdsprachen-Lehrkräfte wünschen sich das. Und es gibt noch ganz viele kleine Wünsche, so dass ich sagen kann, dass es in diesem Jahr noch sehr viele Weiterentwicklungen geben wird.
News4teachers: Das bedeutet also auch, dass das Projekt „FelloFish“ für Sie nicht abgeschlossen ist.
Haverkamp: Absolut nicht. Wir sind vor anderthalb Jahren mit einem Prototyp gestartet, der erstmal nur die Basisfunktion hatte. Inzwischen konnten wir es weiterentwickeln zu einem Schreibbegleiter, von dem sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräfte profitieren. Diesen Weg wollen wir auf jeden Fall noch weiter gehen – wobei ich natürlich immer noch zu hundert Prozent Lehrkraft bin. Das heißt, ich stehe normalerweise vor meinen Schülerinnen und Schülern und unterrichte. Aber gerade beides zu verbinden, finde ich wirklich reizvoll, weil es mir die Möglichkeit gibt, mit den Schüler*innen und auch mit meinen Kolleg*innen Dinge direkt auszuprobieren. Ich glaube, dieses Herzblut, das wir da reinstecken, während wir immer das Ohr an den Lehrenden und an der Zielgruppe haben, das wird eben auch wertgeschätzt.
News4teachers: Haben Sie insgesamt das Gefühl, dass das Thema KI in den Kollegien inzwischen weniger skeptisch betrachtet wird?
Haverkamp: Ich glaube, die Verunsicherung ist immer noch groß und es gibt immer noch Skepsis auf Seiten der Lehrkräfte, wie man entsprechende Anwendungen gut im Unterricht einsetzen kann. Außerdem gibt es das große Problem, dass viele Bundesländer noch gar keine Tools haben, die Lehrkräfte DSGVO-konform im Unterricht nutzen können. Es fehlen außerdem Fortbildungen. Gleichzeitig haben wir auf der anderen Seite die Schülerinnen und Schüler, die KI im privaten Bereich sehr selbstverständlich benutzen, aber auch da herrschen große Unsicherheiten: Was darf ich jetzt eigentlich in der Schule und im Unterricht einsetzen? Muss ich das verheimlichen? Wird mir dann vorgeworfen, dass ich hier ein KI-Plagiat abgegeben habe? Diese Unsicherheit auf beiden Seiten wird uns sehr wahrscheinlich auch die nächste Zeit noch begleiten.
News4teachers: Und wenn Sie selbst auf den großen Bereich KI schauen: Freuen Sie sich vor allem auf die Möglichkeiten, die sich dadurch noch ergeben oder haben Sie manchmal auch Sorge, wo es wohl hingehen wird?
Haverkamp: Also ich habe vor allem die große Hoffnung oder den Wunsch, dass wir eine mutige und entspannte Haltung dieser neuen Technologie gegenüber finden, vor allem auch an den Schulen. Das Lernen wird dadurch ja nicht überflüssig gemacht. Lehrkräfte werden dadurch nicht überflüssig gemacht. Wir müssen natürlich schauen, dass es nicht zu Deskilling-Effekten kommt, also dass Schülerinnen und Schüler bestimmte Dinge, die uns wichtig sind, nicht mehr lernen. Aber ich glaube, dass eben auch viele neue Fähigkeiten und Kompetenzen, die für das 21. Jahrhundert wichtig sind, neu hinzukommen werden und Schüler*innen dabei Begleitung brauchen. Diesen Aushandlungsprozess „Was wollen wir bewahren, was ist uns wichtig und was wird neu dazukommen?“, den finde ich unglaublich spannend und da würde ich mir eben wünschen, dass wir dieser neuen Entwicklung erstmal aufgeschlossen gegenüberstehen – ohne die Risiken zu ignorieren.
News4teachers: Also haben Sie keine Sorgen in Bezug auf KI?
Haverkamp: Doch schon. Sorgen macht mir vor allem diese Diskrepanz der Entwicklungsgeschwindigkeit von Schule und KI. Wir haben jetzt schon das Problem, dass die Schule von vielen als analoge Parallelwelt wahrgenommen wird. Also es gibt diese wahnsinnige Geschwindigkeit außerhalb von Schule und wir haben ein System Schule, das unglaublich langsam reagiert. Das ist etwas, was mir Sorgen macht.
Der Fachjournalist Volker Jürgens (früher selbst Geschäftsführer eines EdTech-Unternehmens) führte das Interview.
Das KI-Tool „FelloFish“ (früher Fiete.ai) wurde im Frühjahr 2023 von Hendrik Haverkamp und Malte Hecht ins Leben gerufen. Inzwischen nutzen über 50.000 User*innen die App. „Wir sind von dem Bedarf überrannt worden“ sagt Co-Gründer Hendrik Haverkamp dazu. Haverkamp ist Lehrer und Koordinator für Digitalität am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh und bringt vor allem die Sicht aus der Praxis mit ein. Vor einem Jahr haben Hendrik Haverkamp und Malte Hecht mit ihrer Idee eines Feedback-Tools den Didacta Start-up Award 2024 gewonnen.
Bisher gibt es auf dem deutschen Markt kaum vergleichbare Anwendungen. Insgesamt ist die Auswahl an KI-Tools für den Unterricht – vor allem unter Berücksichtigung des Datenschutzes – bisher nicht sehr groß. Neben „FelloFish“ ist für Schulen vor allem die KI-Plattform „fobizz“ ein Anlaufpunkt. Zudem gibt es den Anbieter „schulKI“, der einige KI-Anwendungen für Lehrkräfte zur Verfügung stellt, darunter auch eine „intelligente Aufgabenkontrolle“. Weitere Infos zu „FelloFish“: www.fellofish.com/
Meine Frage wäre noch: Funktioniert die Handschrift-Erkennung zuverlässig bei Grundschülern?
Ich werte das mal als „nein“.
“Wir müssen natürlich schauen, dass es nicht zu Deskilling-Effekten kommt, also dass Schülerinnen und Schüler bestimmte Dinge, die uns wichtig sind, nicht mehr lernen.”
Für Deskilling-Effekte bedurfte es doch bisher auch kaum neuer Technologien sondern nur immer weiterer Reformen und bildungspolitischer Visionen. Den SuS wurde und wird weiter vorgegaukelt, dass sich fachliche Kompetenzen ohne große Anstrengung (Übung) und ohne mühevollen Erwerb (Lernen) von Sachkenntnissen aufbauen ließen.
Es gab ihn nie diesen “Aushandlungsprozess” “Was wollen wir bewahren, was ist uns wichtig” und was macht Sinn zur Erhaltung eines angemessenen Leistungs- und Anspruchsniveaus. Von Bildungspolitik und Kultusbürokratie wurde zu oft falsches Feedback ausgespielt. In den entsprechenden Ämtern und Behörden empfiehlt sich das Aufstellen von Riesenaquarien mit maximaler Populationsdichte an FelloFishen.
KuK, welche sich um ein realistisches Feedback bezüglich der fachlichen Leistungen der SuS und eine angemessene Aufgaben- und Fehlerkultur bemühten (bisher meist noch ohne FelloFish) sowie die gewünschte “Stoffreduzierdidaktik” verweigerten, wurden von der Helikopterelternschaft und von Bildungsbehörden systematisch “ausgebremst” und einem Weichspülgang unterzogen (Zum Glück sind immer noch einige KuK im aktiven Widerstand.)
Wie sieht’s eigentlich mit dem Deskilling-Effekt im Newschool-Lehramt aus?
Deprofessionalisierung, kontinuierliche Senkung des Qualifikationsniveaus …
Ich frag nur für einen Freund, welcher überlegt, ob er noch so blöd sein will.
“und ganz personalisiert”. Bei Auswertung durch ein KI, die auf bestimmte Muster trainiert ist, also eigentlich gerade nicht ganz personlisiert???
Und “feedbacken”. Wie soll die KI da noch gutes Deutsch lernen können? Am Ende wird das im Backbuch eingeordnet.
Sicherlich sinnvoll für die 30% Homeschoolinganteil.
Mehr Flexibilität, schafft die Klassenräume ab.
Ich würde mir wünschen, dass Sie tatsächlich mal die Realität berücksichtigen würden.
Also viele Räume sind gammelig.
Von daher nicht die schlechteste Idee 🙂
Ich empfehle ja immer Ammongelit zur Baufeldberäumung, aber bitte erst nach der Zeugnisausgabe, wenn alle die Bruchbuden verlassen haben.
Interessanterweise ist ja der überwiegende Teil der Rathäuser, die in den selben Jahren wie viele Schulgebäude errichtet worden sind, mittlerweile generalsaniert oder sogar neu gebaut worden. Sieht man eben wo der Fokus der Sachaufwandsträger im Gebäudemanagement liegt.
Liebe Un-Realistin,
Sie haben Ihre altbekannte Forderung nach der 4-Tage-Woche vergessen. Dafür sind Sie nun gegen Klassenräume.
Haben Sie gelesen, dass immer mehr Kinder mit Lärmschutz-Kopfhörern im Unterricht sitzen? Dank modernem Unterricht und offenen Lernformen mit ganz viel Bewegung im Raum bekommt man eine solche Lautstärke, dass niemand mehr vernünftig arbeiten kann.
Wir bräuchten eigentlich kleinere Klassen und ruhigeres Arbeiten.
Stattdessen wird man aber ganz “modern”, löst klassischer Klassenräume auf und gestaltet riesige, offene Lernlandschaften mit ganzen Jahrgängen, um damit noch mehr Unruhe zu schaffen. Und das finden Sie also gut und wollen es fördern?
Bevor man digital einsteigen kann, muss man die analogen Techniken sicher beherrschen. KI kann man sich aktuell im Unterricht größtenteils sparen. Das ist nur ein Hype und alle versuchen aufzuspringen und Geld zu verdienen.
Natürlich kann man KI sinnvoll nutzen, aber ob das in der Schule übermäßig nötig ist, sei mal dahingestellt.
Ich schreibe es nochmal: Wer die analoge Welt nicht sicher beherrscht (schreiben, rechnen,lesen) braucht digitale Tools höchstens mal zur Abwechslung von der analogen Welt und das nur punktuell.
Und wie wollen Sie das erreichen?
Wer beides beherrschen will, braucht mehr Zeit. Also Schule täglich von 8 bis 18 Uhr? Oder Samstags-Unterricht wieder einführen? Oder Schulzeit auf 15 Jahre verlängern? Menschen brauchen Zeit zum Lernen. Und bei der heutigen Schülergeneration sind auch alle möglichen sozialen Defizite aufzuarbeiten. Und “lebenspraktische” Fertigkeiten. WIrd ja alles bei vielen durch Elternerziehung nicht mehr vermittelt.
Und wer soll / will das machen? Sie? Oder ernennen wir demnächst jeden zum “Unterrrichsbegleiter”, der “Leerer” schreiben kann (Rest macht ja die Autokorrektur, aber komischerweise nicht hier bei N4T…).
Nein, wer den Umgang mit KI lernen muss und soll, wer täglich “Sozialtraining” und “Demokratieerziehung” braucht, der wird auf andere Fähigkeiten verzichten müssen. Der Tag hat nur 24 Stunden und der Lehrerarbeitstag sogar nur 8…
Analoges Interagieren mit echten Menschen, also mit Mimik, Gestik, individueller Stimme und Blickkontakt, ist auch nicht so unwichtig.
“Analoges Interagieren mit echten Menschen, also mit Mimik, Gestik, individueller Stimme und Blickkontakt”
Das gibt es doch heute schon kaum noch, kann weg! Ein paar Stunden in den Öffis oder ein Restaurantbesuch reichen, um das zu sehen. Bei zu vielen sieht es in den eigenen vier Wänden nicht besser aus, fürchte ich.
Um so wichtiger ist dann doch analoge Schule, oder nicht?
Natürlich! Digital in Schulen nur in sinnvollen Maßen und natürlich mit analogen Lehrern und Erziehern, mit analogem feedback!
“Bestimmte Prüfungsformate wie Facharbeiten machen einfach gar keinen Sinn mehr, weil man eben nicht mehr weiß, wer der Urheber eines Textes ist.”
Das sagt ChatGPT:
Soll die Seminararbeit bei Schülern abgeschafft werden, weil sie sowieso nur bei der KI abschreiben würden?
EinleitungDie zunehmende Verbreitung künstlicher Intelligenz (KI) hat viele Bereiche des täglichen Lebens beeinflusst, darunter auch das Bildungssystem. Besonders die Nutzung von KI-gestützten Programmen wie Chatbots oder Textgeneratoren stellt Schulen vor neue Herausforderungen. Eine häufig diskutierte Frage ist, ob die Seminararbeit abgeschafft werden sollte, da Schüler diese zunehmend mit Hilfe von KI schreiben könnten. Doch wäre dies wirklich eine sinnvolle Lösung? Diese Erörterung beleuchtet sowohl die Argumente für als auch gegen die Abschaffung der Seminararbeit und zeigt mögliche Alternativen auf.
HauptteilPro-Argumente: Warum die Seminararbeit abgeschafft werden sollteEin zentrales Argument für die Abschaffung der Seminararbeit ist die Gefahr des massenhaften Abschreibens von KI-generierten Inhalten. Da moderne KI-Programme innerhalb weniger Sekunden vollständige Texte liefern können, wird es für Lehrkräfte immer schwieriger, die Eigenleistung der Schüler nachzuweisen. Dies könnte den eigentlichen Zweck der Seminararbeit – nämlich das selbstständige wissenschaftliche Arbeiten – untergraben.
Ein weiteres Argument ist der hohe Zeitaufwand für Lehrkräfte, um Plagiate oder KI-generierte Texte zu identifizieren. Die Analyse, ob ein Text wirklich von einem Schüler selbst verfasst wurde oder ob KI involviert war, erfordert zusätzliche Prüfmethoden, die oft schwer umsetzbar sind. In diesem Zusammenhang könnten alternative Prüfungsformen wie mündliche Prüfungen oder praxisnahe Projekte effektiver sein.
Kontra-Argumente: Warum die Seminararbeit beibehalten werden sollteGegen die Abschaffung der Seminararbeit spricht, dass sie eine essenzielle Fähigkeit vermittelt: das wissenschaftliche Arbeiten. Schüler lernen nicht nur, Informationen zu recherchieren, zu strukturieren und zu analysieren, sondern auch kritisch mit Quellen umzugehen. Diese Kompetenzen sind gerade in Zeiten von Fake News und KI-generierten Inhalten wichtiger denn je.
Zudem bietet die Seminararbeit eine Möglichkeit, selbstständiges und reflektiertes Lernen zu fördern. Anstatt die Aufgabe abzuschaffen, könnte man sie an die neuen technologischen Gegebenheiten anpassen. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, KI als unterstützendes Werkzeug zu erlauben, jedoch von den Schülern zu verlangen, ihre eigene Argumentation kritisch darzulegen und die Quellen der KI-Informationen genau zu bewerten.
Ein weiteres Gegenargument ist, dass das Problem des Abschreibens nicht neu ist. Schon vor der KI konnten Schüler Plagiate aus dem Internet übernehmen oder sich anderweitig fremde Texte aneignen. Dennoch haben Schulen Methoden entwickelt, um Plagiate zu erkennen und Eigenleistung zu fördern. Ähnliche Maßnahmen könnten nun auch für den Umgang mit KI erarbeitet werden.
FazitDie komplette Abschaffung der Seminararbeit wäre eine überstürzte Maßnahme. Stattdessen sollte das Bildungssystem darauf reagieren, indem es neue Bewertungsmethoden entwickelt und die Schüler dazu anhält, KI kritisch und reflektiert zu nutzen. Die Seminararbeit bleibt eine wertvolle Lernform, die den Schülern essenzielle Kompetenzen vermittelt – es liegt an den Schulen, sie an die digitalen Herausforderungen unserer Zeit anzupassen. Ein ausgewogener Ansatz, der KI als Hilfsmittel integriert, aber dennoch Eigenleistung betont, könnte die beste Lösung sein.
In NRW ist die Facharbeit ein Auslaufmodell. Ersetzt wird sie durch einen verpflichtenden Projektkurs für alle, der viele kommunikative Kompetenzen zeigen soll. Das riecht nach viel Arbeit für die Lehrer und tendenziell geschenkten Noten für die Schüler, also ein erneuter Niveauverlust.
Zitat
“Jede Lehrkraft weiß, wie lernförderlich Feedback ist”
Echtes Feedback
Kommt drauf an, welches “feedback” man meint. Bedeutung 1 oder 2, laut Duden?
https://www.duden.de/rechtschreibung/Feedback
feedback laut Duden:
“1. zielgerichtete Steuerung eines technischen, biologischen oder sozialen Systems durch Rückmeldung der Ergebnisse, wobei die Eingangsgröße durch Änderung der Ausgangsgröße beeinflusst werden kann; Rückkoppelung
Gebrauch
Kybernetik”
(Zitat aus der Quelle) Hervorhebung von mir!
Das macht mir Angst!
Konrad Zuse hatte wohl recht:
“Wir brauchen keine Angst davor zu haben, dass der Computer wird wie der Mensch, sondern davor, dass der Mensch (programmierbar) wird wie der Computer.” (Zitat etwas abgeändert von mir).
Und selbst da kann man gerne geerdet bleiben:
Lernförderlich ist nur feedback, das auch ANGENOMMEN wird.
Aus der Realität (Lernen und der Lernprozess bleibt Arbeit, ist Arbeit, wird immer Arbeit sein) gibt es kein Entrinnen.
Die Besessenheit der aktuellen Didaktik damit, dies umgehen zu wollen ist mit dem Versuch vergleichbar, alchemistisch Steine in Gold zu “transmutieren”.
Feedback kann und sollte man geben.
Gerne sensibel, positiv, deutlich, harsch…je nach Person und Situation.
Aber ohne Annahme ändert es halt nix.
Bestimmte Prüfungsformate wie Facharbeiten machen einfach gar keinen Sinn mehr, weil man eben nicht mehr weiß, wer der Urheber eines Textes ist.
Bei uns umfasst eine Facharbeit i.d.R. eine Fragestellung und eine/mehrere Versuchsreihen, die vernünftig dokumentiert und ausgewertet werden. Das geht nicht nur in Physik, Chemie und Biologie, sondern bspw. auch in Erdkunde, in Geschichte (Richtung experimentelle Archäologie, Archivarbeit…), in Pädagogik usw. Auch wenn ich keine Sprachen unterrichte, wird auch dort wissenschaftspropädeutisches Arbeiten möglich sein!
Dabei lernen die SuS eine ganze Menge von Versuchsplanung und Methoden, über Forschung an sich (“nature of science”), Statistik, aber auch Darstellungsweisen und Präsentation von Ergebnissen.
Wenn Herr Haverkamp also behauptet, ein Sprachmodell könne einfach so eine vernünftigen Facharbeiten schreiben, dann hat er bisher wohl eher “Laber-Aufgaben” als vernünftige Facharbeitsthemen rausgegeben…
Es ist im Prinzip in allen Fächern einsetzbar. Wir haben viele Lehrkräfte, die das sehr intensiv in den Sprachen einsetzen, also im Fach Deutsch und auch in den Fremdsprachen. Aber es gibt auch Lehrkräfte aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, die es ebenfalls regelmäßig einsetzen. Grundsätzlich funktioniert es überall dort, wo Sprache und textbasierte Aufgaben eine Rolle spielen.
In den unterschiedlichen Fächern gehen wir ganz unterschiedlich mit Sprache um:
In den Naturwissenschaften fällt es SuS oft schwer, einfache und kurze Sätze zu schreiben, präzise Begriffe zu nutzten. Aus anderen Fächern haben sie oft die Vorstellung, lange, verschachtelte Sätze, kompliziert-klingende Ausdrücke und die möglichst viele Synonyme nutzen zu müssen, damit einen Text “schlau” oder “wissenschaftlich” klingt.
Es ist in einer (Fremd-)Sprache sicher sinnvoll, zu zeigen, dass man über ein ganzes Repertoire an Vokabeln, grammatikalischen Konstruktionen usw. verfügt. In den Naturwissenschaften, wo es um Präzision und Eindeutigkeit geht, will man genau das nicht!
Insofern fände ich es spannend, wie die Sprachmodelle trainiert wurden.
Grundsätzlich habe ich als Lehrkraft die Möglichkeit, mir das KI-Feedback jederzeit und zu jedem Schüler anzeigen zu lassen. Wir wissen natürlich um die Möglichkeit, dass KI halluzinieren kann. Deswegen ist es bei „FelloFish“ so wichtig, dass die Lehrkraft die Aufgaben selbst anlegt.
Es ist sinnvoll, wenn man als Lehrkraft die KI-Feedbacks sehen und überprüfen kann. Aber ist das dann wirklich eine Entlastung der Lehrkraft?
Bisher haben wir vielleicht 2-3 Ausarbeitungen im Unterricht exemplarisch besprochen, alle SuS konnten daraus etwas mitnehmen. Wenn man das öfter macht, ist jeder mal dran.
Jetzt habe ich 30 Ausarbeitungen mit einem automatischen Feedback, das ich kontrollieren müsste. Oder wer ist dafür verantwortlich, wenn in meinem Unterricht ein “falsches” Feedback gegeben wird?
Insgesamt finde die Idee gut, allen Schülern automatisch ein individuelles Feedback geben zu können. Gleichzeitig bezweifle ich, dass das problemlos für alle Fächer gleich gut funktioniert.
Ebenso glaube ich nicht, dass es für uns Lehrkräfte wirklich eine Entlastung ist, wenn wir von allen SuS zu jeder Zeit alle Ausarbeitungen sehen – und dazu ein automatisch-generierte Feedback, das wir eigentlich überprüfen müssten.
Warum gehen die Lehrer während einer Klausur nicht einfach – wie bei mir früher üblich – durch die Bankreihen und schauen den Schülern mal über die Schulter, was dieser so zu Papier bringt und welche Hilfsmittel er verwendet. So wurden früher profane Spickzettel entdeckt – heutzutage wäre es sicher das ein oder andere Handy bzw. Zweithandy.
Auch bei mündlichen Fragestellungen, die vom ein oder anderen Schüler mit Hilfe von KI schnell gelöst werden konnten (was ja jedem Lehrer eigentlich aufgefallen sollte) könnte durch ein paar tiefgründigere Nachfragen seitens des Lehrers der Schwindel schnell aufgedeckt werden.
Das alles setzt aber Engagement seitens der Lehrerschaft, Rückhalt seitens der Schulleitung und – mithin das Schwierigste – den Willen seinen Schülern tatsächlich echtes Wissen zu vermitteln voraus. Und genau das ist das Problem!
Ja und, wozu. Sie müssen den Betrugsversuch justiziabel nachweisen können, ansonsten passiert überhaupt nix – außer jede Menge Ärger für die aufsichtsführende Lehrkraft.
Dass die betrüger sich unfair gegenüber ihren Mitschüler*innen verhalten betrifft doch die Lehrkraft nicht, vor allem bei längeren Klausuren, wo die Aufsicht dann manches mal eine Lehrkraft ist, die keine Fachlehrkraft der Klausurschreibenden ist. Also augen zu und durch. Die Stunde, die man da als aufsicht absitzt, ist bezahlte Freizeit. Wozu sich also unnötigen Stress aufhalsen?