SCHWERIN. Wenn Schüler in der Pause mit Pornos auf dem Handy prahlen, stehen Lehrkräfte vor einem Dilemma: Eingreifen – aber wie? In einer Expertenanhörung im Landtag wurde deutlich, wie groß die rechtlichen Unsicherheiten im Schulalltag sind. Der Ruf nach klaren Regeln wird lauter.
Wenn ein Schüler mit Pornos auf dem Handy in der Pause prahlt – was soll ein Lehrer tun, der das mitbekommt? Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, wie bei einer Expertenanhörung im Bildungsausschuss des Landtags in Schwerin deutlich wurde.
Lehrkräfte bewegten sich in einer Grauzone, wenn sie solch einem Verdacht nachgingen und Einblick in das private Smartphone eines Schülers nehmen wollten, hieß es von mehreren der geladenen Experten. Deshalb forderte die Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung Mecklenburg-Vorpommern, Heike Walter, eine bessere rechtliche Absicherung durch das Land. Lehrer*innen müssten angemessen reagieren können, ohne die Persönlichkeitsrechte der Schüler zu gefährden, so Walter. Auch die Potsdamer Professorin für digitale Bildung, Katharina Scheiter, sagte, rechtliche Vorgaben für die Durchsetzung von Regelungen auch gegenüber den Eltern würden Lehrkräften helfen.
Ein anderer Experte, Professor Rainer Riedel, Arzt für Nervenheilkunde und Psychotherapie, verwies auf die Straßenverkehrsordnung. Die Nutzung eines Handys beim Lenken eines Fahrzeugs sei strikt untersagt und Zuwiderhandlungen würden mit einem Bußgeld und einem Punkt in Flensburg geahndet. Wenn man solche klaren Richtlinien für Schüler*innen schaffe, hätten auch die Lehrkräfte einen entsprechenden Handlungsrahmen.
Wegschließen oder zulassen – das wollen Schulen selbst klären
Bei Entscheidungen, ob und in welchem Umfang private digitale Geräte wie Smartphones oder Smartwatches in der Schule genutzt werden dürfen, wünschen sich die Einrichtungen weiterhin viel Autonomie und keine bindenden Vorgaben durch das Bildungsministerium, wie in der Anhörung ebenfalls deutlich wurde. Viele Schulen haben den Experten zufolge bereits in der Schulkonferenz gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Regeln festgelegt.
In zahlreichen Grundschulen muss das Handy etwa den ganzen Schultag über ausgeschaltet bleiben, mancherorts morgens abgegeben werden. Je älter die Schüler*innen sind, desto mehr Freiheiten werden gewährt. Die Schulleiterin der Grundschule Sandberg, Neustrelitz, Betty Hirschfeld, sprach sich für ein Verbot privater Smartphones in der Schule bis zur Berufsreife aus, also bis Klasse neun. Der Arzt Rainer Riedel plädierte für «Handy-Schutzzonen». Diese seien nötig, da Kinder infolge starker Nutzung digitaler Medien heute schlechter sehen würden, dicker seien und auch motorisch ungeschickter als früher.
Katz-und-Maus-Spiel mit den Lehrkräften
Aus Sicht des Vorsitzenden des Landesschülerrates, Felix Wizowsky, wäre es der falsche Weg, Smartphones pauschal aus der Schule zu verbannen. Wenn sich alle einig seien, das Smartphone vor dem Unterricht abzugeben, dann sei das okay. Aber: «Verbote funktionieren vorne und hinten nicht, das führt nur zu einem Katz- und-Maus-Spiel zwischen Schülern und Lehrern», sagte er. Neben Risiken böten Smartphones auch große Chancen.
Der Umgang mit dem Handy als Arbeitsgerät müsste seiner Ansicht nach in der Schule vermittelt werden ebenso wie die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren. Bis Klasse sechs sollte aber auch nach Meinung des Vorsitzenden des Landesschülerrats das Handy in der Schule möglichst wenig Raum einnehmen. Digitale Endgeräte könnten jedoch durchaus kreativ in den Unterricht einbezogen werden. Wizowsky: «Man könnte ja mal ein Deutsch-Diktat auf der Tastatur schreiben.» News4teachers / mit Material der dpa
