MÜNCHEN. „Das haben wir schon immer so gemacht“ – dieser Satz prägt viele Schulen. Doch genau diese Haltung sei Teil des Problems, sagt der Psychologe und ehemalige Lehrer Dr. Benedikt Wisniewski. In seinem Buch „Weniger macht Schule“, in dem er sich mit dem Thema De-Implementierung beschäftigt, zeigt er auf, wie durch das bewusste Streichen unwirksamer Praktiken mehr Raum für das wirklich Wichtige entsteht. Ein Interview über den Mut, weniger zu machen.

News4teachers: Sie haben ein Buch mit dem Titel „Weniger macht Schule“ veröffentlicht. Was steckt hinter diesem Titel?
Benedikt Wisniewski: Der Titel spielt auf ein „Weniger“ im Sinne von De-Implementierung an. Das ist erstmal ein sperriges Wort, ich weiß. Aber im Kern bedeutet De-Implementierung: bewusst Dinge wegzulassen oder zu reduzieren – und zwar solche Praktiken, die sich als ineffektiv oder sogar schädlich erwiesen haben. Es ist also ein Gegenentwurf zu der weit verbreiteten „Mehr-ist-besser“-Logik, die unser Schulsystem schon seit Jahrzehnten prägt. Die Grundidee ist: Schule wird nicht automatisch besser, wenn man immer noch mehr Maßnahmen, Konzepte oder Vorgaben hinzufügt. Stattdessen plädieren meine Co-Autorin Barbara Gottschling und ich in unserem Buch dafür, durch Reduktion wieder Freiräume für wirklich wirksame, wichtige pädagogische Arbeit zu schaffen. Etwas, was nicht zuletzt auch der Gesundheit der Lehrkräfte zugute käme. Ein zentraler Punkt, gerade in Zeiten des Lehrermangels.
News4teachers: Sie sagen also, wer Schule verbessern will, muss den Mut haben, loszulassen?
Wisniewski: Ja. Wir plädieren bewusst für ein Umdenken. Man könnte dieses Denken in einem kurzen Satz zusammenfassen: Besser weniger – aber weniger besser.
News4teachers: Der Begriff der De-Implementierung war für mich neu. Es ist kein Schlagwort, das die bildungspolitischen Debatten derzeit bestimmt. Ist es ein Begriff, den Sie entwickelt haben?
Wisniewski: In der Medizin gibt es den Begriff schon seit über zehn Jahren, aber im Bildungsbereich ist er tatsächlich recht neu. Eingeführt wurde er dort vor ein paar Jahren von Peter DeWitt und John Hattie. Noch ist er aber an manchen Stellen unbekannt, auch wenn das Thema gerade ziemlich an Fahrt aufnimmt.
News4teachers: Wie erkennt man denn, was man de-implementieren, also weglassen kann? Gibt es Beispiele oder Schritte, an denen sich Schulen orientieren können?
Wisniewski: Es gibt eine Ressource im Bildungsbereich, die eigentlich unerschöpflich ist und ständig wächst – im Gegensatz zur Ressourcenknappheit in allen anderen Bereichen: Und zwar das Wissen darüber, wie und warum bestimmte Praktiken wirken. Wir haben heute, im Jahr 2025, eine enorme Menge an wissenschaftlicher Evidenz zur Wirksamkeit verschiedenster Praktiken. Trotzdem wird im System Schule vieles gemacht, weil man es „immer schon so gemacht hat“ – nicht, weil es gute Gründe dafür gibt. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele, auch aus unserem Buch: Sprachenlehrkräfte korrigieren jedes Jahr mit einem Auwand von vielen Millionen Arbeitsstunden Übungsaufsätze, obwohl die Forschung zeigt, dass Schülerinnen und Schüler diese Korrekturen nicht als lernwirksames Feedback nutzen. Im Gegenteil: Korrekturen verhindern sogar Lernerfolge eher als sie zu befördern. Oder ein zweites Beispiel: Die Vorbereitung des Unterrichts. Jede Unterrichtsstunde wird nach wie vor durch jede Lehrkraft einzeln und neu vorbereitet – obwohl sich empirisch keinerlei Vorteile dieses Vorgehens zeigen lassen. Und so weiter und so weiter. Es gibt unzählige Beispiele.
News4teachers: „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist also ein Argument, das gerne genutzt wird. Gleichzeitig sehen sich Schulen ja mit immer neuen Aufgaben und Veränderungen konfrontiert.
Wisniewski: Ja, es gibt diese zwei Gegenpole: Auf der einen Seite „Das war schon immer so“ und auf der anderen Seite diese unsägliche „Schule neu denken“-Rhetorik. Beide Positionen bringen uns nicht weiter. Die eine beruft sich auf Tradition, die andere auf vermeintlich visionäre Schlagworte. Aber beide verhindern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage: Was ist wirklich sinnvoll? Wofür gibt es gute Evidenz
News4teachers: Welchen Rat geben Sie also Schulen?
Wisniewski: Es gibt wie gesagt diesen riesigen Schatz an Forschung, auf den Schulpraktiker zurückgreifen können und der auch immer zugänglicher wird. Das ist die eine Möglichkeit. Gleichzeitig kann auch jede Schule selbst systematisch eigene Maßnahmen evaluieren. Das gibt es leider noch viel zu selten, aber es findet durchaus statt. Ich bin gerade mit einem Schulleiter im Gespräch, der systematisch evaluiert, ob sich der Tag der offenen Tür an seiner Schule wirklich lohnt. Er erhebt Daten: Wie viele Besucher melden ihre Kinder auf Grund der Veranstaltung später tatsächlich an? Wie empfinden die Gäste die Veranstaltung? Und was sagt das Kollegium zum Aufwand-Nutzen-Verhältnis? Auf dieser Basis kann er dann eine fundierte Entscheidung treffen – jenseits vom eigenen Bauchgefühl.
“Diese tief verwurzelten Vorstellungen und Strukturen geben natürlich Stabilität, aber sie führen gleichzeitig zu einer Reformträgheit.”
News4teachers: Sie würden also sagen, es ist sinnvoll, dass jede Schule ihren eigenen „Ballast“ identifiziert und nicht nur darauf schaut, welche Themen insgesamt für überflüssige Mehrarbeit im Schulsystem sorgen?
Wisniewski: Ich denke, beides ist wichtig. Es gibt natürlich Themen wie die Korrekturpraxis, die überall relevant sind und worüber jede Schule sich Gedanken machen kann. Aber daneben gibt es auch sehr spezifische Routinen, die nur in bestimmten Schulen oder Schulformen vorkommen. Ich denke, es lohnt sich, beides im Blick zu haben.
News4teachers: Wie viel Spielraum haben Schulen eigentlich dabei? Können sie einfach Dinge weglassen – oder sind ihnen da nicht schnell die Hände gebunden?
Wisniewski: Es gibt viele Dinge, die formal vorgeschrieben oder auch institutionell verankert sind. Aber wir zeigen in unserem Buch, dass auf der Mikro- und Meso-Ebene, also bei einzelnen Lehrkräften und auf der Ebene der Schulleitung, schon erhebliche Gestaltungsspielräume bestehen. Ich habe darüber in meinem Podcast auch mal mit John Hattie gesprochen. Er meinte, dass 90 Prozent der Tätigkeiten von Schulleiterinnen und Schulleitern sowie von Lehrkräften selbst auferlegt sind. Der Wert erscheint mir zwar sehr hoch, aber es stimmt definitiv, dass man sehr viel selbst in der Hand hat und auch verändern könnte. Unser Schulsystem ist ein System, das der einzelnen Lehrkraft ein hohes Maß an Autonomie zugesteht. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass sich die meisten Beschränkungen von Freiräumen in Bezug auf De-Implementierung nicht durch äußere Vorgaben und Vorschriften, sondern vielmehr aus inneren Widerständen und eingefahrenen Denkmustern ergeben.
News4teachers: Das müssen Sie erklären. Woran liegt es also, dass trotz vorhandener Freiräume das Weglassen und Verändern so schwierig ist?
Wisniewski: Diese Frage erfordert eine sehr komplexe Antwort. Ein hilfreiches Konzept zur Erklärung ist das der „Grammar of Schooling“ von Tyack und Tobin. Die „Grammar of Schooling“ beschreibt fest etablierte Routinen und Denkweisen, die im Prinzip wie eine Grammatik funktionieren und selten hinterfragt werden. Es sind einfach Regeln, an die man sich hält und Vorstellungen davon, wie Schule zu sein hat. Diese tief verwurzelten Vorstellungen und Strukturen geben natürlich Stabilität, aber sie führen gleichzeitig zu einer Reformträgheit.
Darüber hinaus gibt es aus psychologischer Sicht ganz verschiedene Mechanismen, die gerade Veränderungen etablierter Tätigkeiten sehr, sehr schwer machen. Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Es gibt die „Sunk-Cost-Fallacy“. Das ist eine Tendenz, an offensichtlich nicht zielführenden Praktiken festzuhalten, einfach nur deswegen, weil bereits viel Zeit, Energie oder Ressourcen investiert wurden. Ein anderes Beispiel ist der „Status-quo-Bias“, also die Neigung, den bestehenden Zustand gegenüber möglichen Veränderungen immer zu bevorzugen, weil er vertraut ist. Wer etwas abschafft, verlässt immer bekannte Pfade und das Verlassen bekannter Pfade geht mit Unsicherheiten und Angst einher. Es kann außerdem negative Emotionen auslösen, etwa Scham oder Schuldgefühle. Man fragt sich: Was denken die Kollegen?
News4teachers: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Wisniewski: Wenn ich mich beispielsweise dazu entscheide, meine Korrekturen zu reduzieren, hätten die meisten wahrscheinlich Angst vor negativen Kommentaren von Kolleginnen und Kollegen. Es entsteht die Sorge, dass man selbst weniger engagiert wirkt. Solche emotionalen Prozesse lassen sich kaum abstellen. Außerdem kommt noch etwas sehr schulspezifisches hinzu, das wiederum Veränderungen verhindert: die Verantwortungsdiffusion. Das heißt, dass im Schulsystem oft gar nicht klar ist, wer die Verantwortung trägt. Lehrkräfte wissen schlicht nicht, ob sie überhaupt die Befugnis haben, einfach etwas wegzulassen. Gleichzeitig erlegen sie sich selbst Zwänge auf, die formal gar nicht existieren. In der Summe bedeutet das: De-Implementierung kann schnell scheitern. Nicht unbedingt, weil der Wille fehlt, sondern weil die Hürden so vielfältig sind. Und über allem schwebt diese tief verankerte Vorstellung: Mehr ist besser.
News4teachers: Vieles davon ist aber doch nicht nur ein Problem von Lehrkräften. Wenn ich darüber nachdenke, gibt es das in meinem Beruf auch die Angst, etwas wegzulassen und im Zweifel dadurch weniger engagiert zu wirken.
Wisniewski: Ja, aber der Lehrerberuf ist in dieser Hinsicht trotzdem speziell. Einfach aus dem Grund, dass es im Lehrerinnen- und Lehrerberuf keine objektiv feststellbaren Qualitätsmerkmale der Arbeit gibt. Wenn ich das mit der Arbeit eines Chirurgen vergleiche, der weiß, wie viele seiner Operationen geglückt sind. Eine Rechtsanwältin weiß, wie viele Prozesse sie gewonnen oder verloren hat. Bei Lehrkräften ist so etwas wie Arbeitsleistung oder Arbeitserfolg sehr schwer festzustellen. Eigentlich fast unmöglich. Und deswegen hat sich Quantität sozusagen als ein Ersatzkritierium für Qualität etabliert, nach dem Motto: „Only a busy teacher is a good teacher.“
News4teachers: Also gilt der Aufwand quasi als Qualitätsmerkmal?
Wisniewski: Ganz genau.
News4teachers: Richtet sich Ihr Buch vor allem an Lehrkräfte? Oder wen hatten Sie im Kopf, als Sie es geschrieben hatten?
Wisniewski: Das Buch richtet sich grundsätzlich an alle Menschen im Schulsystem – denn Veränderungen betreffen immer mehrere Ebenen. Das gilt auch für die De-Implementierung. Wir haben in erster Linie aus unserer Erfahrung aus Supervision und Coaching heraus an Lehrerinnen und Lehrer gedacht. Und zwar an diejenigen, die nicht lernen wollen, besser mit Stress umzugehen, indem sie etwa Yoga-Kurse oder Achtsamkeitstrainings absolvieren, sondern die, die schlicht weniger Stress haben möchten.
News4teachers: Wenn ich jetzt Lehrerin wäre und denken würde: De-Implementierung ist ein Thema, das mich anspricht. Wie und wo fange ich an?
Wisniewski: Ich würde empfehlen, zunächst die eigene Arbeitszeit zu analysieren, für vier Wochen zum Beispiel genau zu erfassen: Was mache ich wann, wie lange? Denn da spielt oft eine gefühlte Wahrheit mit. Lehrkräfte und Arbeitszeit – das ist wirklich ein spezielles Thema. Und erst, wenn ich einen realistischen Überblick habe, würde ich im nächsten Schritt hinterfragen: Was von dem, was viel Zeit frisst, ist eigentlich sinnvoll? Da kann man dann gerne auf Forschungsergebnisse zurückgreifen – aber es gibt auch andere Datenquellen, die helfen können.
News4teachers: Gehen wir noch mal zu dem Beispiel Korrekturaufwand. Wenn ich jetzt als Einzelperson feststelle, das frisst total viel Zeit, könnte ich an diesem Punkt überhaupt etwas verändern? Oder müsste das ein gemeinsamer Prozess im Kollegium sein?
Wisniewski: Bei dem spezifischen Thema der Korrekturen ist es tatsächlich sehr schwer, allein etwas zu verändern. Da ist es sicherlich sinnvoll, solche Themen im Kollegium oder in bestimmten Gremien abzustimmen. Denn wenn ich alleine losgehe und sage „Ich reduziere das jetzt, weil es keinen Sinn ergibt“, stößt man schnell an institutionelle Grenzen. Oder wie ich es vorhin beschrieben habe, empfindet man dann Scham oder Schuld, weil man es anders macht als der Rest.
News4teachers: Also lieber gemeinsam starten – oder zumindest mit kleinen Schritten beginnen?
Wisniewski: Absolut. Sich zusammenzutun ist immer eine gute Idee. Zusammenarbeit schafft mehr Spielräume, um Sinnloses zu reduzieren.
News4teachers: Gab es denn Rückmeldungen zum Buch aus der Praxis, haben Sie Feedback bekommen?
Wisniewski: Ja, sehr viel – mehr, als wir erwartet hätten. Auch der Verlag war überrascht. Viele Leserinnen und Leser sagten: „Endlich beschreibt mal jemand systematisch, was wir schon lange fühlen.“ Das war ein häufiges Feedback. Aber sobald es um konkrete Praktiken geht – wie Korrekturen, Differenzierung oder auch die Dekoration von Klassenzimmern – kommt oft ein deutliches „Ja, aber…“. Viele stimmen uns im Prinzip zu: Weniger ist mehr. Aber sobald es an Dinge geht, die das eigene Selbstverständnis als Lehrkraft berühren, wird es emotional. Das ist auch gut so. Deshalb haben wir dem Thema Widerstand ein ganzes Kapitel gewidmet. Denn nur durch Kritik entsteht echte Reflexion. Manche werfen uns vor, wir würden die Wirksamkeit von Maßnahmen verabsolutieren und nicht messbare Ziele von Schule ignorieren. Das ist aber aus meiner Sicht ein Missverständnis – denn das Ziel ist ja gerade, mehr Raum für das Wesentliche zu schaffen. Ganz gleich, ob es messbar ist oder nicht.
News4teachers: Sie haben gerade die Dekoration von Klassenzimmern angesprochen – können Sie das kurz erläutern?
Wisniewski: Studien zeigen ziemlich deutlich, dass zu viel Dekoration, vor allem mit viel Information – Wortlisten, Regelplakate, Poster – die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler beeinträchtigt. Besonders bei Kindern mit ohnehin eingeschränkter Aufmerksamkeit, aber auch bei anderen. Wenn man Kinder fragt, was eigentlich alles im Klassenzimmer hängt, können sie das oft gar nicht sagen, es bleibt schlicht nicht präsent. Und es bringt nachweislich keinen Lerngewinn. Das Gegenargument lautet oft: Aber Schüler sollen sich doch wohlfühlen! Und natürlich, ein Klassenzimmer soll nicht steril oder unfreundlich sein. Aber Räume können auch mit minimalistischer Gestaltung ansprechend sein. Wir wissen übrigens gar nicht genau, was Kinder wirklich als angenehm empfinden, vieles sind Alltagstheorien von Erwachsenen. Was uns wichtig ist: Es geht nicht darum, etwas zu verbieten, sondern um den riesigen Zeitaufwand, den Lehrkräfte – oft Grundschullehrkräfte – in etwas investieren, das keine nachweislich positiven Effekte hat oder – wie in diesem Fall – sogar schadet. Und ja – wenn Sie das veröffentlichen, wird es in den Kommentaren wahrscheinlich wieder emotional.
News4teachers: Spannend, welche Themen emotional aufgeladen sind.
Wisniewski: Es sind vor allem solche, die mit dem Selbstkonzept zu tun haben.
News4teachers: Sie haben ja auch einen eigenen Podcast mit dem Titel „Psychologie fürs Klassenzimmer“. Der läuft jetzt seit 2022. Wie sind Sie auf die Idee gekommen und warum waren Sie überzeugt, dass dies ein Thema ist, das Lehrerinnen und Lehrer interessiert?
Wisniewski: Um ehrlich zu sein: Ich war gar nicht so überzeugt, dass das viele interessieren würde. Mich hat einfach genervt, dass der Bildungsdiskurs so oft von doktrinären Stimmen und Buzzword-Produzenten dominiert wird. Ich wollte diesen Stimmen auch aus einer gewissen Genervtheit heraus etwas entgegensetzen – Forschungsergebnisse statt Schlagworte. Mich hat interessiert: Was ist wirklich belegt? Und was ist nur Gerede? Das war die Motivation. Die Psychologie liefert so viele relevante Erkenntnisse – und trotzdem kommt in der Schulpraxis wenig davon an. Ich habe oft gedacht: Schade, dass ich das nicht wusste, als ich selbst noch Lehrer war.
News4teachers: Was zum Beispiel?
Wisniewski: Zum Beispiel im Bereich Unterrichtsstörungen. Hätte ich damals mehr gewusst über gesicherte Erkenntnisse zur Prävention, wäre für mich als damaligem Berufsanfänger vieles einfacher gewesen. Und ich habe besonders Freude an Studien, die verbreitete pädagogische Annahmen hinterfragen und weit verbreitete Annahmen nicht stützen. Das kommt häufiger vor, als man denkt.
News4teachers: Und warum das Format Podcast?
Wisniewski: Es war einfach praktisch – unkompliziert, niedrigschwellig. Dass es irgendwann so viele Hörerinnen und Hörer werden würden, hat mich selbst überrascht.
News4teachers: Sie haben schon angedeutet, wonach Sie Themen auswählen. Aber haben Sie auch ein Gesamtkonzept oder schauen sich an, welche Themen besonders gut ankommen?
Wisniewski: Das Schöne ist, es ist nach wie vor ein Ein-Mann-Projekt, ich bin völlig frei und kann auch die Themen völlig frei wählen. Manchmal stoße ich zufällig auf Studien, manchmal suche ich gezielt. Oft kommen auch Themenvorschläge von Hörerinnen und Hörern. Wichtig sind für mich zwei Dinge: methodische Qualität und praktische Relevanz für den Schulalltag. Je relevanter, desto besser kommen die Folgen an. Besonders gefragt waren bisher die Episoden zu Unterrichtsqualität, Motivation, Unterrichtsstörungen und – passend zum heutigen Thema – De-Implementierung.
News4teachers: Haben Sie denn schon Ideen für neue Folgen? Wird es eine dritte Staffel geben?
Wisniewski: Ja, ich hoffe auf eine dritte Staffel im Herbst. Aber ich will noch nicht zu viel spoilern. Ich kann vielleicht so viel sagen, dass ich schon ein paar weit verbreitete pädagogische Mythem im Kopf habe, die ich mir genauer ansehen werde. Laura Millmann, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview
Im März 2025 ist sein Buch „Weniger macht Schule: Wie De-Implementierung schulische Freiräume schafft“ erschienen, das er zusammen mit seiner Co-Autorin Barbara Gottschling verfasst hat.
Mal doof gefragt: Wie soll Schule sich angesichts diverser zentral vorgegebener Prüfungen, (Kern-) Lehrpläne usw. überhaupt Freiräume haben? Außerdem klingen die Vorschläge aus dem Interview für mich als Lehrer nach viel mehr Arbeit als “Buch Seite Nummer”, was aufgrund des Lehrplans inhaltlich zwingend notwendig ist. Eine ganze Reihe der “modernen” Unterrichtsformen habe ich ausprobiert und für wenig erfolgreich erachtet, weil die Kurse ihre Freiheiten zu wenig sinnvoll nutzten und der Vorbereitungsaufwand für mich viel höher ist. Aber ich bin auch ein ewig gestriger leistungsorientierter Lehrer. Zu einem 447 werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr.
Beim Thema Arbeitszeit habe ich aber ein für mich trotz vieler Korrekturen ökonomisches System gefunden. Korrekturfreundliche Klassenarbeiten und Klausuren lassen sich in Freistunden wunderbar in der Schule korrigieren. Ich bin aber zugegebenermaßen auch ein Typ, der tätigkeitsloses Abhängen am Arbeitsplatz ganz furchtbar findet.
*trauriges piep-tröt*
*schwebt weg*
Mehr Freiheit tut so gut.
Ich will, dass es uns so gut geht wie bei meinem Schnucki und seinen lieben Kollegen.
Homeoffice, mehr digital und online und endlich mehr Geld.
Am Ende müssen wir von den hohen Deputaten runter!
Das hört sich gut an!
Sehr gutes Beispiel: die Klassenarbeiten. Sie bedeuten einen riesigen Aufwand, werden aber kaum genutzt. Ich habe es noch in keinem Unterricht erlebt, dass die Arbeiten sinnvoll nachgearbeitet wurden. Die Diagnostik resultierte nicht in individuellen Fördermaßnahmen, nur sehr wenige Kinder und schon gar nicht Eltern haben sich intensiv mit dem Ergebnis beschäftigt.
Dafür werden massenweise Erwartungshorizonte und Kompetenzbögen ausgefüllt, die niemand nutzt.
Ein Multiple Choice Test könnte zur Notenfindung genauso dienen und würde nur einen Bruchteil der Arbeit bedeuten.
Welcher Schüler hat denn nach eurer Erfahrung sich jemals nach einer Klassenarbeit durch die Klassenarbeit verbessert?
Multiple- Choice-Tests können nur ein begrenztes Spektrum an Fähigkeiten, ich spreche bewusst nicht von Kompetenzen, abprüfen.
Sie zu erstellen kostet außerdem sehr viel Zeit. Oder gibts dafür eine gute KI?
Klar geht das mit KI. Sogar absolut einfach. Die korrigiert die Dinger auch und ordnet sie Kompetenzen zu.
“Weniger wäre mehr.”Ich bin wieder für mehr ernsthafte fachliche Bildung und weniger Kompetenz-Trallala.
Bitte nicht immer mehr nötige Bildungsinhalte, Leistungsnormen sowie Anforderungen an die SuS zeitgeistkonform als stressigen konservativen Ballast deklarieren und zur vermeintlichen “Erleichterung” abwerfen!
Vom Elfenbeinturm, aus Wolkenkuckucksheim, von Bildungs- und Schülerräten werden fortlaufend weitere Befreiungsaktionen von unnötigem Ballast im Bereich Leistung und Anstrengung in unseren Schulen gefordert.
“Mich hat einfach genervt, dass der Bildungsdiskurs so oft von doktrinären Stimmen und Buzzword-Produzenten dominiert wird.”
Genau das nervt mich auch. Nur definiere ich manchen Begriff einfach anders. Zu viel Dekoration, Pillepalle, Stoffreduzierdidaktik, Ideologisierung, vor allem mit vielen Phrasen, Worthülsen und plakativen Forderungen beeinträchtigen meine Supervisionen im alltäglichen fachlichen Coaching meiner Schüler. Die “Operationen” (vgl. Chirurg) sind mir und vielen meiner KuK früher, als Sachwissen, Leistungsdenken und Arbeitsmoral im Relevanzkorridor der SuS noch vorn lagen und nicht sofort mit “Belastung” assoziiert wurden, auch besser gelungen.
“Gehen wir noch mal zu dem Beispiel Korrekturaufwand.”
Oh ja, dank IQB-Bildungsstandards jetzt auch im sächsischen MINT-Abitur waren Aufwand und Frustration bei den Korrigierenden nie größer und das notwendige fachliche Wissen und Können der Abiturienten (zum Bestehen des Abiturs) nie kleiner (flacher) als heute.
Schade, dass ich nicht ahnte, wohin die Bildungsreise in unserem Land gehen wird, als ich noch kein Fachlehrer war.
Generation X: Lehramt – viele wären im neuen Normal nicht mehr so blöd.
“Bitte nicht immer mehr nötige Bildungsinhalte, Leistungsnormen sowie Anforderungen an die SuS zeitgeistkonform als stressigen konservativen Ballast deklarieren und zur vermeintlichen “Erleichterung” abwerfen!”
Nichts davon wird im Interview vorgeschlagen.
“De-Implementierung: bewusst Dinge wegzulassen oder zu reduzieren – und zwar solche Praktiken, die sich als ineffektiv oder sogar schädlich erwiesen haben.”
Viele Praktiken und Konzepte (z.B. das schwammige Kompetenzen-Kompetenz-Vermittlungskonzept) , die uns aufgezwungen wurden und die Vermittlung ernsthafter fachlicher Bildung erschweren, wollten viele Fachlehrer nie implementieren und bis heute hindern uns fehlende Freiräume am Abwerfen dieses leistungsfeindlichen Ballastes.
Das waren meine Gedanken beim Lesen des Interviews.
„Das haben wir schon immer so gemacht“ Nein, das haben viele von uns nicht immer so gemacht, wie im neuen Normal bestellt wurde und wird. Mancher Fachlehrer hätte gern auf unnötigen didaktisch-ideologischen Ballast im blumig dekoriertem Ambiente (Kompetenzzirkus) zu Gunsten der Vermittlung von Wissen (Sachkenntnissen) und Trainung (Üben) von fachspezifischem Können verzichtet.
Hat bloß im Elfenbeinturm nicht interesssiert. Freiräume gab es diesbezüglich kaum. Über die Definition “unnötiger Ballast” im Bereich fachlicher Bildung und schulischer Erziehung gehen eben die Meinungen weit auseinander.
Das Kompetenz-Konzept ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Erfolgreiche Schulen verwenden keine kompetenz- sondern inhaltsorientierte Lehrpläne.
Man kann nur hoffen, dass irgendwann die Vernunft einkehrt, leider gibt es im deutschsprachigen Raum eine große philosophische Tradition des Konstruktivismus, der einen imensen Schaden im Bildungsbereich angerichtet hat.
Klingt gut, aber immer wenn irgendwelche Testergebnisse schlecht ausfallen, werden die Daumenschrauben angezogen und den Schulen werden wieder mehr Vorschriften gemacht. Genau so läuft es aktuell in Berlin (Leseband, Vergleichsarbeiten, mehr Klassenarbeiten etc.). Also genau das Gegenteil passiert.
Sprachenlehrkräfte korrigieren jedes Jahr mit einem Auwand von vielen Millionen Arbeitsstunden Übungsaufsätze, obwohl die Forschung zeigt, dass Schülerinnen und Schüler diese Korrekturen nicht als lernwirksames Feedback nutzen.
Och, das gilt auch für meine Matheklausuren: Die mühsam und zeitaufwendig erstellten Randbemerkungen und Abschlusskommentare sind für’n Poppes.
Danke übrigens für das für mich neue Wort “De-Implementierung”! Ich fange gleich damit an!
Auch die Anmerkungen zur Klassenraumgestaltung sprechen mir aus der Seele. Bei mir gäbe es nix auf dem Fensterbrett außer Staub, noch irgendwas Gemaltes an der Wand.
Aber wir lassen Regelplakate anfertigen a la “Ich darf meine Mitschüler nicht so dolle schlagen”, und die Kolleginnen sorgen für Fotos der Kinder, bunte Plakate zu allem Möglichen, zur Weihnachtszeit bahnt man sich den Weg durch Tannenbäume, Geschenkattrappen und Kränze… Jeder Jeck is anders.
Erschütternd! Viele Lehrkräfte bereiten jede einzelne Unterrichtsstunde vor und das immer wieder! Obwohl es gar keinen Vorteil hat! Das war mir neu, das hätte ich nicht gedacht, das probiere ich gleich aus. Spätestens nach dem Ref hieß es doch Türschwellenpädagogik und Frontaluntrricht.
Und auch neu: „Verantwortungsdiffusion“ – herrlich. Endlich ein griffiger Begriff, mit dem man das „ich war es nicht“ umschreiben kann.
PS: Was ist ein Hoast?
Sorry, der Lehrer in mir musste zuschlagen.
Ich finde, an der Aussage des Artikels ist wirklich was dran:
Bei uns als Gesamtschule gibt es zwar eine digitale Sammlung an älteren Materialien, die jeder für seinen Unterricht nutzen kann, dennoch probiert man immer mal wieder etwas Neues aus. Aber da funktioniert bei uns nicht gut, diese neuen Materialien auch wirklich auszutauschen.
Mal braucht man neues Material für einen Kurs mit massiven Probleme in der Fachsprache, mal ist ein Schüler mit Förderbedarf dabei und mal hat man ein Kind, das kein Deutsch kann. Oder man hat einfach Lust, z.B. ein neues Phänomen oder einen neuen Kontext im Unterricht auszuprobieren.
Mit einem reinen Hochladen von Material ist es meist nicht getan. Es wäre sinnvoll, wenn sich bspw. nach jeder Einheit die Fachlehrkräfte aus einem Jahrgang zusammensetzen würden, über gute Stunden der EInheit sprechen und Material austauschen würden. Aber dafür braucht man auch die entsprechende Zeit und den passenden Rahmen.
Taschenrechner-Time mit 447:
“die Fachlehrkräfte eines Jahrgangs” – im Beispiel wären das dann 5.
“sich nach jeder Einheit” – also grob alle zwei Wochen
“zusammensetzen” – also ein Treffen im Realraum, wenn denn ein realer Raum frei ist, Anmarsch & Abmarsch sagen wir 5 Minuten, wenn gehetzt gegangen wird.
“über gute Stunden sprechen” – nehmen wir an es sind Blitzkommunikationslehrer und der individuelle Vortrag läuft in 2 Minuten ab
“austauschen” – unter 5 Minuten pro Person unmöglich
Macht also:
– Wegzeit hin plus zurück zum nächsten sinnvollen Vertretungseinsatz: 10 Minuten
– selber blitzvortragen und vier mal zuhören: 10 Minuten
– 25 Minuten Austausch
–> das lässt dann noch 10 Minuten für eventuelle Demonstrationen, Beamerkram, Raum aufräumen usw.
Das alle zwei Wochen macht dann zwei reguläre Stunden pro Monat extra – und selbst das nur unter absolut unrealistischen Maximalannahmen, dass alles super und sofort funktioniert, keiner pädagogisch schwallert usw.
Aber halt, in wie vielen Fachkreisen/Jahrgängen ist so eine Lehrperson denn…?
Lange Rede, kurzer Sinn:
So einen Unfug mache ich, wenn dafür mindestens ein OS-GK gestrichen wird.
Mit “Einheiten” meine ich bei uns Naturwissenschaftlern tatsächlich Unterrichtseinheiten, die je nach Thema und Jahrgang 6-10 Wochen laufen. Die Treffen wären dann deutlich weniger, aber würden deutlich mehr Zeit kosten.
Ganz selten haben wir dafür Fachtage, wenn bspw. mal wieder das KC geändert wird, ein neues Buch eingeführt wird und wir unsere Einheiten umwerfen müssen. Da sitzt man vor einer Einheit zusammen, antizipiert und plant, wie die Einheit sinnvoll sein könnte.
Eigentlich müsste man aber nicht (nur) das machen, sondern am Ende reflektieren, was gut gelaufen ist, wer was abgewandelt hat, wo Schwierigkeiten waren, welche Hilfen die SuS brauchten usw. Nur so kann man Einheiten ja für die nächsten Jahre nachhaltig verbessern. Aber dafür gibt es keine Zeit und keinen Rahmen.
Genauso ist es bei uns mit Projektwochen in den jeweiligen Jahrgängen. Alle sind schwer beschäftigt – und froh, wenn die Woche geschafft ist. Aber eine Reflexion am Ende fehlt, ebenso wird selten Material so hinterlegt, dass es nachhaltig genutzt werden kann.
Das ist absolut nicht die Schuld der einzelnen Lehrkräfte, sondern es müssten auf schulischer Ebene Möglichkeiten zum Austausch geschaffen werden.
Unter der Bedingung des pädagogischen Passivs (“müsste … geschaffen werden”) – sehr gerne, warum nicht.
Mir fallen eine ganze Menge Stunden ein, die z.B. an einer Schule in allen Klassen gleich gehalten werden könnten. Trotzdem arbeiten an vielen Schulen die KuK jeder für sich?
Das leuchtet mir nicht ein. Warum muss jede Schule eigene schulinterne Lehrpläne entwerfen? Klar, wenn diese hilfreich sind – ein Gymnasium inmitten eines Waldgebietes (das gibt es tatsächlich) wird vermutlich andere Ökosysteme behandeln als ein Gymnasium an der Nordsee. Jedenfalls mit anderen Schwerpunkten. Und ich kann die eine oder die andere Lektüre lesen lassen.
Aber grundsätzlich: was die Schüler können müssen liegt doch fest.
Die verrückte Grundidee bei vielen deutschsprachigen Pädagogen ist doch, dass die Schüler ja sooo individuell sind und die Lehrkraft soooo individuell ist, dass viele lieber schlechten Unterricht machen, als Unterricht von der Kollegin zu übernehmen. Und das betrifft geschätzt mindestens 90% des Unterrichtes. (Damit ist nicht gemeint, dass 90% des Unterrichtes schlecht sind, sondern einfach nur Standardstunden).
Und in den paar Sternstunden, in denen ich mit der Klasse zusammen einen eigenen Lernweg finde, kann ich es ja dann anders machen.
Häräsie
Es ist in meinen Augen – und in der von vielen Bildungsforschern (Hattie und ich sind der Meinung 😉 ) – gar nicht so kompliziert.
Es gibt die direkte Instruktion, die für bestimmte Lernziele ausgezeichnet funktioniert. Und natürlich erfordern andere Lernziele auch weitere Methoden, z.B entdeckendes Lernen (in Maßen) usw. Das in Kombination mit anderen Elementen wie kooperatives Lernen. Aber es ist doch nicht beliebig/unendlich.
Ich habe schon sehr viele Unterrichte von anderen Menschen gesehen. Davon waren einfach ganz viele Stunden didaktisch nicht gut.
Wenn ich z.B. eine Stunde zum Thema “Hebelgesetze” halte, dann gibt es ein paar wenige unterschiedliche methodische Ansätze, die Stunde aufzubauen.
Habe ich eine Stunde schon mal gehalten? Dann halte ich sie noch mal, alleine aus Zeitgründen. Ob das jetzt so super passt oder nicht. Und vielleicht schaffe ich es, zwei oder drei Stunden pro Woche neu zu konzipieren. Da bin ich schon gut.
Dann überlege ich mir Elemente zur Sprachförderung. Dann brauche ich eine Binnendifferenzierung.
Wenn doch die Stunde fertig wäre, mit Sprachförderung und Binnendifferenzierung, wieviel Zeit habe ich dann gespart, und wie viel besser könnte die Stunde geplant sein?
Das ich mir das Material vorher anschaue – geschenkt. Und dann kann ich immer noch sagen, an dieser Stelle mache ich etwas anders. Aber warum soll ich das Rad denn jedesmal neu erfinden?
@Mika
Vielen Dank für Ihre Überlegungen. Ich bin heute morgen auf einen Bericht vom WDR über die Bitkom-Studie zur Nutzung von Erklärvideos bei YouTube usw. gestoßen.
“Ohne YouTube hätten wir nicht bestanden” – Videos besser als Lehrer? (16.06.2025)
Das spricht doch sehr dagegen, dass eine Individualisierung jeder einzelnen Unterrichtsstunde notwendig ist. Es spricht aber sehr dafür, dass die notwendige gute, einfache und direkte Erklärung in der Schule häufig fehlt. (Ja, und die Aufmerksamkeit in der Stunde ist nicht groß genug, man kann das Video immer wiederholen, man kann zu günstigen Zeiten lernen… und noch fünf Gründe, warum YouTube Videos sinnvoll sein können).
Und danke für den Hinweis mit den Experimentierwagen, dann kann ich die Turnhalle ja den Sportlehrern wieder zurückgeben. 😉
Ich sehe und halte es ähnlich wie Sie es auch weiter unten sagen:
Natürlich kann man einen Großteil der Stunden in verschiedenen Klassen immer wieder ähnlich halten und nur leicht an die Lerngruppe anpassen.
Wobei Sie es selber sagen: Sie nutzen das eigene, speziell von Ihnen zusammengestellte Material.
Sie schreiben unten auch, dass Sie den Unterricht von Fachkollegen zum Großteil nicht gut finden. Mir geht es oft ähnlich, besonders wenn ich nur das (irgendwo hochgeladene) Material sehe und gar nicht weiß, wie und warum das Material genau verwendet wird. Bei näherem Hinsehen bzw. im Gespräch mit den KuKs merke ich oft erst, dass eine ganze Menge mehr dahinter steckt.
Teilweise haben wir aber auch einen anderen Unterrichtsstil, so dass ein Material nicht einfach zu mir und meinem Unterricht passt.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Sie und Mika gar nicht so unterschiedliche Vorstellungen haben:
Man erfindet nicht jedes Jahr das Rad neu, aber passt seine Materialien durchaus immer wieder mal an, fügt Material zur Sprachförderung ein, differenziert weiter. Und manchmal kommt auch einfach die eine oder andere komplett neue Stunde hinzu. Das an sich macht aber auch schon genug Arbeit.
In den bisherigen Kommentaren wird nicht an einer einzigen Stelle über Aspekte aus dem Interview diskutiert. Stattdessen Meinungsketten zu irgendwas, was man selbst lose assoziiert, wenn man die Überschrift liest. Ich wäre eigentlich davon ausgegangen, dass auf dieser Seite vor allem Lehrerinnen und Lehrer kommentieren. Also Leute, die jungen Menschen Textverständnis und Argumentationslogik vermitteln sollen.
Das nennt man dann wohl “Selbstreferentialität”? 😉
Ok.
“Freiräume” gibt es nicht (in unserer gesamten Schulregion), da die offizielle Unterbesetzung von minus 10 bis minus 25 Prozent reicht. In echt also: Dauerhafter Notbetrieb.
Quatschgerede von “Freiräumen” (reale Bedeutung = Lehrer denken sich was aus und machen mehr/Extraarbeit) ist damit unter den real gegebenen Bedingungen staatlicher Regelschulen mit Abschlussprüfungen terminiert.
Ausser für Kultisten, das Durchführen unendlicher unentgeldlicher Mehrarbeit steht jedem frei.
Danke, tschö, next.
Und jetzt wollten Sie meinen Punkt einfach nochmal bestätigen?
Ich bin schon eine Ebene höher.
Sie merken es nur nicht, weil Sie vermutlich nicht genug Einblick haben.
Gedankenspiel für sie:
Alles, absolut ALLES, was an einer Schule (scheinbar passiv) “passiert” und NICHT reiner Pflicht-Unterricht nach Stundentafel oder gesetzlich vorgeschriebene Veranstaltung ist, wird von einem oder meist mehreren Lehrern i.d.R. unentgeltlich und auf deren “Kosten” (Zeit, Nerven, Privatgeld, privater Transport) durchgeführt.
Jeder Schulgarten, jede Betreuungs-/Lern-/Beratungs-/”sonstige Extrawurst”-Stunde. Jede “Kuschelecke”, praktisch jede “Schulbibliothek”, jede “AG”, jeder Austausch usw. usf.
Selbst die Sofas im “Oberstufenraum” haben mit hoher Wahrscheinlichkeit Lehrer da reingeschleppt, oft genug auch das Streichen der Wände durchgeführt.
Die Bedingung von sogenannten “Freiräumen” und sogenannter “Gestaltung” ist also Lehrerarbeitszeit.
Für SCHÜLER mag das dann “Gestaltung” und “Freiraum” sein.
Ist die Personaldecke zu dünn, geht das nur durch “auf Verschleiß fahren” der Lehrkräfte.
Rest: Siehe oben.
Sie denken, eine Ebene höher zu sein. In Wirklichkeit kommentieren Sie aber Ihre eigenen Assoziationen und nicht den Text. Was genau, von dem was Sie schreiben, widerspricht denn dem, was in dem Interview gesagt wird? Welche der Vorschläge zur De-Implementierung erfordern Lehrerarbeitszeit?