SANTIAGO DE CHILE. Unerwartet hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) während ihrer Reise durch Südamerika die protestierenden Studenten Chiles unterstützt. In der Hauptstadt Santiago de Chile betonte sie die Verantwortung der Politik für ein gutes Bildungssystem.
“Bildung ist ein öffentliches Gut. Das regelt nicht der Markt, sondern es ist unsere politische Verantwortung, dass junge Menschen gute Chancen bekommen”, sagte sie anlässlich der Unterzeichnung eines Abkommens, mit dem die wissenschaftliche Zusammenarbeit beider Länder verstärkt wird. Zuvor hatte sie Staatspräsident Sebastian Piñera getroffen. In Chile gibt es seit rund einem Jahr immer wieder Proteste von Schülern und Studenten gegen das profitorientierte Bildungssystem.
Wie die “Santiago-Times” online berichtet, sei die Stadt nur zwei Tage vor Schavans Ankunft mal wieder von teils gewalttätigen Bildungsprotesten erschüttert worden: Tausende Demonstranten, die Polizei sprach von 5 000, die Veranstalter von 70 000 Menschen, seien durch die Innenstadt marschiert, später seien Glasflaschen und Steine geflogen, die Polizei versprühte Tränengas. Mehr als hundert Menschen seien festgenommen worden, viele davon minderjährig. Anlass waren die aktuellen Haushaltsverhandlungen der Regierung.
Verhandlungen zwischen Studenten und Regierung sind festgefahren
Die Forderung der Studenten, Bildung kostenlos für alle zugänglich zu machen, lehnt Präsident Piñera bisher ab. Er kündigte mehr Stipendien und niedrigere Zinsen für Studentendarlehen an. Außerdem wolle die Regierung die Bildungsausgaben im Haushalt 2013 um knapp zehn Prozent auf umgerechnet rund zehn Milliarden Euro erhöhen. Das reicht den Studenten nicht.
Studieren ist in Chile extrem teuer. Mehr als die Hälfte der chilenischen Studenten gingen heute auf private Hochschulen, gerade noch 25 Prozent des Bildungssystems seien öffentlich finanziert, berichtet “Spiegel-Online”. Laut einer OECD-Studie gibt das Land 838 Dollar im Jahr pro Student aus, der OECD-Schnitt liege zehnmal so hoch. Studenten zahlten oft mehrere tausend Euro pro Jahr Studiengebühren, auch an staatlichen Universitäten. Im OECD-Vergleich gebe kein Land weniger für die Bildung aus als Chile, zugleich sei der Anteil privat finanzierter Bildungsangebote besonders hoch.
Seit den 90er Jahren ist das Bildungssystem in Chile für den freien Markt geöffnet. Schon unter der Militärherrschaft von Augusto Pinochet wurde die kostenlose Hochschulbildung in Chile abgeschafft und die Kosten für das Schulwesen auf Städte und Gemeinden umgelagert. nin
(3.10.2012)