Seehofers Regierung droht am Streit über Studiengebühren zu zerbrechen

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MÜNCHEN. CSU und FDP sind in auf Konfrontationskurs in Sachen Studiengebühren. Im Fall eines erfolgreichen Volksbegehrens gegen die Studiengebühren im kommenden Jahr wird es wohl zum Bruch der schwarz-gelben Koalition in Bayern kommen – wenige Monate vor der Landtagswahl im September.

«Wenn ich mir zu Grundfragen eine Meinung gebildet habe, stehe ich.»: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto:  Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
«Wenn ich mir zu Grundfragen eine Meinung gebildet habe, stehe ich.»: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Fronten zwischen den bayerischen Koalitionspartnern CSU und FDP verhärten sich weiter – der Streit um die Studiengebühren wird immer schärfer geführt. «Die Studiengebühren in Bayern werden abgeschafft – entweder durch den Landtag oder das Volk», sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer der «Bild am Sonntag» mit Blick auf das Volksbegehren im Januar.

«Wir können es uns inzwischen leisten, die Hochschulen auch ohne Studienbeiträge zu finanzieren», betonte Seehofer und ging damit erneut klar auf Distanz zur FDP. Seehofer schloss ein Nachgeben in dieser Frage, nur um die Koalition in Bayern zu retten, strikt aus: «Wenn ich mir zu Grundfragen eine Meinung gebildet habe, stehe ich.»

FDP: „CSU verfällt in Panik“

Die FDP dagegen bekräftigte bei ihrem Landesparteitag in Rosenheim, dass sie am Koalitionsvertrag festhalten und die Gebühren nicht abgeschafft wissen will. Die bayerische FDP-Chefin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger griff wie Landtagsfraktionschef Thomas Hacker die CSU scharf an – Hacker sprach von einem «fast panikartigen Richtungswechsel» der CSU.

Leutheuser-Schnarrenberger hielt der CSU vor, Hauptgrund für deren Kurswechsel sei die Furcht, sich unbeliebt zu machen: «Wer Angst vor dem Bürger hat, das sind die anderen.» Es sei eben nicht sozial gerecht, «wenn Krankenschwestern und Facharbeiter die Kosten von Kleinkinderbetreuung tragen müssen und mit ihren Steuern die Hochschulen mitfinanzieren». Sie wurde von den gut 400 Delegierten ohne Gegenkandidaten mit 88,6 Prozent als Spitzenkandidatin der bayerischen FDP für die Bundestagswahl 2013 nominiert.

„Wir können auch schon im März wählen“

Die will FDP ihre harte Haltung bis zum Ende durchfechten – und notfalls einen Bruch des Regierungsbündnisses in Kauf nehmen. Diese Kampfansage an die CSU erneuerte Fraktionschef Hacker – und schloss ein Einknicken seiner Partei aus.   «Wenn man eine Überzeugung hat, dann hat man die im November, im Dezember und auch im Januar», sagte er. Auf die Frage, ob die FDP diese Haltung auch bis zum Koalitionsbruch vertreten werde, sagte er: «Wir sind vorbereitet. Unsere Listen stehen weitgehend. Wir können auch im März wählen.»

Vize-Ministerpräsident Martin Zeil schob die Schuld für einen möglichen Bruch der Koalition wenige Monate vor dem geplanten Wahltermin im September schon einmal der CSU zu. Zeil stellte klar: «Die Koalition bricht doch nicht derjenige, der sich an die vereinbarten Regeln und Positionen hält.» Zugleich warnte er Seehofer und dessen CSU: «Die Menschen in Bayern hätten sicher kein Verständnis dafür, wenn eine so erfolgreiche Staatsregierung an einer eher zweitrangigen Frage wie den Studienbeiträgen auseinanderbrechen würde.» Für Spekulationen über Neuwahlen bestehe kein Anlass, fügte er hinzu.

Sollte jedoch das Volksbegehren gegen die Studiengebühren im Januar erfolgreich sein, dann dürfte dies nach jetzigem Stand das Ende der schwarz-gelben Koalition besiegeln. Denn Seehofer hat in dieser Woche angekündigt, die CSU werde dann im Landtag für ein Aus der Gebühren votieren – und den Koalitionspartner FDP notfalls überstimmen. Damit aber wäre nach den Worten Hackers die Koalition in Bayern am Ende. Denn ein erfolgreiches Volksbegehren wäre für die FDP noch kein Grund umzuschwenken: «Das Volksbegehren drückt ja noch nicht den Willen der Bürger aus», sagte Hacker.

Das Volksbegehren ist tatsächlich nur der erste Schritt für die Studiengebühren-Gegner. Damit das Volksbegehren erfolgreich ist, müssen sich rund 940 000 Wahlberechtigte in Unterschriftenlisten eintragen. Wenn diese Hürde genommen wird, kommt es zu einem Volksentscheid, bei dem dann alle Wahlberechtigten in Bayern zu den Urnen gerufen werden – falls der Landtag das Anliegen des Volksbegehrens nicht direkt in die Tat umsetzt.

Katholiken: Studiengebühren sind sozial ungerecht

Das bayerische Landeskomitee der Katholiken hat sich unterdessen für die Abschaffung der Studiengebühren  ausgesprochen. Mit der Annahme des Antrags sei die Unterstützung des Volksbegehrens «Nein zu Studienbeiträgen in Bayern» verbunden, teilte das Landeskomitee mit. Studiengebühren verhinderten «gleiche Zugangs- und Teilhabemöglichkeiten zur Hochschulbildung junger Menschen in Bayern», hieß es. Vor allem junge Menschen aus ärmeren Familien halte die Mehrbelastung davon ab, ein Studium aufzunehmen. Studiengebühren erhöhten zudem die Studiendauer, weil mehr Zeit und Energie für die Finanzierung des Studiums aufgewendet werden müsse. Die Gebühren hätten auch das ehrenamtliche Engagement junger Menschen «massiv beeinträchtigt».

Zum Kommentar: „Leutheusser-Schnarrenberger hält Studiengebühren am Leben – vorerst“

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