Manuel Neuer und Mesut Özil waren hier – Nachwuchstalente träumen in der Sportschule Berger Feld von den großen Clubs

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GELSENKIRCHEN. Oguzhan Aydogan träumt davon, Profi zu werden seit er ein kleiner Junge war. Es kann klappen: Schalke 04 und die Sportschule Berger Feld tun alles dafür, aus dem Nachwuchstalent einen Spitzensportler zu machen.

Im Schatten der Arena auf Schalke liegt die Schule für Gelsenkirchener Fußballträume. Die ausgedienten Schülerausweise derer, die an der Gesamtschule Berger Feld gelernt haben und nebenan zu erfolgreichen Leistungssportlern ausgebildet wurden, sind in einem gläsernen Schaukasten im Schulflur ausgestellt: Darunter Manuel Neuer, Torwart bei Bayern-München, Joel Matip und Julian Draxler, Jungprofis auf Schalke. Und natürlich Mesut Özil – auf dem unscharfen Ausweisbild kaum zu erkennen. Als es aufgenommen wurde, war seine Karriere kaum auszumalen: Für 50 Millionen Euro wechselte der Real-Madrid-Liebling in dieser Saison nach London zum FC Arsenal.

Einmal hier spielen ist für viele Schüler ein Traum. (Fpoto AchimH/Flickr CC BY-SA 2.0)
Einmal hier spielen ist für viele Schüler ein Traum. (Foto AchimH/Flickr CC BY-SA 2.0)

Hoch hinaus will auch Oguzhan Aydogan. «Ich will für einen der Topclubs spielen, wenn es geht», sagt der 16-Jährige und blickt zu Boden. Auch wenn er es bis hierher, als Kapitän in die Schalker U 17-Mannschaft und in die U 17-Nationalauswahl geschafft hat, wird er schüchtern, wenn er über seinen eigenen Erfolg spricht.

Er ist in Marl geboren und spielt im Verein, seit er vier Jahre alt ist. «Profi will ich werden, solange ich denken kann.» Wie andere Jungs mit hochtrabenden Fußballträumen auch kickte er für den Heimat-Amateurverein TSV Marl-Hüls, bis irgendwann die Scouts von Schalke 04 am Spielfeldrand standen.

Heute ist Oguzhan eines von über 50 besonders geförderten Nachwuchstalenten, die einerseits auf den Trainingsplätzen von Schalke ausgebildet werden und andererseits an der einen kräftigen Torwartabstoß entfernten Sportschule Berger Feld ihren Abschluss machen. Auch in anderen Disziplinen von Golf bis Rudern werden hier Duzende junge Sportler für die Elite ausgebildet. «Der Job eines Leistungssportlers an unserer Schule ist ein knallharter», sagt Schulleiter Georg Altenkamp. «Wir schaffen hier Strukturen, um sie zu entlasten.»

Für Oguzhan heißt das, dass er für den Stoff der zehnten Klasse zwei Jahre Zeit hat, um mehr Fußballspielen zu können. Sein Stundenplan ist so getaktet, dass er zweimal die Woche auch vormittags trainieren kann. Wenn er mit dem DFB oder der Mannschaft unterwegs ist, sammelt ein Mitschüler Arbeitsblätter, die er in seiner knappen Freizeit nacharbeitet.

«Schule ist immer auch ein Abbild der Gesellschaft», sagt Altenkamp. Die allermeisten der 1361 Schüler der Sportschule haben anderes im Kopf, als es zum Spitzensportler zu schaffen. Der Kontakt mit diesen Gleichaltrigen soll die Leistungssportler zu Persönlichkeiten machen, erklärt Altenkamp, genauso wie der normale Schulalltag mit miesen Mathearbeiten oder Zoff mit dem Sitznachbarn: «Wir bieten ihnen ein Stück Bodenhaftung in der Gesellschaft. Sobald ein Talent abhebt, hat es verloren.»

Von Vereinsseite arbeiten Trainer, Psychologen, Physiotherapeuten und Pädagogen daran, das beste aus den Jungs herauszuholen. Wer in der Nähe wohnt wie Oguzhan, wird morgens von einem Fahrdienst abgeholt. Dazwischen: Krafttraining, Physiotherapie, Hausaufgaben, Unterricht, Pokalspiele und immer wieder: Training auf dem Gelände der sogenannten Knappenschmiede auf Schalke.

Auch wenn er weiß, dass sein Leben anders ist als das eines gewöhnlichen Teenagers, Oguzhan möchte nicht tauschen: «Ich bin glücklich, die Chance zu haben». Jetzt wo er sich rechtsaußen im Sturm einen Stammplatz erkämpft hat, will er mit dem Team weiter oben mitspielen und viele Tore für seine Mannschaft schießen. Chelseas Eden Harzard und Bayerns Thiago Alcantara seien seine großen Vorbilder. «Das ist meine Motivation. Wenn ich sie sehe, stelle ich mir vor, so spielen zu können – oder noch besser», sagt Oguzhan und grinst.

«Die Jungs haben alle erstmal nur Plan A im Kopf. Das ist auch klar, schließlich haben sie zehn bis fünfzehn Jahre daran gearbeitet», sagt Thomas Kaiser, der die Berger Felder als Sportmentor betreut. Damit sie nicht ins Bodenlose fallen, wenn die Profi-Angebote ausbleiben oder Sportverletzungen das Karriereaus bedeuten, motiviert er seine Schützlinge, auch schulisch am Ball zu bleiben und berufliche Perspektiven zu entwickeln. «Bei uns ist die Champions League aber das Vollabitur», sagt Kaiser. Von 153 Fußballern, die das Projekt bereits durchlaufen haben, konnten 41 den Sprung in den Profi-Bereich schaffen. «Zum Superstar bringt es nur ein Bruchteil», ergänzt Altenkamp.

«Ich bin überzeugt, dass ich es schaffen kann als Profi», sagt Oguzhan. Die Oberstufe will er trotzdem besuchen. Das Abitur braucht er für seinen Notfallplan: Sportwissenschaften studieren, natürlich. Florentine Dame/dpa

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