Schulleistungsvergleich offenbart Ost-West-Gefälle

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BERLIN. Erneut bestätigt der Schulleistungsvergleich der Bundesländer die hohe Abhängigkeit von Schulerfolg und sozialer Herkunft. Zwischen den Leistungen der Schüler in Mathematik und in den Naturwissenschaften lagen dabei bis zu zwei Schuljahre.

Ostdeutsche Schüler sind in Mathematik und Naturwissenschaften weitaus leistungsstärker als die meisten ihrer westdeutschen Altersgenossen. Das geht aus dem neuen Schulleistungsvergleich der Bundesländer hervor. Danach erzielen im Westen durchgängig nur Bayern und Rheinland-Pfalz Leistungswerte, die statistisch bedeutsam über dem Bundesdurchschnitt liegen – im Einzelfall auch Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Im Osten sind es alle Bundesländer.

Mathematik-Aufgaben an der Tafel
Die Leistungen der ostdeutschen Schüler in Mathematik und den Naturwissenschaften lagen durchweg über denen ihrer Kollegen aus dem Westen. Foto: Jörg Willecke / pixelio.de

Der neue Schulleistungsvergleich wird an diesem Freitag offiziell von der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin vorgestellt. An dem neuen Schultest hatten sich über 44 000 Schüler aus den neunten Klassen aller Schulformen beteiligt.

In Mathematik ist Sachsen absoluter Spitzenreiter mit 536 Punkten, gefolgt von Thüringen (521) und Brandenburg (518). Schlusslicht ist Bremen mit 471 Punkten. Ein Unterschied von 25 bis 30 Punkten entspricht in etwa dem Lernfortschritt eines Schuljahres. Sächsische Schüler der 9. Klasse sind damit ihren Bremer Altersgenossen rund zwei Schuljahre voraus. Ähnlich große Leistungsunterschiede gibt es auch in der Physik. Zwischen Spitzenreiter Sachsen und dem Schlußlicht Nordrhein-Westfalen beträgt der Lernabstand ebenfalls rund zwei Jahre.

Mitarbeiter des ländereigenen Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Berliner Humboldt-Universität hatten dafür im Mai und Juni 2012 mehr als 1300 Schulen im gesamten Bundesgebiet besucht. Neben den Tests wurden auch Interviews mit Schülern, Fachlehrern und Schulleitern zur Lernsituation gemacht.

Die Studie belegt erneut die extrem hohe Abhängigkeit von Schulerfolg und sozialer Herkunft in Deutschland. Bundesweit erreichen laut den Ergebnissen Schüler aus sozial besser gestellten Familien in Mathematik im Durchschnitt 82 Punkte mehr als Jugendliche aus sozial schwächer gestellten Familien. «Dies entspricht einem Leistungsvorsprung von fast drei Schuljahren zugunsten der Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Sozialstatus», schreiben die Wissenschaftler in ihrer Auswertung.

Bei der Förderung von Kindern aus bildungsfernen Schichten tun sich in den Naturwissenschaften besonders Rheinland-Pfalz (Physik) und Sachsen (Biologie) hervor, während die Abhängigkeit von Herkunft und Schulerfolg in diesen Fächern besonders in Hamburg überdeutlich wird. In Mathematik werden die Leistungsunterschiede zwischen Kindern aus Akademikerfamilien und bildungsferneren Schichten besonders in Brandenburg deutlich.

In Mathematik wurden diesmal sechs Kompetenzformen aus dem gesamten Spektrum mathematischen Arbeitens untersucht, wie «Probleme mathematisch lösen» aber auch «Raum und Form» sowie «Daten und Zufall». In Biologie, Chemie und Physik ging es vor allem um Grundbildung, aber auch um fachübergreifendes Problemlösen.

Basis für die Aufgaben waren die von den Kultusministern für alle Bundesländer verbindlich eingeführten Bildungsstandards. Sie beschreiben, was ein Schüler am Ende einer Jahrgangsstufe können soll und gelten für Lehrer als pädagogische Zielvorgabe. Damit wurden die alten, in den Bundesländern unterschiedlichen Lehrpläne an den Schulen abgelöst. (Karl-Heinz Reith, dpa)

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Ergebnisse nach Fächern:

Die Schulforscher geben in der Rangfolge der Länder bewußt keine Zahlen von 1 bis 16 an. Ein Unterschied etwa von 5 Punkten gilt wegen der statistischen Fehlertoleranz in der Regel als inhaltlich nicht bedeutsam. Die Wissenschaftler teilen deshalb die 16 Länder auf in eine Spitzengruppe mit Leistungen, die statistisch bedeutsam über dem Bundesdurchschnitt (500) liegen, in ein Mittelfeld und die Ausreißer nach unten.

Etwa 25 bis 30 Punkte Unterschied entsprechen dem Lernfortschritt eines Schuljahres.

Chemie/Fachwissen:
(Land: Punkte)
Sachsen: 542 Sachsen-Anhalt: 538 Thüringen: 534 Brandenburg: 530 Mecklenburg-Vorpommern: 519 Bayern: 512 Rheinland-Pfalz: 504 Niedersachsen: 502
DEUTSCHLAND: 500
Schleswig-Holstein: 499 Baden-Württemberg: 499 Saarland: 497 Hessen: 492 Berlin: 490 Hamburg: 484 Nordrhein-Westfalen: 481 Bremen: 477

Biologie/Fachwissen:
Sachsen: 541 Thüringen: 535 Brandenburg: 532 Sachsen-Anhalt: 529 Mecklenburg-Vorpommern: 521 Rheinland-Pfalz: 514 Schleswig-Holstein: 505 Bayern: 505 Niedersachsen: 504 Baden-Württemberg: 501
DEUTSCHLAND: 500
Saarland: 498 Berlin: 493 Hessen: 489 Hamburg: 487 Nordrhein-Westfalen: 482 Bremen: 481

Physik/ Fachwissen:
Sachsen: 544 Thüringen: 539 Sachsen-Anhalt: 534 Brandenburg: 529 Mecklenburg-Vorpommern: 516 Bayern: 515 Rheinland-Pfalz: 505 Schleswig-Holstein: 504 Baden-Württemberg: 502 Niedersachsen: 500
DEUTSCHLAND: 500
Saarland: 497 Hessen: 496 Berlin: 491 Hamburg: 482 Bremen: 482 Nordrhein-Westfalen: 476

Mathematik/Globalskala
Sachsen: 536 Thüringen: 521 Brandenburg: 518 Bayern: 517 Sachsen-Anhalt: 513 Mecklenburg-Vorpommern: 505 Rheinland-Pfalz: 503 Schleswig-Holstein: 502 Baden-Württemberg: 500
DEUTSCHLAND: 500
Niedersachsen: 495 Hessen: 495 Saarland: 489 Hamburg: 489 Nordrhein-Westfalen: 486 Berlin: 479 Bremen: 471

Weitere Informationen zum Ländervergleich

zum Bericht: GEW: „Erwachsenen-PISA bestätigt dringenden Reformbedarf des deutschen Bildungswesens“

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