Beauftragter der Bundesregierung: Schulen sollen „Aktionsfeld Nummer eins“ gegen Missbrauch werden

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BERLIN. Keine Entwarnung beim Thema Kindesmissbrauch: Nach wie vor sind die Fallzahlen hoch. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung erwartet mehr Präventionsarbeit – von den Schulen.

Will die Schulen in die Pflicht nehmen: Johannes-Wilhem Rörig. Foto: www.rieken-fotografie.de / Unabhängiger Beauftragter
Will die Schulen in die Pflicht nehmen: Johannes-Wilhem Rörig. Foto: www.rieken-fotografie.de / Unabhängiger Beauftragter

Mehr Prävention gegen Kindesmissbrauch und verbesserte Beratung bei Verdachtsfällen: Das sind Schwerpunkte im neuen Arbeitsprogramm des Regierungsbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig. Von Politik und Gesellschaft verlangte er die Bereitschaft, sich den Problemen von Kindesmissbrauch offener zu stellen. Trotz der Arbeit des Runden Tisches gebe es «noch viele unausgesprochene und verdrängte Missbrauchstaten der Vergangenheit». Bundesjustizminister Maas (SPD) stellte einen verbesserten Opferschutz in Aussicht.

Rörig war Ende März vom Bundeskabinett für weitere fünf Jahre im Amt des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs bestätigt worden. Noch in diesem Jahr will er einen Betroffenenrat als dauerhafte Einrichtung einsetzen, bei dem auch Fragen von Hilfen bei Therapie und Opferentschädigung besprochen werden sollen. Rörig kritisierte, dass außer Mecklenburg-Vorpommern und Bayern die Länder immer noch keine Bereitschaft zeigten, ihren finanziellen Anteil für den am Runden Tisch verabredeten 100-Millionen-Opferhilfsfonds zu zahlen. Der Bund hat dazu 50 Millionen Euro bereitgestellt.

Bei der Prävention gegen Kindesmissbrauch sollen die rund 30.000 Schulen in Deutschland nach Worten Rörigs künftig «Aktionsfeld Nummer eins» werden. «Schulen können leider Tatort werden. Sie sind aber auch Ort der Prävention», sagte Rörig. Denn nur dort könnten alle Kinder erreicht werden. Dazu müssten in den kommenden Jahren Fachkräfte fortgebildet und Eltern informiert werden. Alle Kinder sollten eine altersangemessene Aufklärung über Missbrauch erhalten, eingebettet in Gewaltprävention und flankiert von einer modernen Sexualpädagogik. Dazu gehöre auch mehr Medienkompetenz. Darüber wolle er mit den Kultusministern der Länder sprechen.

Das «Hilfetelefon Sexueller Missbrauch» und der telefonische Beratungsdienst werden im Mai unter der bisher schon kostenlosen Telefonnummer 0800 22 555 30 neu organisiert. 20 Fachkräfte stehen dafür zur Verfügung. Seit Start der Anlaufstelle vor vier Jahren seien 19.000 telefonische Beratungsgespräche geführt worden.

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Der Missbrauchsbeauftragte drängte darauf, das Beratungsnetz in Ländern und Kommunen dichter zu knüpfen, Vor allem in ländlichen Regionen gebe es noch Defizite. Nach den Abmachungen mit der katholischen und der evangelischen Kirche strebt Rörig zudem Kontakte und Zusammenarbeit mit den islamischen Religionsgemeinschaften an.

Trotz Bekanntwerdens spektakulärer Missbrauchsfälle in den vergangenen Jahren sei die Gefahr für Kinder und Jugendliche nach wie vor überhaupt nicht gebannt, sagte Rörig. In Deutschland würden konstant jährlich rund 12.500 Ermittlungs- und Strafverfahren registriert. Rörig: «Die Dunkelziffer ist hoch. Es gibt keine Anzeichen für einen Rückgang.»

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) betont die Notwendigkeit, Opfer besser zu schützen und das Strafrecht im Kampf gegen Kinderpornografie zu verschärfen. «Wenn ich mir anschaue, wie viele Ermittlungsverfahren es in kinderpornografischen Sachverhalten gibt, ist das ein deutlicher Hinweis, dass es hier noch einiges zu tun gibt.»

Ein von Maas vorgelegter Gesetzesentwurf wird derzeit zwischen den Ministerien der Bundesregierung und mit den Bundesländern abgestimmt. Der Entwurf sieht unter anderem die Anhebung der Verjährungsfrist für die Opfer vor. Auch das Verbot von Fotografien, die Kinder in geschlechtlich unnatürlichen Posen zeigen, soll strenger gefasst werden. dpa

Zum Kommentar: … und jetzt auch noch das Thema Missbrauch – Problemlöser Schule

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