GÜTERSLOH. Die allermeisten Beamten, und damit ein großer Teil der Lehrkräfte in Deutschland, sind privat krankenversichert. Laut einer Bertelsmann-Studie könnte durch einen Umbau des Systems viel Geld gespart werden. Nicht überraschend: Der Beamtenbund dbb und der Verband der Privaten Krankenversicherung üben harsche Kritik. Pikant: Der Deutsche Gewerkschaftsbund, dem auch die Lehrergewerkschaft GEW angehört, spricht sich dagegen für eine Versicherungspflicht für Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

Der Staat könnte nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung in den nächsten 15 Jahren rund 60 Milliarden Euro einsparen, wenn er die Beamten-Beihilfe zur Krankenversicherung abschaffen würde. Denn dafür müssten Bund und Länder künftig immer tiefer in die Tasche greifen, teilte die Stiftung in Gütersloh mit. Der Beamtenbund dbb und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) kritisierten die Studie heftig.
85 Prozent der Beamten sind privat versichert
Beamte fallen nicht unter dieselbe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse wie Arbeitnehmer, die ab einem Jahresbruttoeinkommen von 57.600 Euro (2017) befreit sind. Da der Staat für Beamte über die Beihilfe die Hälfte – bei Pensionären 70 Prozent – der Krankheitskosten übernimmt, hätten sie oft günstigere Prämien bei der privaten Versicherung. Auch deswegen seien rund 85 Prozent der Staatsdiener privat versichert, so die Stiftung.
Der Studie zufolge werden sich die jährlichen Ausgaben für die Krankenversorgung von Beamten und Pensionären bis 2030 auf geschätzte 20,2 Milliarden Euro fast verdoppeln. 2014 gaben Bund und Länder knapp 12 Milliarden Euro dafür aus. Unterlägen Beamte genau wie Arbeitnehmer der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht, addiere sich das Einsparpotenzial bis 2030 auf 60 Milliarden Euro.
Durch eine Einführung einer allgemeinen Versicherungspflicht müssten zwei Drittel der bislang 3,1 Millionen privatversicherten Beamten und Pensionäre in eine gesetzliche Kasse wechseln, weil sie unter der Einkommensgrenze liegen, so die Stiftung. Weitere 20 Prozent würden darüber hinaus finanziell von einem Wechsel profitieren.
dbb-Chef Klaus Dauderstädt wies den Vorstoß der Bertelsmann-Stiftung am Rande der Jahrestagung in Köln entschieden zurück: «Ich kann nur allen dringend raten, den Beipackzettel einer solchen Reform gründlich zu lesen und auf die vielen Risiken und Nebenwirkungen zu achten.» Die Beihilfe gehöre zum Gesamtpaket der Alimentation von Beamten durch ihren Dienstherrn. Nur dadurch werde die Wettbewerbsfähigkeit mit der Wirtschaft sichergestellt.
Die Prognose zur Kostensteigerung bei der Beihilfe sei schwer nachzuvollziehen. «Da scheint überall viel Spekulation drinzustecken.» Zum Beispiel unterstelle die Studie für die gesetzliche Krankenversicherung immense Beitragsmehreinnahmen. Die Hälfte davon hätten aber die öffentlichen Dienstherren analog zum Arbeitgeberanteil zu tragen, so Dauderstädt.
„Unvollständige Datenauswahl“
PKV-Direktor Volker Leienbach verwies darauf, dass die Stiftung auch nach eigenen Angaben die verfassungsrechtlichen Fundamente des geforderten Umbaus der Gesundheitsabsicherung gar nicht geprüft habe. «Eine solche «Studie» ist auf Sand gebaut und kann schon im Ansatz nicht ernst genommen werden.» Sie blende wesentliche Kostenfaktoren aus. «Die unvollständige Datenauswahl ist augenscheinlich von der Absicht geprägt, zu einem von vornherein gewünschten Ergebnis zu gelangen», hieß es von der PKV.
«So beziffert die Studie zwar die vermeintlichen Einsparungen der Staatshaushalte bis 2030 durch die Verlagerung der Kosten für die Versorgung der Beamten auf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Sie verschweigt aber die Auswirkungen auf die GKV-Versicherten im selben Zeitraum.» Dabei ist nach PKV-Darstellung «absehbar, dass die GKV-Versicherten durch steigende Beitragssätze mittel- und langfristig wesentlich stärker belastet würden».
Dagegen sprach sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für eine Versicherungspflicht für Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung aus. «Das ist sowohl ein Schutz für die Beamtinnen und Beamten vor den explodierenden Prämienkosten der privaten Krankenversicherung als auch insgesamt eine Entlastung für die öffentlichen Haushalte», sagte das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
Die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink wertete die Studie als Nachweis, dass die PKV durch die Regelungen für die Beamten künstlich staatlich alimentiert werde. Sie forderte eine Bürgerversicherung, die zu mehr Wahlfreiheit für die Beamten führe. dpa
Dieser billige Populismus um die gesetzlich Versicherten gegen privat Versicherten aufzubringen ist unterste Schublade. Hier werden 2 Gruppen angestachelt und aufgehetzt….das scheint allgemein gerade voll „in“ zu sein Menschen gegen Menschen mit Lügen anzustacheln.
Teile (das Volk) und herrsche (darüber)!
[Sarkasmus on]
Wow, eine Bertelsmann-Studie? Wie innovativ die Ergebnisse doch immer wieder sind.
Das Motto ist wohl:
„Da stopfe ich oben genug Geld rein, dann wird unten schon das richtige rauskommen.“
[Sarkasmus off]
Abgesehen davon dass dieser Artikel 1:1 mit dem Artikel auf welt.de übereinstimmt, sollte man eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hinterfragen. Dies gilt besonders, wenn es deren Ziel war, potentielles Einsparpotential aufzuspüren und diese Studie der Politik vorzulegen.
Besonders hart wird es dann, wenn man hinterfragt, ob eigentlich Stiftungen und deren Geldgeber, wer auch immer das sein mag, so insgeheim die Politik in diesem Land machen äähhh beeinflussen ääähhhhh beraten.
Sehr geehrter PeterPan314,
es handelt sich bei dem Beitrag, wie am Ende zu ersehen ist, um einen Bericht der Deutschen Presse Agentur (dpa). Und diese beliefert nicht nur uns, sondern auch andere Medien – weshalb Sie mitunter dieselben Texte auf unterschiedlichen Seiten finden können. Allerdings: Auf News4teachers ordnen wir die Themen schon noch einmal ein, um die besondere Perspektive der Lehrerschaft zu berücksichtigen. Den Zusammenhang zwischen DGB und GEW beispielsweise finden sie im Text, der in der „Welt“ erschienen ist, nicht erläutert.
Natürlich beeinflusst die Bertelsmann Stiftung, die ihr Geld (wie der Name schon sagt) vom Medienkonzern Bertelsmann bekommt, Politik. Allerdings ist das auch völlig legitim – jede gesellschaftliche Institution, ob Partei, Stiftung, Unternehmen, Verein oder Verband, kann und darf sich hierzulande in die Debatte einbringen. Natürlich kann und darf ich solche Beiträge dann kritisch hinterfragen – bei einer Studie etwa die wissenschaftliche Methodik. Allerdings pauschal zu sagen: Weil die Studie von Bertelsmann in Auftrag gegeben wurde, müssen die Ergebnisse falsch sein, ist uns zu flach.
Die Relevanz ergibt sich schon aus den Reaktionen: Wenn der DGB sich äußert (und deren Mitgliedsgewerkschaft GEW beispielsweise steht sehr kritisch der Bertelsmann Stiftung gegenüber), wenn der dbb sich einschaltet, dann ist das Thema auf dem Tisch. Und für uns ein Anlass zu berichten.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Mal wieder ein Beleg, dass die GEW nicht die Interessen der Lehrerschaft vertritt.
@ Waltraud,
Sie schreiben meiner Ansicht nach richtig von 2 Gruppen. Privat-Versicherte und Gesetzlich-Versicherte. Ich denke, damit muss Schluss sein. Ich bin strikt gegen eine solche 2-Gruppen- bzw. 2-Klassen-Medizin!
Und wenn die Privatversicherung im Alter dann doch zu teuer wird, wollen die noch alle zu den Gesetzlichen zurück!
Aber unabhängig davon, warum ist es eine Einsparung, wenn die Beamten in die gesetzliche Versicherung einzahlen? Weil sie dann nicht mehr den Zuschlag bekommen (wenn sie alles alleine zahlen)? Aber dann zahlt doch der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge? Gleicht sich das nicht aus?
Die Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken können Kassenrechnungen zum einfachen, Privatrechnungen zum 2,3 oder 7 oder was weiß ich Satz abrechnen. Damit subventionieren die Privatpatienten die Anschaffung teurer Apparate und damit auch die Versorgung der Kassenpatienten.
Meines Wissens dürfen Beamte auch in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben. Allerdings wären sie in diesem Fall schön blöd, weil sie sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil tragen müssten, weil die Beihilfe in dem Fall nicht greift. Im Endeffekt müssen sie dann viel mehr zahlen um als „Ausgleich“ eine wesentlich schlechtere Leistung zu bekommen.
Stimmt. Man darf auch in der GKV bleiben. Und ja, man muss dann beide Anteile zahlen. Die Beihilfe „greift“ trotzdem, aber normal zahlt die GKV ja alles. Das, was die GKV nicht zahlt, übernimmt weiterhin die Beihilfe zum entsprechenden Prozentsatz. Zumindest in der Theorie. Ich hatte den Fall noch nicht, dass die GKV etwas abgelehnt hat oder nicht vollständig zahlen wollte. Von daher sehe ich keinen Grund zu wechseln und ich sehe bei Bekannten, wie viel weniger sich die PKV im Alter rechnet. Da bleibe ich doch lieber in der GKV.
Zumal man doch in der GKV Kinder miversichern lassen kann und in der PKV nicht, glaube ich.
Und auch Angestellte, die privatversichert oder freiwillig gesetzlich versichert sind, bekommen den Arbeitgeberanteil als Zuschuss ausgezahlt. Aber ich glaube, das meinte Dina schon.
Sofawolf
In der PKV müssen sie jedes Kind einzeln versichern und das kann richtig teuer werden. Der Arbeitgeber zahlt nur bis zur Hälfte des GKV-Beitrags dazu. Wenn sie ,wie ich durch die Kinder darüber liegen zahlen sie drauf.Und ab der Rente sowieso alles alleine.
Sie haben aber ein sehr gut ausgestattetes Beihilfe-System. Abgerechnet wird üblicherweise nur bis zum 2,3 fachen Satz. Sonst muss man eine besondere Erschwernis nachweisen.
Nein, die beiden Systeme schließen sich aus.
Die GKV funktioniert auf dem Kostenübernahmeprinzip, die Beihilfe nach dem Erstattungsprinzip. Wer also – auch als Beamter – als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder Ersatzkasse Leistungen des Gesundheitswesens in Anspruch nimmt, dem werden die Kosten für diese Leistungen nicht in Rechnung gestellt sondern der Kasse, bei der der Betroffene Mitglied ist. Die Abrechnung erfolgt auf der Grundlage der zwischen den Ärztekammern und den Kassen vereinbarten Regelungen über abrechenbare Leistungen.
Bei der Beihilfe hingegen sieht es anders aus; der Dienstherr legt fest für welche Leistungen er bis zu welchem Satz er bezahlt und wie hoch der anteilige Erstattungsanspruch ist. Der Mindestsatz für unverheiratete, kinderlose Beamte liegt bei 50%. Der verbleibende Rest muss privat getragen werden. Er kann – muss aber nicht – privat über eine private Krankenzusatzversicherung abgedeckt werden.
Beamte, die Mitglied der GRV sind, müssen die Mitgliedbeiträge ihrer Krankenkasse vollumfänglich von ihren Bruttobezügen begleichen, sie erhalten keine Kompensation.
Die Bezüge tarifbeschäftigter Lehrkräfte des höheren Dienstes sowie des gehobenen Dienstes etwa ab Erfahrungsstufe 5 liegen über der Beitragsbemessungsgrenze für die GKV. Sie haben die Möglichkeit entweder als freiwilliges Mitglied in der GKV zu verbleiben oder sich privat zu versichern. In beiden fällen wird ihnen der AG- und der AN-Anteil zur Krankenversicherung mit den Monatsentgelten ausgezahlt und sie müssen den Beitrag an die GKV abführen.
Familienangehörige der gesetzlich Krankenversicherten sind – soweit sie keine eigenen Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis beziehen – familienmitversichert.
Die Angehörigen von Privatversicherten sind eigenständige Versicherungsnehmer; die PKV kennt keine Familienmitversicherung.
Auch wenn ich die Privatpatienten manchmal beneide, bleibe ich in der GKV.
Warum auch nicht? Ich würde jedem raten, die GKV zu wählen – und zwar nicht aus Gemeinsinn, sondern persönlichen Vorteilen. Nur das Beihilfe-System war bisher ein guter Grund für die Privatversicherung. Sollte dieser Vorteil für Beamte wegfallen, sehe ich keine wichtigen Gründe mehr für den Eintritt in die PKV, sondern nur einige Risiken.
Sie erhalten im stationären Bereich die selbe, qualifizierte ärztliche Behandlung,
wie Versicherte der Privaten Krankenversicherung. Wir führen Leitlinien gerechte Verfahren durch, welche in großen, randomisierten Studien sich als effektiv herausgestellt haben und dem derzeitigen medizinischen Standart entsprechen.
Wegen der hohen Versicherungskosten in der Privaten Krankenversicherung wäre ich froh, wenn ich nie aus der gesetzlichen Versicherung ausgetreten wäre. So muss ich jedes Risiko einzeln versichern.