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Lernen für die nächste Arbeit oder Lernen fürs Leben? – Wissenschaftler empfehlen unterschiedliche Lernstrategien

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ERFURT. Eltern und Schüler monieren schon lange, dass die vielen Tests und Klassenarbeiten, die in einem Schuljahr geschrieben werden, bei Jugendlichen eine Kultur des „Bulimie-Lernens“ prägten, bei dem das Wissen zu einem bestimmten Zeitpunkt „ausgespuckt“ würde und danach quasi sofort dem Vergessen anheimfalle. Kognitionspsychologen der Uni Erfurt sehen das anders. Ihre Forschungsergebnisse zeigen im Gegenteil: Tests sind eine der effektivsten Strategien langfristigen Lernens, zumindest bei textbezogenem Wissen.

Seit einigen Jahren erforschen Kognitionspsychologen der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Uni Erfurt den sogenannten „Testungseffekt“. Dabei zeige sich deutlich, dass der Abruf von Wissen in schriftlichen Tests langfristig deutlich bessere Lernresultate bringt als das wiederholte Lesen eines Textes.

Doch wie verhält es sich mit dem Lerneffekt beim testbasierten Lernen im Vergleich zum „Notizenmachen“, das besonders ab den höheren Klassen und dem Studium die meistgenutzte Lernstrategie sein dürfte? In einem aktuellen Experiment gingen Forscher um den Psychologen Ralf Rummer dieser Frage auf den Grund.

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Auch wenn Schüler über Testeritis stöhnen: Lernen mit Tests bringt nachhaltigere Ergebnisse. (Foto: tjevans / pixabay (CC0 1.0))

Zunächst legten sie 273 Studenten einen kurzen Text über das Erscheinungsbild und die Lebensgewohnheiten des Honigdachses vor. Danach wurden ein Drittel gebeten, den Text zwei weitere Male zu lesen (einfache Wiederholung). Die zweite Gruppe sollte wichtige Informationen aus dem vorliegenden Text in eigenen Worten notieren, sich also Notizen machen. Die Teilnehmer der dritten Gruppe sollen die Inhalte, an die sie sich erinnern konnten, auf einem Blatt Papier niederschrieben, ohne dabei im Text nachschlagen zu können. Abschließend fand eine finaler Lernkontrolle statt, bei dem die Studenten den Textinhalt so vollständig wiedergeben sollten wie möglich. Dieser Lerntest fand nach fünf Minuten, nach einer Woche oder nach zwei Wochen statt.

Beim Test fünf Minuten nach dem Lesen des Textes hatten noch diejenigen Studenten die Nase vorn, die sich Notizen gemacht hatten. Fand der Test jedoch nach zwei Wochen statt, hatten sie ihren Vorsprung vollständig eingebüßt. Nun hatten diejenigen einen deutlichen Lernvorteil, die sich die Inhalte aufgeschrieben hatten, ohne den Text vorliegen zu haben, die also eine klassische Testsituation hergestellt hatten.

Die Wissenschaftler erklären dies daraus, dass beim Testen zwar weniger Informationen behalten werden, als beim Notizen machen, diese jedoch „tiefer“ gelernt würden. Abgesehen davon, das testen schon den Abruf der Information trainiere blieben dabei mithin zwar weniger Inhalte haften, von diesen bliebe langfristig aber sehr viel mehr übrig, als wenn viele Inhalte oberflächlich geübt würden.

Für die Autoren hat sich damit gezeigt, das testen langfristig effektiver sei als Notizen zu machen. Die Frage, welche Lernstrategie ausgewählt werden sollte, hänge damit für Schüler, Lehrer und Studenten auch davon ab, wie lange das Wissen verfügbar bleiben soll bzw. wann etwa eine Klausur – stattfindet.

Ralf Rummer, erläutert: „Testen erweist sich, zumindest wenn es um nachhaltiges Lernen geht, als effektiver als andere – ebenfalls effektive – Lernstrategien. Aus unserer Sicht sollte man sich diesen Effekt sowohl in der universitären und schulischen Lehre – etwa durch den Einbau von Tests in Lehrveranstaltungen – als auch beim heimischen Lernen zunutze machen. Letzteres könnte etwa durch die Beantwortung selbstgestellter Fragen oder das eigenständige Zusammenfassen zentraler Lerninhalte – und zwar ohne die Verwendung der Lernmaterialien – erfolgen. Bislang testen sich die meisten Lernenden leider nur dann, wenn sie Vokabeln lernen. Und dann auch nur, um Feedback über ihren Wissensstand zu erlangen, und nicht im Bewusstsein, ihr Wissen durch Testung zu konsolidieren.“ (zab, pm)

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