Aufs Schulklo nur mit Schutzausrüstung? Eltern stinkt das gewaltig

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FRANKFURT/MAIN. Deutschlandweit kämpfen Kinder und Eltern für saubere Klos an den Schulen. Frankfurter Eltern haben nun die Nase voll und wollen mit Youtube-Video und Online-Petition gegen die schmutzigen Toiletten in den Schulen ihrer Kinder kämpfen.

Auch die aufwändigste Sanierung hilft nur wenig, wenn die Schüler sich nicht für die Sauberkeit ihrer Schultoiletten verantwortlich fühlen. Foto: timbo / pixabay (CC0)
Auch die aufwändigste Sanierung hilft nur wenig, wenn die Schüler sich nicht für die Sauberkeit ihrer Schultoiletten verantwortlich fühlen. Foto: timbo / pixabay (CC0)

«Frau Müller, dürfte ich bitte auf die Toilette gehen?», meldet sich der Schüler höflich. «Ja natürlich», antwortet die Lehrerin mit Sorgenfalten im Gesicht. «Aber: Denk an die Tasche!». Der Schüler nimmt das Köfferchen – und zieht auf dem Weg zum Klo Gummihandschuhe und Atemschutz über. Die Szene stammt aus einem Youtube-Film, der gerade unter Frankfurter Eltern fleißig geteilt und geliked wird. Der Spot wirbt für eine Petition, die saubere Schultoiletten fordert.

Die Klos in der reichen Metropole Frankfurt seien ein «Albtraum», sagt Alix Puhl, bis vor kurzem Vorsitzende des Frankfurter Stadtelternbeirats, der die Petition zusammen mit dem StadtschülerInnenrat auf den Weg gebracht hat. Stinkende, verdreckte, veraltete und kaputte Toiletten seien «der Dauerbrenner an allen Frankfurter Schulen» – und nicht nur dort.

Die Schülervertretung der Frankfurter Musterschule hat am Schwarzen Brett eine Liste für Beschwerden ausgehängt. «Stinkt gewaltig!» steht da mit dickem Filzstift. Licht kaputt, Spiegel fehlt, Klobrille fehlt, kein Toilettenpapier, kaputter Seifenspender, Wasserhahn funktioniert nicht – es ist eine lange Liste, die ständig weiterwächst.

In manchen Grundschulen müssen die Kinder für den Klogang aus dem vierten Stock in den Keller laufen. In anderen bekommen sie das Klopapier – nach Blatt abgezählt – im Kassenzimmer ausgehändigt. Sie müssen einen Korb mit Papier, Seife und Handtuch mitnehmen oder sich auf dem Weg zum Örtchen im Sekretariat auf einer Liste eintragen.

Es geht um die Gesundheit

Es handle sich nicht um Einzelfälle, an fast allen Schulen sei die Toiletten-Situation «miserabel», sagt Stadtschulsprecher Kevin Saukel. Bei den Vollversammlungen der Frankfurter Schülervertretungen sei das ein Dauerthema. Mit der Petition wollen die Schüler nicht nur erreichen, das saniert und neu gebaut wird. Sie hoffen vor allem auf ein neues Reinigungskonzept, entweder mit Reinigungskräften vor Ort oder häufigerem Putzen.

«Die Kinder sind auch nicht ganz unschuldig», sagt Alix Puhl. Die Erfahrung zeige, dass sich die Schüler bei sauberen Toiletten mehr Mühe geben, sie in gutem Zustand zu halten – besonders dort, wo sie selbst an Renovierung oder Reinigung beteiligt waren. Dem würden sich die Schüler nicht verweigern, sagt Saukel. Er schlägt auch Vollversammlungen in den Schulen vor, um die Kinder zu sensibilisieren, dass sie selbst etwas beitragen können.

An der Linnéschule wurde beispielsweise zum Halbjahr ein Toiletten-Dienst eingeführt. Die Klassen übernehmen das im Wechsel in der ersten Pause. Die Kinder sollen Schmutz melden und (mit Handschuhen) unbenutztes Klopapier einsammeln. «Wir möchten die Kinder sensibilisieren», informierte die Schulleitung die Eltern.

4000 Unterschriften wollten die Initiatoren der Petition ursprünglich sammeln – mehr als 5000 sind schon zusammengekommen. Die Forderung: «Ausreichend viele, saubere und sanierte Toiletten in jeder Schule!». Es gehe um mehr als Ekel – es gehe auch um die Gesundheit: Kinder verkniffen sich den Toilettengang während der Schulzeit, manche würden nichts trinken, um auf keinen Fall zur Toilette zu müssen, sagt Puhl.

Task Force Schulklo

Zuständig in Frankfurt ist nicht das Schul-, sondern das Baudezernat unter Stadtrat Jan Schneider (CDU). Das neue Amt für Bau und Immobilien (ABI) wurde erst im November gegründet, es vereint Hochbauamt, Liegenschaftsamt und die Immobilien-Abteilungen einzelner Ämter wie eben auch des Stadtschulamtes. «Der Handlungsbedarf ist unstrittig», kommentiert Amtsleiter Michael Simon die Beschwerden über Frankfurts Schultoiletten.

Er will eine «Task Force» gründen, die sich des Themas annimmt. Stadtelternbeirat, Schulamt, das Amt für Bau und Immobilien und am Rande auch das Gesundheitsamt sollen mitmachen. Die Agenda: erst den Ist-Zustand erfassen und bewerten, dann Maßnahmen vorschlagen und eine Reihenfolge für die Sanierung festlegen. «Noch vor Ostern wird das anlaufen», sagt Simon, selbst Vater von vier Kindern.

Mehr als 160 Schulen gibt es in Hessens größter Stadt – bei vielen ist der Bauzustand schlecht. Ein «Aktionsplan» listet auf 26 Seiten aktuell anstehende und in den nächsten fünf Jahren geplante Maßnahmen auf. In den krassesten Fällen stehen Gesamtsanierung oder Neubau an, häufig heißt es: neue Turnhalle, neue Fassade, neues Dach, neue Heizung, Keller trockenlegen, Decken sanieren. Eine Erneuerung der Toilettenanlagen taucht bei den «anstehenden Investitionen ab 50 000 Euro» immerhin rund zwei Dutzend Mal auf. dpa

Hier geht es zu der Petition.

Für sauberere Schultoiletten – So funktioniert Hygiene (kostenfrei) als pädagogischer Auftrag

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