Wissenschaftler warnen davor, weniger Schulobst zu verteilen

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BONN. Die subventionierte Verteilung von Milchprodukten und Obst an Schulen ist in den letzten Jahren verstärkt in die Kritik geraten. Absatz- und nicht Gesundheitsförderung stehe im Fokus der auch von der EU geförderten Programme bemängeln deren Gegner. Zumindest hinsichtlich Obst und Gemüse verweisen Wissenschaftler allerdings immer wieder auf positive Effekte, so jetzt auch eine Untersuchung der Unis Bonn und Koblenz. Die beteiligten Forscherinnen warnen allerdings vor einer Reduktion der Verteilung von zwei auf drei Tage, wie jetzt in Nordrhein-Westfalen geplant.

Wie sind Grundschüler dazu zu bringen, mehr Obst und Gemüse zu verzehren? Schulobstprogramme können tatsächlich beim Erreichen dieses Ziels helfen, haben Wissenschaftlerinnen der Universität Bonn und der Universität Koblenz-Landau herausgefunden. Wird in Grundschulen kostenlos Obst und Gemüse verteilt, griffen die Schüler auch tatsächlich zu.

Die Schulobstverteilung wirkt positiv auf das Ernährungsverhalten von Jugendlichen. Doch je nach Ausgaberhythmus profitieren Schüler unterschiedlich stark. Foto: Hans / pixabay (CC0 Creative Commons)
Die Schulobstverteilung wirkt positiv auf das Ernährungsverhalten von Jugendlichen. Doch je nach Ausgaberhythmus profitieren Schüler unterschiedlich stark. Foto: Hans / pixabay (CC0 Creative Commons)

„Die Häufigkeit des Obst- und Gemüseverzehrs der teilnehmenden Kinder steigt signifikant an“, sagt Julia Haß, Doktorandin der Universität Bonn. Die Studie habe darüber hinaus Hinweise darauf gegeben, dass die Teilnahme am Schulobstprogramm das Ernährungsverhalten der Kinder langfristig positiv beeinflussen könne. „Die teilnehmenden Schüler haben auch an Tagen ohne Schulobstausgabe deutlich häufiger Obst und Gemüse verzehrt“, berichtet Professor Monika Hartmann.

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Insgesamt befragten die beiden Wissenschaftlerinnen von der Universität Bonn über 800 Dritt- und Viertklässler an zwölf nordrhein- westfälischen Grundschulen. Die Schüler wurden in drei Gruppen eingeteilt: Ein Teil der Kinder bekam an drei Tagen pro Woche Schulobst und -gemüse, ein weiterer Teil an zwei Tagen und die Kontrollgruppe nahm überhaupt nicht am Schulobstprogramm teil. Vor Beginn der Studie und erneut nach einem Jahr fülten die Schüler Fragebögen zu den am Vortag verzehrten Speisen und Getränken sowie zu ihrem Ernährungswissen aus.

OGS-Kinder bei zwei Tagen bevorzugt
Bei drei aber auch bei zwei Schulobsttagen wöchentlich war die Häufigkeit des Obst- und Gemüsekonsums der Kinder nach einem Jahr deutlich erhöht. „Es zeigte sich aber die Tendenz, dass Kinder, die das Angebot des Offenen Ganztags nutzen, stärker von den Schulobstlieferungen profitieren“, berichtet Julia Haß. Dieser Effekt gelte jedoch nur für die Umsetzungsform mit zwei Schulobsttagen pro Woche.
Er lasse sich damit begründen, dass die Obst- und Gemüsereste vom Vormittag an den Offenen Ganztag weitergegeben werden. Ganztagsschüler hatten deshalb mehr Gelegenheit, an das Obst und Gemüse heranzukommen. Bei drei Schulobsttagen wöchentlich profitieren hingegen alle Kinder im vergleichbaren Umfang, da die Schulen übrig gebliebenes Obst und Gemüse am nächsten Vormittag in den Klassen verteilten.

Grundsätzlich sei das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm eine sinnvolle ernährungspolitische Maßnahme, um den Obst- und Gemüsekonsum von Grundschulkindern zu erhöhen, zieht Julia Haß ein Fazit. Die Verteilung von Schulobst lediglich an zwei Tagen wöchentlich erscheinte auf den ersten Blick attraktiv, da bei gleichem Budget mehr Kinder erreicht werden könnten. Dennoch muss diese Option auch kritisch betrachtet werden, da nicht alle teilnehmenden Kinder in gleichem Umfang unterstützt werden. Zumindest sollte eine weitere Reduzierung der Verteilhäufigkeit genau überdacht werden, so die Wissenschaftlerinnen.
Um gesicherte Aussagen zu den Langfristwirkungen von Schulobstprogrammen treffen zu können, müssten weitere Studien durchgeführt werden. Mit Blick auf die Prävention von Übergewicht sollte außerdem das gesamte Ernährungsverhalten über den Obst- und Gemüsekonsum hinaus berücksichtigt werden, so die Forscherinnen.

Die Europäische Union stellt seit dem Jahr 2009 finanzielle Beihilfen für Schulobstprogramme zur Verfügung. Ziel ist es, den Obst- und Gemüsekonsum der Kinder zu erhöhen und auf diese Weise zur Entwicklung eines gesunden Lebensstils beizutragen.

Die Ergebnisse der Studie sind im „Journal Public Health Nutrition“ veröffentlicht.
Publikation: Julia Haß, Tanja Lischetzke und Monika Hartmann: Does the distribution frequency matter? A subgroup specific analysis of the effectiveness of the EU School Fruit and Vegetable Scheme in Germany comparing twice and thrice weekly deliveries”, Journal Public Health Nutrition (PHN), DOI: 10.1017/S1368980017003949

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