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Ein “unbeschriebenes Blatt” als Bundesbildungsministerin: Die GEW hofft auf frischen Wind

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Anja Karliczek wirkt aufgeräumt und geradezu in Plauderlaune. Sie spricht über ihre privaten Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem, über Digitalisierung, über ihre Absicht, ihr neues Amt zuerst mit Fragen und Gesprächen anzugehen. «Ich freue mich auf die neue Aufgabe», sagt die 46-Jährige. Mit Karliczek hat ein bisher völlig unbeschriebenes Blatt in der Bildungs- und Forschungspolitik ihr Amt als neue Bundesbildungsministerin angetreten.

Erstmal machen lassen – Politik und Organisationen geben der neuen Bundesbildungsministerin eine Chance.      Foto: Foto-AG Gymnasium Melle / Wikimedia Commons d (CC BY 3.0)

Mit konkreten politischen Ankündigungen hält sich die Münsterländerin noch zurück. Einen «neuen Schwerpunkt» will sie in guter digitaler Ausstattung der Schulen setzen. «Zu meinen ersten Schritten wird der Besuch meiner Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern gehören und natürlich der intensive Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums», sagt sie. Nach ihrer Benennung kamen vor allem aus dem Hochschulbereich einige enttäuschte bis geringschätzige Bemerkungen über die öffentlich weitgehend unbekannte gelernte Hotelfachfrau.

Mittlerweile merkt man bei Bildungspolitikern und -organisationen immer mehr die Haltung, Karliczek erstmal anfangen zu lassen. In ihren gut vier Jahren als CDU-Abgeordnete hat sie es früh in den einflussreichen Finanzausschuss des Bundestags gebracht. Seit Januar 2017 ist sie Parlamentarische Geschäftsführerin. Kollegen von ihr beschreiben sie als zupackend, im Gespräch ist sie unbefangen.

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Die Tochter aus einer westfälischen Hoteliersfamilie machte nach dem Abitur eine Banklehre und stieg mit ihren Brüdern in den Familienbetrieb ein, ein Traditionshotel in Tecklenburg mit 50 Mitarbeitern. Ihre drei Kinder sind zwischen 17 und 21 Jahre alt. Nebenher absolvierte sie ein BWL-Studium an der Fernuni Hagen.

Mit Bildung hat sie in den Augen von Union und SPD nun ein herausragendes Zukunftsthema. Zwei Milliarden Euro für den Ganztagsausbau, fünf Milliarden binnen fünf Jahren für die Digitalisierung von Deutschlands Schulen sind unter anderem geplant – und überhaupt leichter fließende Bundesmittel für Schulen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) nannte Bildung kürzlich als einen der prioritären Bereiche. Keine schlechte Ausgangslage für Karliczek, eine gewichtige Rolle zu spielen.

Aber für Bildung bleiben vor allem die Länder zuständig. Die meisten dürften genau darauf achten, dass sie das Sagen über Inhalte und Schulplanung behalten. Erfahrungen in Verhandlungen mit den Ländern hat Karliczek, vom Bund-Länder-Finanzausgleich.

Am Anfang steht das große Händeschütteln. «Die Herausforderungen im Bildungsbereich sind groß, deswegen freue ich mich darauf, Frau Karliczek bald kennenzulernen», sagt ihr Thüringer Kollege Helmut Holter (Linke), Vorsitzender der Kultusministerkonferenz.

Foschung und Innovation bedeuten mehr Lebensqualität

Die Bildungsgewerkschaft GEW hat die neue Regierung aufgefordert, die Versprechen von Union und SPD in der Bildung auf hohem Qualitätsniveau umzusetzen. «Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hofft, dass die neue Ministerin Anja Karliczek frischen Wind in die Bildungspolitik bringt», sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.

Die 46-jährige Karliczek hatte zu ihrem Amtsantritt am Donnerstag gesagt: «Als Bundesministerin für Bildung und Forschung möchte ich den Menschen mehr Vertrauen und Mut für die Zukunft geben.» Jeder solle die Chance auf gute Bildung haben, dazu zählten funktionierende Schulen, gute Lehrkonzepte, Ganztagsangebote und insbesondere eine gute digitale Ausstattung. «Hier werde ich einen neuen Schwerpunkt setzen.»

Ein weiteres Ziel sei es, den Bürgern zu zeigen, «dass Forschung und Innovationen mehr Lebensqualität bedeuten können und den persönlichen Alltag in jedem Alter einfacher machen können».

Tepe sagte: «Im Koalitionsvertrag gibt es viele richtige Ansätze wie den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in den Grundschulen, das Schulsanierungsprogramm oder den Digitalpakt.» Für eine qualitätsvolle Umsetzung brauche es deutlich mehr Geld als bisher eingeplant. Gespannt sei die GEW auf die Ausgestaltung des geplanten Nationalen Bildungsrates und darauf, wie der Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Kommunen gelingen solle.

Mit christlichen Werten, Pragmatismus und Rücksicht auf die Belange etwa von Unternehmen hat die Katholikin eigene Leitplanken. Verständnis demonstriert sie für die Sorgen vieler Menschen. «Bildung und Forschung sind zentrale gesellschaftliche Bereiche», sagt sie, «auch wenn es darum geht, die bei vielen Menschen bestehende Unsicherheit wegen Entwicklungen der Digitalisierung und Globalisierung ein Stück weit zu nehmen.» dpa

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