Zu wenig Fachpersonal und zu wenig Zeit für zu viele Aufgaben und Bürokratie – das sind die Hauptprobleme der Schulleiter. Bei einer repräsentativen Befragung für den VBE nannten 57 Prozent der befragten 1.200 Schulleiter Lehrermangel als ihr größtes Problem. In Nordrhein-Westfalen, wofür eine Sonderauswertung der Umfrage vorliegt, waren es sogar 64 Prozent.
Wie aus der beim Deutschen Schulleiterkongress in Düsseldorf vorgestellten Forsa-Befragung hervorgeht, fühlt sich nahezu jeder vierte Schulleiter (23 Prozent) vor allem mit der Inklusion Behinderter und der Integration von Flüchtlingskindern überfordert. Gewalt benennt dagegen nur ein Prozent aller Befragten als größtes Problem an ihrer Schule.
Im Mittel bewerteten die Befragten die Schulpolitik ihres eigenen Bundeslandes mit der Note 3,8 – in NRW mit 4. Jeder fünfte deutsche Schulleiter sieht die Schulpolitik als mangelhaft oder sogar «versetzungsgefährdet» bei Note 6.
Rund 36 Prozent der Schulleiter bundesweit (NRW: 44 Prozent) gaben an, an der eigenen Schule mit Lehrermangel und unbesetzten Stellen zu kämpfen – an Gymnasien waren es deutlich weniger. Im Durchschnitt sind laut Forsa-Befragung bundesweit sechs Prozent der Lehrerstellen an weiterführenden Schulen und sogar zwölf Prozent an Grundschulen nicht besetzt.
Die Politik hat geschlafen
«Die Politik hat jahrelang verschlafen, die Ausbildungskapazitäten hochzusetzen», kritisierte VBE-Bundeschef Udo Beckmann. «Für jede neue Anforderung, die die Politik an Schule stellt, müssen zusätzliche Ressourcen bereitgestellt oder gesagt werden, was wegfallen kann.» Außerdem forderte der Lehrergewerkschafter mehr Studienplätze, eine bessere Ausbildung und multiprofessionelle Teams an den Schulen, etwa mit Sozialarbeitern, Jugendhelfern und Psychologen.
Rund 90 Prozent der Schulleiter in Deutschland klagen über wachsende Aufgaben und Verwaltungsarbeiten. Sie wünschen sich mehr Anrechnungsstunden auf ihre Leitungstätigkeit, um Aufgaben delegieren zu können. Viele Lehrer flüchteten sich in Teilzeit, um die Belastungen überhaupt noch aushalten zu können, berichtete Beckmann.
Auffallend: An mehr als jeder dritten Schule sind Seiteneinsteiger beschäftigt, in Nordrhein-Westfalen mit 53 Prozent sogar an mehr als der Hälfte. Von diesen sind die meisten allerdings ziemlich ins kalte Wasser gesprungen: Bundesweit haben nach Angaben der Schulleiter 65 Prozent (NRW: 74 Prozent) keine systematische pädagogische Vorbereitung erhalten.
«Das ist pädagogischer Wahnsinn», kritisierte Beckmann. Die Politik sei es den Kindern und den neu hinzukommenden Fachkräften gleichermaßen schuldig, Seiteneinsteiger über mehrere Monate praxisnah zu qualifizieren.
Trotz aller Probleme gehen 95 Prozent aller deutschen Schulleiter nach eigenen Angaben gern zur Schule. Jeder vierte würde seinen Job «auf jeden Fall» weiterempfehlen – ebenso viele allerdings «auf keinen Fall». Am zurückhaltendsten wären mit einer Empfehlung Frauen, unter 40-Jährige und Grundschulrektoren. Bettina Grönewald, dpa
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