Mit 10-jähriger Schülerin an der Hand durchs Schulgebäude: Krasser Missbrauchsfall endet (vorläufig) mit Gefängnisstrafe

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AUE. Mehr als ihr halbes Leben lang hat eine junge Frau verdrängt, was ihr in der Kindheit angetan wurde. Ein Zeitungsbericht bringt sie schließlich dazu, ihren einstigen Lehrer wegen Missbrauchs anzuzeigen.

ScDie Polizei setzt darauf, dass Grundschullehrer betroffene Kinder erkennen (Symbolfoto). Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)hulen sollen sich verstärkt um das Thema Missbrauch kümmern. Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)
Erst nach zwei Jahrzehnten zeigte das Opfer den ehemaligen Lehrer an. (Symbolfoto). Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)

Nach zwei Jahrzehnten hat eine Frau ihr Schweigen gebrochen und ihren ehemaligen Grundschullehrer vor Gericht gebracht: Weil er die damalige Schülerin über Jahre mehrfach missbrauchte, ist der 54-Jährige am Montag vom Amtsgericht Aue zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Als Lehrer und Judo-Trainer hatte er sich nach Überzeugung des Gerichts das Vertrauen des damals zehn Jahre alten Kindes erschlichen und es schwer sexuell missbraucht.

Die fünf angeklagten Taten ereigneten sich im Zeitraum zwischen 1997 und 2000. Verurteilt wurde der Mann, der inzwischen nicht mehr im Schuldienst tätig ist, jedoch nur in zwei Fällen. Von den übrigen drei Vorwürfen wurde er mangels Beweisen freigesprochen. Angesichts der Vielzahl der Taten habe die heute 31-Jährige manches durcheinandergebracht und im Einzelfall Ort und Zeit nicht mehr genau benennen können, so Richter Hartmut Meyer-Frey. Dies sei angesichts ihres damaligen Alters und der verstrichenen Zeit nachvollziehbar und erklärlich, allerdings Voraussetzung für die strafrechtliche Ahndung.

«Das war heute nur die Spitze des Eisbergs», sagte Anwältin Dana Kubon-Gerber als Nebenklagevertreterin der heute in Rheinland-Pfalz lebenden Frau am Rande des Prozesses. Es sei in dem Verfahren offensichtlich geworden, dass ihre Mandantin nicht das einzige Opfer sei. Der Angeklagte habe einen perfiden Plan verfolgt, um das Mädchen systematisch in ein Abhängigkeitsverhältnis zu bringen.

Das Hotelzimmer geteilt

So schilderten frühere Mitschüler und ehemalige Lehrer, dass er das Kind als Sporttalent für alle offensichtlich bevorzugt habe. Demnach fuhren Trainer und Schülerin regelmäßig zu Wettkämpfen und Trainingslagern und teilten mitunter auch das Hotelzimmer.

Mehrere Zeugen berichteten übereinstimmend von einer mangelnden Distanz des Lehrers. So habe er das Mädchen auf seinem Schoss sitzen lassen und sei mit ihr Hand in Hand durch das Schulhaus gelaufen. Man habe dies zwar als merkwürdig empfunden. Da das Verhältnis zu den Eltern der Schülerin aber ebenfalls eng gewesen sei, habe man nichts Böses vermutet. «Heute sieht man das aus anderer Perspektive», sagte ein ehemaliger Klassenkamerad.

Er war es, der die Frau im Vorjahr auf einen Pressebericht aufmerksam gemacht hatte, nachdem sich der 54-jährige Deutsche wegen eines ähnlichen Vorwurfs erstmals vor Gericht verantworten musste. Daraufhin erstattete die Frau Anzeige gegen ihren früheren Lehrer. In dem vorherigen Verfahren war der inzwischen arbeitslose Mann aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.

Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe bis zuletzt. Man habe fest mit einem Freispruch gerechnet, sagte sein Verteidiger nach der Verhandlung. Sein Mandant habe sicher Fehler gemacht und Grenzen überschritten, sich dem Mädchen aber nie sexuell genähert. In seinem Plädoyer hatte Rechtsanwalt Reinhard Röthig das Opfer hart angegriffen und ihr die Glaubwürdigkeit abgesprochen.

Ihrer Mandantin gehe es nach all der Zeit darum, dass man ihr und weiteren Opfern Glauben schenke, so Anwältin Kubon-Gerber. Im ersten Prozess ist derzeit noch eine Berufung am Landgericht Chemnitz anhängig. Auch das aktuelle Urteil, bei dem das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft folgte, ist nicht rechtskräftig. Von Claudia Drescher, dpa

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