STUTTGART. Die umstrittene AfD-“Meldeplattform” gegen parteikritische Lehrer in Baden-Württemberg war kurz nach ihrem Start vom Netz gegangen. Das soll sich nun zwar wieder ändern. Allerdings erklärte die Piratenpartei, dass keineswegs ein Hackerangriff für den Zusammenbruch gesorgt hatte, wie die AfD behauptet – sondern eine Aktion, an der sich Zehntausende von Bürgern aktiv beteiligt hätten. Die wollen die Piraten nun wiederholen. Auch der Landesdatenschutzbeauftragte hat sich eingeschaltet.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz in Baden-Württemberg hat eine Voruntersuchung wegen der umstrittenen AfD-Meldeplattform gegen Lehrer eingeleitet. Wie die Behörde mitteilte, gibt es mehr als 100 Beschwerden, die sich gegen die Freischaltung richten. Auf der Plattform sollen Schüler anonym Pädagogen melden, die im Unterricht gegen die AfD hetzen. Zunächst müsse aber die Zuständigkeit geprüft werden, heißt es weiter. Denn der Landesbeauftragte sei für den parlamentarischen Bereich selbst nicht aufsichtsbefugt. Die Abgeordneten des Landtags hätten ein freies Mandat und sollten ihren demokratischen Auftrag ohne eine externe Überprüfung wahrnehmen können, hieß es in einer Mitteilung.
Mit dem Landtag solle nun geklärt werden, ob die Meldeplattform im Rahmen von mandats- oder von parteipolitischen Aufgaben betrieben worden sei. Im letzteren Fall sei der Landesbeauftragte die zuständige Aufsichtsbehörde.
Die Meldeplattform gegen Lehrer, die am Donnerstag vom AfD-Abgeordneten Stefan Räpple online gestellt wurde, war bereits am Freitag wieder vom Netz gegangen (News4teachers berichtete). Ursache war nach Angaben eines AfD-Mitarbeiters ein Hackerangriff. Juristen halten das Angebot für rechtlich problematisch – zumal bei der Stuttgarter Variante die Namen der Lehrer veröffentlicht werden sollen. Räpple sagte am Sonntag, die Seite werde wahrscheinlich am Dienstag wieder online gehen können. Und zwar nicht mehr auf seiner Internetseite wie anfangs, sondern auf der Seite der Landtagsfraktion, weil diese ihn bei der Aktion unterstütze.
“#meinabgeordneterhetzt”
Die Piratenpartei Baden-Württemberg teilte unterdessen mit, dass die Internetseite von Räpple keineswegs durch einen Hackerangriff zusammengebrochen sei. Die tatsächliche Ursache: Die Partei hatte auf einer eigens eingerichteten Aktionsseite “#meinabgeordneterhetzt” eine Maske angeboten, über die Nutzer “Hetzzitate von AfD-Funktionäre” auswählen konnten, die dann automatisch an das “Meldeportal” der AfD weitergereicht wurden. Das Versenden von “Abertausenden Meldungen durch die Bevölkerung” sei für die Abschaltung des Meldeportals verantwortlich, sagte Michael Knödler, Sprecher der Piraten im Südwesten. «Mit fast einer halben Million Aufrufen auf der Aktionsseite hat die Bevölkerung ein klares Zeichen gegen die Meldeportale gesetzt», sagte er.
Aus Sicht des Innenexperten der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, müssen alle rechtsstaatlichen Mittel ergriffen werden, um diese Plattform dauerhaft zu stoppen. Damit wolle die AfD Lehrer mundtot machen, sagte Sckerl in Stuttgart. «Wir bieten allen von Denunziation Betroffenen unsere Unterstützung an und bestärken sie, sich an unseren Schulen und Hochschulen weiterhin kritisch mit Politik auseinanderzusetzen», erklärte Sckerl. Politisch organisierte Denunziation stamme aus dem Instrumentenkasten autoritärer Systeme und habe «in unserer Demokratie, an unseren Unis und in unseren Schulen keinen Platz.» dpa
