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Studie: Eine „gute Schule” fördert die Karriere besser, wenn das Leistungsniveau niedrig ist

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TÜBINGEN. „Welche Schule ist die beste für unser Kind?“ Gerade beim Wechsel auf die weiterführende Schule treibt diese Frage viele Eltern um, auch wenn die Entscheidung für eine Schulform bereits gefallen ist. Sind die Sprösslinge dann auf der gewünschten Lehranstalt platziert, bleibt noch die Sorge, ob es denn der  Entwicklung der eigenen Kinder schade, wenn die Mitschüler nur mäßige Leistungen zeigen. Eine Studie der Uni Tübingen liefert jetzt Anhaltspunkte. „Gute Schulen“ können demnach sowohl vorteilhafte wie auch nachteilige Effekte haben.

In einer gemeinsamen Studie fanden Wissenschaftler aus Tübingen, Houston und Illinois die Annahme bestätigt, dass die Mitschüler den Berufs- und Karriereweg eines Schülers nachhaltig beeinflussen. Der Besuch einer „guten“ Schule muss dabei allerdings nicht automatisch gut für alle sein, die sie besuchen: Vielmehr zeigten sich die Einflüsse sowohl positiv wie negativ. Für ihre Untersuchung werteten die Forscher Daten einer Langzeitstudie in den USA aus. Rund 380.000 High-School-Schüler nahmen im Jahr 1960 teil. Etwa 85.000 konnten nach elf Jahren und immerhin noch 2.000 von ihnen nach 50 Jahren erneut befragt werden.

Klassentreffen – Die Mitschüler haben einen nachhaltigen Einfluss auf die spätere Karriere. Foto: gisela gerson lohman-braun / flickr (CC BY-SA 2.0)

Stammen die Schüler an einer Schule überwiegend aus Elternhäusern mit einem hohen Bildungsniveau, waren sie auch unabhängig von ihrer eigenen Herkunft erfolgreicher als Schüler an Schulen mit einem geringeren Bildungsniveau der Eltern. Sie erlangen einen besseren Bildungsabschluss, angesehenere Berufe und erzielen höhere Einkünfte.

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Anders sah es jedoch bei der Schulleistung aus. Ein höheres Leistungsniveau der Mitschüler birgt demnach die Gefahr, dass einzelne Schüler hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Als Grund für diesen negativen Effekt vermuten die Wissenschaftler nachteilige Vergleiche mit besseren Klassenkameraden. Diese führten dazu, dass Schüler ein geringeres Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickeln. Das habe langfristige Auswirkungen: Diese Schüler verdienten auch noch nach 50 Jahren weniger und hatten weniger angesehene Berufe als Schüler aus Schulen mit einem geringeren Leistungsniveau.

Die Studienautoren untersuchten die Leistungen der Schüler in Mathematik und Englisch und werteten die Antworten auf die Frage nach Bildungszielen und den Berufserfolg aus. Dabei stellten sie einmal einen Bezug zum Bildungsabschluss der Eltern und einmal einen Bezug zum durchschnittlichen Leistungsniveau der Schule her.

Wie erwartet fanden sie heraus, dass Schüler in Schulen, in denen die Elternschaft im Durchschnitt einen höheren Bildungsabschluss aufwies, auch höhere Erwartungen an ihre eigene akademische Karriere zeigten und sowohl nach elf als auch nach 50 Jahren mehr verdienten und angesehenere Berufe hatten als Kinder, die Schulen besuchten, an denen die Eltern eher mittlere oder niedrigere Bildungsabschlüsse hatten.

Für das Leistungsniveau fand sich hingegen ein gegenteiliger Effekt: Wenn das Leistungsniveau der Schule hoch war, hatten die Schüler nach Berücksichtigung ihres eigenen sozialen Hintergrunds und ihrer Schulleistungen weniger hohe Erwartungen an ihre eigene akademische Karriere, arbeiteten in weniger angesehenen Berufen und verdienten sowohl nach elf als auch nach 50 Jahren weniger als Personen, die als Kinder Schulen mit einem niedrigeren Leistungsniveau besucht hatten. „Der ständige Vergleich mit Mitschülern, aber auch nachteilige Beurteilungen durch Lehrkräfte führen dazu, dass die Erwartungen an die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sinken, was sich wiederum nachteilig auf den Berufs- und Karriereweg auswirkt“, fasst Studienautor Richard Göllner von der Universität Tübingen zusammen. Den negativen Effekt bei leistungsstarker Schülerschaft abzumildern, sei deshalb auch eine tagtägliche Herausforderung für Lehrer.

Die Ergebnisse der Studie sind aus Sicht der beteiligten Wissenschaftler darüber hinaus relevant für die Diskussion um die Leistungsdifferenzierung im Schulsystem. „Die Studie zeigt, dass es naiv ist zu denken, dass leistungsstarke Mitschüler langfristig automatisch zu günstigeren Ergebnissen führen“, hebt Ulrich Trautwein, Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung, hervor. „Wer bei Reformen des Schulsystems die psychologischen Bedürfnisse der Schüler vergisst, tut diesen keinen Gefallen.“ (zab, pm)

• Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlicht.

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