DRESDEN. Der Freistaat Sachsen prescht vor. Während sich die Kultusminister der übrigen 15 Bundesländer auf einer Telefonkonferenz gestern darum bemüht haben, ein bundeseinheitliches Vorgehen bei möglichen Schulöffnungen nach den Osterferien abzusprechen (News4teachers berichtete), hat die sächsische Landesregierung bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Ergebnisse einer Kabinettssitzung am Abend: Die Schulen öffnen – teilweise jedenfalls. „Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen können nach den Osterferien die Schulen wieder besuchen.“ Auch das Abitur findet statt. Wie es mit den übrigen Klassen weitergeht, wird nächste Woche entschieden. Im Moment spricht laut Kultusminister Piwarz aber einiges dafür, dass sie noch nicht wieder zurückkehren könnten.
„Sachsen Kabinett hat entschieden, dass unter besonderer Berücksichtigung des Infektionsschutzes nicht nur die Abiturprüfungen an den allgemeinbildenden und Beruflichen Gymnasien in öffentlicher und in freier Trägerschaft im Freistaat Sachsen wie geplant stattfinden. Gleichfalls wurde die Entscheidung getroffen, ab dem 20. April 2020 die Gymnasien sowie Ober- und Förderschulen (mit Ausnahme des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung), die entsprechenden Bildungsgänge an den Schulen des zweiten Bildungsweges und die berufsbildenden Schulen für die Abschlussklassen zu öffnen“, so heißt es in einer Erklärung, die der Pressesprecher des sächsischen Kultusministerium, Dirk Reelfs, am gestrigen Donnerstag herausgegeben hat.
Die gesamten Schulgebäude können genutzt werden
Die Rechtsverordnung, die die Beschränkungen in der Corona-Krise regelt, werde kommende Woche dahingehend geändert, dass der Unterricht in den Abschlussjahrgängen und eine Durchführung von Prüfungen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen möglich sei. „Insbesondere wird dabei berücksichtigt, dass sowohl für den Unterricht in den Abschlussjahrgängen als auch für Prüfungsvorbereitung und Prüfungsdurchführung die gesamten Schulgebäude genutzt werden können und sich nur die betreffenden Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie sonstiges erforderliches Personal in diesem Zeitraum im Schulgebäude aufhalten. Das Unterrichts- und Prüfungsgeschehen kann unter diesen Bedingungen räumlich so entzerrt werden, dass Infektionen nach menschlichem Ermessen weitestgehend vermieden werden können“, so Reelfs.
„Wir haben uns die Entscheidung wahrlich nicht leichtgemacht. Die Prüfungssituation in diesem Jahr ist ohne Zweifel eine andere als in den Vorjahren“, meint Kultusminister Christian Piwarz (CDU) mit Blick auf die Abiturienten. Für die gebe es allerdings eine Wahlmöglichkeit: Schülerinnen und Schüler, die an den Erstterminen nicht teilnehmen wollen, können sich für die Nachtermine ab dem 13. Mai 2020 entscheiden. „Auf ein ärztliches Attest wird beim Ersttermin in diesem Jahr verzichtet. Es genügt eine schriftliche Erklärung, dass eine Teilnahme nicht erfolgen kann. Diese Erklärung muss vor Beginn der Prüfungen beim Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eingereicht werden. In diesem Fall sind die Nachschreibetermine verpflichtend“, so heißt es beim Kultusministerium.
Die Abiturprüfungen in Sachsen starten nach den Osterferien am 22. April mit den schriftlichen Prüfungen in Evangelischer und Katholischer Religion. Es folgen die Prüfungen zum Graecum (23. April) und in Physik (24. April). Für die Durchführung der Prüfungen werden strenge Hygienevorgaben und Abstandsgebote für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler gelten.
“Infektionsschutz beim Abitur-Fahrplan berücksichtigt”
„Bei unserer Entscheidung für diesen Abitur-Fahrplan haben wir den Infektionsschutz in besonderer Weise berücksichtigt. Die Prüflinge werden im gegebenen Fall auf mehrere Räume verteilt, um den Anforderungen des Infektionsschutzes zu genügen. Das gesundheitliche Risiko ist damit niedriger als in anderen Bereichen des Berufslebens. Schon allein aus Gründen des Infektionsschutzes empfehle ich den Abiturientinnen und Abiturienten sehr, die Haupttermine für die Prüfungen zu nutzen“, so Kultusminister Piwarz. Für Prüfungsteilnehmer, die auch zum Nachtermin nicht teilnehmen können, werde es einen dritten Prüfungstermin noch in diesem Schuljahr und damit anders als in den Vorjahren geben.
Noch ein Novum: Um die besondere Prüfungssituation angemessen zu berücksichtigen, werden die Zweitkorrekturen in diesem Jahr ausnahmsweise an derselben Schule erfolgen. „Auf diese Weise können die Korrektoren durch die Corona-Pandemie aufgetretene schulinterne Probleme bei der Wissensvermittlung besser eingehen. Im Unterricht nicht vermitteltes Wissen wird bei der Bewertung im Sinne des Schülers berücksichtigt“, erklärt Piwarz. Für besondere Härtefälle, die im Ergebnis der Abiturprüfungen auftreten, werde eine Beratungsstelle im Landesamt für Schule und Bildung eingerichtet. Dorthin können sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte im Streit- oder Beschwerdefall wenden.
Telefonschalte der Kultusminister mit eindeutigem Ergebnis
Die Kultusminister der 16 Bundesländer waren nach Informationen des „Spiegels“ am Donnerstagmittag in einer inoffiziellen Telefonschalte zusammengekommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Ziel des Gesprächs sei vor allem gewesen, sich untereinander abzustimmen – und so Alleingänge einzelner Landesregierungen zu vermeiden.
Wie der „Spiegel“ aus mehreren Quellen übereinstimmend erfahren haben will, bevorzugt die Mehrheit der Ministerrunde ein Modell, nach dem der Unterricht in mehreren Stufen wieder aufgenommen werden soll. Über einen geeigneten Zeitpunkt sollte allerdings nach Ostern weiter beraten werden, wenn neue Einschätzungen von Experten über die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland vorliegen. Als Entscheidungsdatum dafür galt der 15. April. News4teachers
