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Schon wieder Göttingen: Wohnanlage mit über 200 Kindern unter Quarantäne

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GÖTTINGEN. Das Coronavirus hat in Göttingen erneut eine Ausnahmesituation ausgelöst. Noch bis nächste Woche steht ein Hochhauskomplex unter Quarantäne, 700 Bewohner sind isoliert. Vor allem die vielen betroffenen Kinder in den schwierigen Verhältnissen bereiten Sorgen.

Das Coronavirus – hier eine 3D-Illustration – wirbelt das Schuljahr durcheinander. Illustration: Shutterstock

Enge Apartments, unzureichende Hygiene und eine teils aggressive Stimmung: Der erneute Corona-Ausbruch in Göttingen mit einer Quarantäne für einen gesamten Gebäudekomplex stellt die Betroffenen und die Stadt vor große Herausforderungen. Rund 700 Bewohner dürfen die Wohnanlage bis nächste Woche Donnerstag nicht verlassen und müssen versorgt werden. Innerhalb von zwei Tagen seien knapp 120 Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt worden, teilte die Stadt am Freitag mit. Die Zahl der Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohner stieg für Stadt und Landkreis Göttingen auf 47,91.

«Wir müssen jetzt hoffen, dass alle in dieser Ausnahmesituation einen kühlen Kopf bewahren», sagte Christian Hölscher von der Jugendhilfe Göttingen. Es handele sich um eine völlig neue, einschneidende Situation. Hölscher spricht – wie andere Beobachter in Göttingen auch – von engem Wohnraum, unzureichender Hygiene und auch Drogen- und Alkoholproblemen. Vielen in der Stadt sei klar, dass dies kein idealer Ort für aufwachsende Kinder sein könne.

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Mehr als 200 Kinder und Jugendliche leben nach Angaben der Stadt in der dreiteiligen Wohnanlage. Die Sozialdezernentin, Petra Broistedt, sprach von «prekären Wohnverhältnissen». Reporter vor Ort berichteten am Freitag von einer teils aggressiven Stimmung innerhalb kleiner Gruppen. Immer wieder würden Einsatzkräfte schlichtend eingreifen.

Nach Bekanntwerden der neuen Corona-Infektionswelle hatten die Behörden am Donnerstag den Hochhauskomplex in der Innenstadt abgeriegelt und unter Quarantäne gestellt. Mit dem strikten Vorgehen sollten die Übertragungswege des Virus unterbrochen werden. Erst im Mai war es im nur wenige Hundert Meter entfernten 18-geschossigen Iduna-Zentrum zu einem Corona-Ausbruch gekommen, weil nach Darstellung der Stadtverwaltung dort Mitglieder mehrerer Familien bei privaten Feiern die Hygiene- und Abstandsregeln verletzt hatten (News4teachers berichtete ausführlich über den Fall).

“Das Virus ist weiterhin da und schlägt unerbittlich zu”

«Diese Ereignisse zeigen uns immer wieder, dass die Pandemie nicht vorbei ist», sagte Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann am Freitag in Hannover. Die SPD-Politikerin forderte mit Nachdruck zum Einhalten der Schutzregeln auf. «Das Virus ist weiterhin da und es schlägt überall dort unerbittlich zu, wo viele Menschen in engem Raum zusammenkommen oder zusammen arbeiten und Abstands- und Hygieneregeln, aus was für Gründen auch immer, nicht eingehalten werden.» Die konkrete Situation in Göttingen bezeichnete die Ministerin als «ein lokales aber massives Infektionsgeschehen».

Als weitere Maßnahme verlängerte die Stadt die Pflicht, an Schulen einen Mund-Nase-Schutz zu tragen, bis Ende Juni. Erst am Montag waren die Schulen nach zweiwöchiger Schließung wieder geöffnet worden. Trotz der vielen betroffenen Schüler sprach der niedersächsische Landeselternrat von einer «gebotenen Maßnahme». Auch mit einer strikten Quarantäne für einige Tage werde nichts Unmenschliches verlangt, sagte die Vorsitzende Cindy-Patricia Heine. Sie verweis darauf, dass die Corona-Pandemie in Ländern wie Spanien und Frankreich zu deutlich längeren Ausgangssperren führte.

Die betroffenen Kinder sind verängstigt

Um die Göttinger Wohnanlage, die als ein sozialer Brennpunkt der Stadt gilt, wird die Ausnahmesituation mindestens bis nächste Woche andauern. Zur Versorgung richtete die Stadt vor Ort ein mobiles medizinisches Zentrum ein. Mit Notfall-Paketen sollen Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs bereitgestellt werden. Dolmetscher versuchen die vorhandenen Sprachbarrieren zu überwinden. Vor allem unter den Kindern herrsche große Sorge, sagte Hölscher von der Jugendhilfe, der über soziale Netzwerke virtuell Kontakt hält. Viele der Betroffenen seien eigentlich regelmäßig in der Einrichtung. Von Christian Brahmann, dpa

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