RUDOLSTADT. Jedes Jahr spürt der Rechnungshof Fälle von laxem Umgang mit Steuergeld auf. Dieses Mal rät das Gremium unter anderem im Kampf gegen den Lehrkräftemangel zu einem Schritt, der bei Lehrerinnen und Lehrern zu Unmut führen dürfte.
Das thüringische Bildungsministerium schöpft aus Sicht des Landesrechnungshofes nicht alle Möglichkeiten aus, um den Ausfall von Unterricht zu verringern. Deswegen soll nach dem Willen der obersten Finanzkontrolleure ein Privileg älterer Lehrkräfte rasch gestrichen werden. „Ohne jegliche Begründung haben Lehrkräfte in Thüringen ab dem 55. Lebensjahr bis zu zwei Unterrichtsstunden weniger pro Woche zu leisten als jüngere Lehrkräfte“, schreiben sie in ihrem neuen Jahresbericht. Im Ländervergleich sei das „die mit Abstand großzügigste Entlastungsregelung“.
Eine Streichung dieses Privilegs könne Personalressourcen im Umfang von rund 490 Vollzeitkräften in den nächsten fünf Jahren freisetzen, rechnete Direktorin Kirsten Butzke in Rudolstadt vor. Dies entspreche einem Finanzvolumen von rund 34 Millionen Euro pro Jahr. So könnten rund 11.500 Unterrichtsstunden pro Woche zusätzlich geleistet werden, was etwa der Hälfte des Unterrichtsausfalls entspreche.
Kritik vom Thüringer Lehrerverband
Beim Thüringer Lehrerverband stieß das Ansinnen prompt auf Kritik. Ein solcher Schritt würde diejenigen treffen, „die die vergangenen zehn Jahre die Situation gewuppt haben“, erklärte Vize-Landesvorsitzender Frank Fritze. Die Minderung des Stundenkontingents sei für ältere Lehrerinnen und Lehrer aus gesundheitlichen Gründen geboten.
Eine andere Forderung begrüßte Fritze dagegen generell: „Es ist Fakt, dass Schulleiter neben der Leitung von Schulen kaum noch Zeit haben, sich zum Beispiel um pädagogische Konzepte zu kümmern, weil sie sich um viele administrative Aufgaben kümmern müssen.“ Das sieht der Rechnungshof ähnlich und mahnt in seinem neuen Bericht Entlastungen für Schulleitungen an. Auf sie seien viele neue Aufgaben hinzugekommen, ohne dies bei der Arbeitszeit zu berücksichtigen. Dabei werden Themen wie Inklusion, Migration und Digitalisierung genannt. Gleichzeitig würden Schulleitungen sowie ihre Stellvertreterinnen oder Stellvertreter mehr unterrichten als vorgesehen, sagte Butzke. An vielen Schulen fehlten Leitungspersonen und teils seien die Stellen mehrere Jahre unbesetzt. dpa
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