DÜSSELDORF. Die Weihnachtsferien sollen länger werden, die meisten Geschäfte noch vor Weihnachten schließen: Mit deutlich härteren Maßnahmen will NRW-Ministerpräsident Laschet nun die vielen Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den Griff bekommen – auch an Kitas und Schulen.
Nordrhein-Westfalen schwenkt auf rigorose Kontaktbeschränkungen in Schulen und Kitas um und wirbt für einen harten bundesweit einheitlichen Lockdown. Angesichts fortlaufend ansteigender Corona-Infektions- und Todeszahlen sei jetzt «eine gesamtdeutsche Antwort» nötig, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag in Düsseldorf. «Wir brauchen eine echte Trendwende für ganz Deutschland.»
Bei Schulen und Kitas legte sich die schwarz-gelbe Landesregierung schon vor der «schnellstmöglich» erwünschten Abstimmung der 16 Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin fest: Schon ab Montag muss niemand mehr seine Kinder zur Schule schicken. An der Schulpflicht werde aber festgehalten, sagte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP).
Die bereits um zwei Tage vorgezogenen Weihnachtsferien werden um weitere zwei Tage verlängert
Konkret bedeutet das: Ab Klasse acht wird der Unterricht grundsätzlich nicht mehr im Klassenzimmer erteilt, sondern auf Distanz. Die Schulen bleiben dennoch bis zum 18. Dezember geöffnet für Schüler der Klassen 1 bis 7 sowie Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf. Die Eltern können aber entscheiden, ihre Töchter und Söhne nicht zur Schule zu schicken. «Ich gehe davon aus, dass das sehr viele Eltern machen werden», sagte Laschet. Somit wären Abstände für den Infektionsschutz viel leichter einzuhalten.
Darüber hinaus werden die – bereits um zwei Tage vorgezogenen – Weihnachtsferien um weitere zwei Tage verlängert. Erster Schultag wäre demnach der 11. Januar. Lehrer-Verbände begrüßten die Entscheidung grundsätzlich. Die GEW nannte die vorgestellten Maßnahmen «sinnvoll und unausweichlich». Jetzt benötigten Kitas und Schulen aber «ein abgestimmtes Test- und Quarantänekonzept».
«Das Chaos an den Schulen ist jetzt komplett»
Der VBE stellte fest: «Wieder einmal stellt die kurzfristige Ankündigung über die Aufhebung der Präsenzpflicht und die Umstellung auf den Distanzunterricht die Schulen und die Familien vor immense Herausforderungen.» Der Verband Lehrer NRW nannte die Kommunikation der Landesregierung mit den Schulen «ein Desaster». SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty bilanzierte nach dem langen Streit um Präsenz- und Distanzunterricht: «Das Chaos an den Schulen ist jetzt komplett.» Er forderte, ebenso wie die Grünen, ein langfristiges Handlungskonzept.
Kindergartenkinder sollten möglichst zwischen dem 14. Dezember und dem 10. Januar nicht in die Kita gebracht werden. Familienminister Stamp (FDP) appellierte an alle Eltern, das Angebot nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig sei und ihre Kinder ansonsten möglichst zu Hause zu lassen. Grundsätzlich bleiben die Einrichtungen aber offen – soweit sie in dem Zeitraum nicht ohnehin Betriebsferien geplant hatten. Landesweit einheitliche Weihnachtsferien gibt es für Kitas nicht. Stamp hatte Anfang September noch eine «Bildungs- und Betreuungsgarantie für Familien in NRW» abgegeben und betont: «Es wird keine landesweite Schließung von Kitas und Schulen mehr geben. In meiner Verantwortung wird es nicht mehr zu einem flächendeckenden Lockdown von Bildungseinrichtungen kommen.»
Zurücktreten will Stamp nun aber offenbar nicht. «Wir werden kein Betretungsverbot für Schulen und Kitas aussprechen», versicherte der stellvertretende Ministerpräsident. Die Betreuungsgarantie werde trotz Pandemie aufrechterhalten: Jedes Kind, für das der Kita-Besuch unverzichtbar sei, werde ein Betreuungsangebot bekommen.
Die Ministerin sieht die Schulen für die schnelle Umstellung gut gerüstet
«Alle Schulen bleiben offen, Unterricht findet statt», sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Bisher hatte sie stets betont, es solle trotz der Pandemie möglichst aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit für alle Schüler beim Präsenzunterricht bleiben – sie hatte Wechselunterricht in der Fläche abgelehnt. Nur in Einzelfällen solle «schulscharf» digital unterrichtet werden. Auch die Schulpflicht aufzuheben – wie von der Leopoldina gefordert -, hatte Gebauer noch vorgestern kategorisch ausgeschlossen.
Das ist plötzlich alles Makulatur. Jetzt heißt es: Die Ministerin sieht die Schulen für die schnelle Umstellung gut gerüstet. Der rechtliche Rahmen für Distanzunterricht bestehe schon seit dem Sommer, Lehrer hätten “fachliche und didaktische Hinweise” zur Verknüpfung von Distanz- und Präsenzunterricht erhalten. Zwar seien weiterhin nicht alle Schüler und Schulen mit digitalen Endgeräten ausgestattet, man sei aber auf einem guten Weg, meinte die FDP-Politikerin. Laut Staatssekretär Mathias Richter ist Distanzunterricht zwar einfacher mit digitalen Endgeräten, er könne aber auch ohne diese erteilt werden.
Für Hotspot-Kommunen mit einer Wocheninzidenz von über 200 – also 200 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen – stehe auch für die Schulen ein Maßnahmenkasten bereit, sagte Gebauer. Dann könne der Sportunterricht ausgesetzt werden, sofern das Fach nicht prüfungsrelevant sei, etwa für das Abitur. Grundschüler könnten auch in Unterricht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichtet werden. Es sei dann doch die Einführung eines Wechselmodells möglich – aber nur für die Oberstufe – und hier wiederum nicht für Abschlussklassen. Solingen hatte vor Wochen Wechselunterricht für weiterführende Schulen einführen wollen, das Schulministerium untersagte das. News4teachers / mit Material der dpa
