BERLIN. Gut ein Jahr nach dem Beginn der Corona-Pandemie haben die Spitzen des deutschen Staates und die Kirchen der fast 80.000 Toten gedacht und den Hinterbliebenen ihr Mitgefühl bekundet. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind in dieser Zeit mindestens 29 Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher Corona-bedingt verstorben. Der Bundespräsident erklärte: Fehler und Versäumnisse der Politik müssten aufgearbeitet werden – aber nicht heute.
Bei der zentralen Gedenkfeier rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Gesellschaft zum Zusammenhalt auf. «Lassen wir nicht zu, dass die Pandemie, die uns schon als Menschen auf Abstand zwingt, uns auch noch als Gesellschaft auseinandertreibt», sagte er im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Zuvor hatten die Kirchen in einem ökumenischen Gottesdienst in der Gedächtniskirche den Trauernden Trost zugesprochen.
Der Bundespräsident betonte: «Wir wollen heute als Gesellschaft derer gedenken, die in dieser dunklen Zeit einen einsamen und oft qualvollen Tod gestorben sind.» Den um ihre gestorbenen Angehörigen Trauernden wolle man sagen: «Ihr seid nicht allein mit Eurem Leid, nicht allein in Eurer Trauer.» Viele Menschen quälten sich unendlich, weil sie sterbenden Angehörigen auf dem letzten Weg nicht beistehen konnten, sagte Steinmeier. «Sterben in der Pandemie, das war und das ist oft ein Sterben ohne Beistand und Abschied.»
«Verlieren wir uns nicht in Schuldzuweisungen, im Blick zurück, sondern sammeln wir noch einmal Kraft für den Weg nach vorn»
Neben der Trauer gebe es bei manchen Menschen auch «Verbitterung und Wut», sagte das Staatsoberhaupt. Er könne dies verstehen. «Die Politik musste schwierige, manchmal tragische Entscheidungen treffen, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern.» Auch die Politik habe lernen müssen. Wo es Fehler und Versäumnisse gegeben habe, müssten diese aufgearbeitet werden, aber nicht an diesem Tag, sagte Steinmeier. «Meine Bitte ist heute: Sprechen wir über Schmerz und Leid und Wut. Aber verlieren wir uns nicht in Schuldzuweisungen, im Blick zurück, sondern sammeln wir noch einmal Kraft für den Weg nach vorn, den Weg heraus aus der Pandemie, den wir gehen wollen und gehen werden, wenn wir ihn gemeinsam gehen.»
An der von Steinmeier ausgerichteten Gedenkfeier nahmen fünf Hinterbliebene und die Spitzen der anderen vier Verfassungsorgane teil: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundesratspräsident Reiner Haseloff, Bundeskanzlerin Angela Merkel (alle CDU) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) und ein Vertreter des Diplomatischen Korps waren ebenfalls zu der Veranstaltung gekommen, die unter strengsten Hygieneschutzmaßnahmen stattfand. In vielen Städten und Gemeinden in Deutschland fanden zeitgleich kleinere Gedenkveranstaltungen statt. Bundesweit waren vor öffentlichen Gebäuden die Fahnen auf halbmast gesetzt.
In Deutschland starben bis zum Sonntag nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts 79.914 Menschen an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2. Dem Robert-Koch-Institut (RKI) wurden in den vergangenen vier Wochen drei weitere Lehrer oder Erzieher gemeldet, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben sind. Das geht aus einem Vergleich der Lageberichte vom 27. März und vom 18. April hervor. Insgesamt mindestens 29 Menschen aus der Berufsgruppe Lehrer/Erzieher sind damit seit Beginn der Pandemie in Deutschland verstorben.
«Wir werden uns als Menschen wieder nahe sein, und als Gesellschaft wieder vereint»
Da Angaben zu Betreuung, Unterbringung und Tätigkeit bei vielen Fällen fehlen, ist die Anzahl der Fälle mit einer Betreuung, Unterbringung oder Tätigkeit in den einzelnen Einrichtungen als Mindestangabe zu verstehen“, so heißt es beim RKI. Auch gibt es keine Belege dafür, dass sich die Betroffenen tatsächlich im Dienst angesteckt haben. „Für die übermittelten Covid-19-Fälle aus allen genannten Einrichtungen ist (..) unbekannt, wie hoch der Anteil derer ist, die sich auch in dieser Einrichtung angesteckt haben“, schreibt das RKI.
Allerdings registriert die Bundesbehörde verstärkt Ausbrüche in Kitas und Schulen. Wörtlich heißt es im Lagebericht: „Beim Großteil der Fälle ist der Infektionsort nicht bekannt. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat.“
Steinmeier betonte, die Pandemie habe «tiefe Wunden geschlagen und auf schreckliche Weise Lücken gerissen» – in Deutschland, Europa und weltweit. «Und wir wissen: Sie ist noch immer nicht vorbei.» Zugleich verbreitete er Zuversicht: «Wir werden die Pandemie hinter uns lassen!» Tag für Tag erreichten mehr Menschen durch die Impfung das rettende Ufer: «Wir werden uns als Menschen wieder nahe sein, und als Gesellschaft wieder vereint», betonte der Bundespräsident. News4teachers / mit Material der dpa
