MÜNSTER. Im Zusammenhang mit der Testpflicht in Schulen kämpft das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht mit einer Klagewelle. Nach Angaben einer OVG-Sprecherin Gudrun Dahme gab es bei keinem anderen Corona-Thema in kurzer Zeit so viele Eingänge von Bürgern. Auch in anderen Bundesländern gibt es entsprechende Verfahren.
Anfang der Woche hatte sich eine Schule in freier Trägerschaft aus dem Kreis Euskirchen an das OVG gewandt. Bis Mittwoch waren dann neun Klagen von Schülern gegen die Testpflicht in Münster eingegangen. Bis Freitagmittag (Stand 13.00 Uhr) folgten rund 30 weitere sogenannte Normenkontroll-Eilverfahren. Insgesamt haben sich jetzt 50 Schüler, die von ihren Eltern vertreten werden, an die obersten NRW-Verwaltungsrichter gewandt. Zum Teil klagen demnach in einem Verfahren mehrere Geschwisterkinder.
Als Klagegründe werden die fehlende Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz, Unverhältnismäßigkeit, Datenschutz, die psychische Belastung für die Schüler und die für Kinder ungeeigneten Testkits angeführt. Die Klagen kommen von Schülerinnen und Schülern aus ganz Nordrhein-Westfalen.
«Die Vielzahl der Verfahren ist umso erstaunlicher, als es sich um Normenkontrollverfahren handelt, bei denen eigentlich ein Verfahren zur Klärung der Rechtslage reicht», erklärt Gerichtssprecherin Dahme. «Wenn das OVG entscheiden würde, dass der Schulausschluss bei fehlendem Testnachweis verfassungswidrig und die Regelung deshalb vorläufig außer Vollzug zu setzen ist, dann würde das für alle Schüler in NRW gelten», erklärt die Vorsitzende Richterin auf Anfrage.
Das sei die Besonderheit des Normenkontrollverfahrens und anders als bei Allgemeinverfügungen, etwa den zurzeit viel diskutierten Ausgangsbeschränkungen im Märkischen Kreis oder im Kreis Siegen-Wittgenstein. «Dort wirken die stattgebenden Entscheidungen des VG Arnsberg nur zugunsten der einzelnen klagenden Bürger.»
Das OVG beabsichtigt, in der Woche ab dem 19. April über die Rechtmäßigkeit der Testpflicht zu entscheiden
Schüler, die keinen negativen Nachweis vorweisen können und einen Corona-Test verweigern, müssen nach Vorgaben des Landes vom Unterricht ausgeschlossen werden. Derzeit gibt es in NRW mit Ausnahmen der Abschlussklassen seit den Osterferien allerdings keinen Präsenzunterricht. Ab der kommenden Woche gilt ein Wechselmodell aus Distanz- und Präsenzunterricht. Das OVG beabsichtigt, in der Woche ab dem 19. April über die Frage zu entscheiden. Noch liegt aber eine angeforderte Stellungnahme des Landes nicht in Münster vor. Die Frist dafür lief am Freitag ab.
Ein Eilantrag eines Schülers gegen die Testpflicht an Brandenburger Schulen ist vor Gericht erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) lehnte es ab, die Maßnahme in der aktuellen Eindämmungsverordnung des Landes vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Vorschrift regelt, dass ab kommendem Montag der Zutritt zu Schulen und damit auch die Teilnahme am Präsenzunterricht nur nach Vorlage eines negativen Corona-Tests gestattet ist, soweit die Schulen über eine hinreichende Anzahl an Testmöglichkeiten verfügen. Der Schüler hatte seinen Antrag damit begründet, dass diese Regelung im Infektionsschutzgesetz keine hinreichende Grundlage finde.
Zur Begründung für seinen Beschluss hieß es am Mittwoch vom Gericht, mit Blick auf das gegenwärtige Pandemiegeschehen in Deutschland spreche alles dafür, dass der Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen diesen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit rechtfertige. Die Ungleichbehandlung zwischen getesteten und nicht getesteten Schülern sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weil die Verbindung des Präsenzunterrichts mit der Vorlage eines aktuellen negativen Testergebnisses zur Eindämmung der Pandemie beitrage.
In Sachsen-Anhalt musste die Testpflicht an Schulen ausgesetzt werden – aber nur für eine Woche
An den Schulen in Sachsen-Anhalt war in dieser Woche die Testpflicht ausgesetzt worden. Hintergrund war Angaben des Bildungsministeriums zufolge ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg (Az.: 7 B 80/21 MD). Wie die «Magdeburger Volksstimme» unter Berufung auf einen Gerichtssprecher berichtete, hatten die Richter dem Eilantrag von Eltern eines Grundschülers statt. Danach muss die Schule dem Kind vorerst auch dann Zugang gewähren, wenn es sich einem Schnelltest verweigert. Der Beschluss erfolgte offenbar nur aus formalen Gründen, weil die Verpflichtung für Schulen, ungetestete Schüler zurückzuweisen, noch nicht per Rechtsverordnung des Landes erlassen war. Nach Angaben des Ministeriums soll das aber Anfang kommender Woche erfolgt sein. News4teachers / mit Material der dpa
