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„Gehen Sie doch selbst in die Schule – ohne Impfung, ohne Luftfilter“: Ein Lehrer rechnet mit seiner Bildungsministerin ab. Und kündigt.

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POTSDAM. Lehrkräfte sind empört: Brandenburgs Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD) hat eine vollständige Öffnung der Schulen für den Präsenzunterricht noch vor den Sommerferien in Aussicht gestellt, sollten sich die Inzidenzzahlen positiv entwickeln – (mal wieder) ohne konkret auf den Gesundheitsschutz für Schüler und Lehrkräfte einzugehen. Einem der davon betroffenen Pädagogen reicht es jetzt. Im Leserforum von News4teachers kündigt er an, dass er den Schuldienst jetzt verlassen wird. Nach 20 Jahren. Wir dokumentieren das Schreiben.

“Hat sich IRGENDWAS an den Schulen in Bezug auf den Infektionsschutz verbessert?” Illustration: Shutterstock

WiMoKa, 18. Mai 2021, um 20.05 Uhr

Man mag es nicht mehr wahrhaben: Kaum ein Lehrer in Brandenburg ist vollständig geimpft, meine Kollegen (weiterführende Schule) haben zum Teil noch nicht mal die erste Impfung erhalten, und Frau Ministerin will alle in die Schule zurückholen.

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Hab‘ ich irgendwas verpasst? Nicht mitbekommen, dass die Heinzelmännchen (und -frauchen) heimlich übers Wochenende unsichtbare Luftfilter eingebaut haben? Absauganlagen installierten? FFP2-Masken für Lehrkräfte und SchülerInnen bereitgelegt haben? Irgendwas gemacht haben, was in Punkto Infektionsschutz über ‘ne Anleitung „Wie lüfte ich richtig“ hinausgeht? Hat sich IRGENDWAS an den brandenburgischen Schulen in Bezug auf den Infektionsschutz verbessert, was das uneingeschränkte Öffnen rechtfertigen würde?

Empathie- und verantwortungslos gegenüber den anvertrauten Kindern, Jugendlichen und Angestellten

Wir hatten das Spiel jetzt dreimal: Schule auf – Zahlen gehen hoch; Schule zu – Zahlen gehen runter. Wie intellektuell unflexibel muss man denn sein, um auch ein viertes Mal bei unveränderten Ausgangsbedingungen ein anderes Ergebnis zu erwarten? Und was ich langsam noch erschreckender finde: Es scheint Voraussetzung für den Job als BildungsministerIn in Brandenburg zu sein, empathie- und verantwortungslos gegenüber den anvertrauten Kindern, Jugendlichen und Angestellten zu sein.

Frau Ernst hat nichts, aber auch gar nichts unternommen, um die Schulen so zu gestalten, dass Unterricht infektionsarm in Präsenz bzw. Vollpräsenz stattfinden kann. Es gibt diese Möglichkeiten, Frau Ernst, und Sie kennen sie. Sie ignorieren jedoch jeden, der Sie darauf hinweist. Weil‘s nichts kosten soll, und weil es Arbeit machen würde. Wir produzieren Müllberge mit ineffektiven Schnelltests, damit das Land nicht in Luftfilter investieren muss. Was Sie durch Ihr (Nicht-)Handeln erreichen, ist (bezogen auf meine Person) ein Abwandern der qualifizierten Lehrkräfte in andere Berufe. Ich habe Mathematik und Informatik studiert und mich permanent fortgebildet. Ich habe gern als Lehrkraft gearbeitet, über 20 Jahre.

Ich weigere mich aber, unter einer Leitung zu arbeiten, die sich feige in ihrem luftgefiltertem Büro verkriecht, während sie ihre Angestellten ungeschützt der Infektionsgefahr während einer Pandemie aussetzt und deren Probleme als nichtexistent abtut.

Ich sehe mich nach anderen Berufsfeldern um, und glauben Sie mir: Es gibt genug

Und damit bin ich raus. Ich sehe mich nach anderen Berufsfeldern um, und glauben Sie mir: Es gibt genug für mich. Gehen Sie einfach selbst in die Schulen und lernen Sie, zu unterrichten. Nehmen Sie am besten Ihr ganzes Ministerium mit: Sie werden jede Hand brauchen.

Sorry, liebe SchülerInnen, dass ich Euch dem aussetze, aber seid versichert: Die halten nicht lange durch! News4teachers

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