Website-Icon News4teachers

Normalbetrieb in Schulen noch vor dem Sommer? Immer mehr Schüler kehren in den Präsenzunterricht zurück – RKI warnt nach wie vor

Anzeige

BERLIN. In bundesweit immer mehr Städten und Landkreisen kehren Schülerinnen und Schüler zurück in den Präsenzunterricht. Nicht überall verlief das reibungslos. Wer muss wann in die Schule? Das war am Montag beim Start der Schulöffnungen in Mecklenburg-Vorpommern mancherorts unklar. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) hält angesichts der Entwicklung einen normalen Schulbetrieb vor den Sommerferien für möglich. Der Bundesgesundheitsminister allerdings warnt.

Verdünnisiert sich das Coronavirus? Das RKI warnt nach wie vor. Illustration: Shutterstock

„Es scheint gemeinsam zu gelingen, die dritte Welle zu brechen. Doch noch sind die Infektionszahlen zu hoch“, heißt es in einem aktuellen Schreiben, in dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine Ministerkollegen in den Ländern warnt – trotz der aktuell sinkenden Zahl von Neuinfektionen. „Wenn zu viel zu schnell gelockert wird und die gegenseitige Vorsicht nachlässt, bestehen enorme Risiken für erneut stark steigende Infektionszahlen“, schreibt Spahn darin. Viele Länder lockern trotzdem. Was auch immer mehr Schulen betrifft.

Die ersten Öffnungsschritte an den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern sind am Montag allerdings nicht ohne Ruckeln verlaufen. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald lag es an einer Informationspanne: Viele Eltern von Kindern der Klassenstufen eins bis sechs wurden davon überrascht, dass dort kein Präsenzunterricht, sondern doch nur Wechselunterricht stattfindet. Für Verwirrung sorgte auch Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) auf ihrem Facebook-Kanal, wo sie am Sonntag zunächst erklärte, nur im Landkreis Ludwigslust-Parchim hätten die Kinder bis Klasse sechs ab Montag noch nicht Präsenzunterricht. Tatsächlich gilt dies ebenfalls für Vorpommern-Greifswald und den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Inzwischen ist der Post gelöscht.

Anzeige

Hintergrund des Durcheinanders in Vorpommern-Greifswald war das knappe Überschreiten der Sieben-Tage-Inzidenz von 100 in dem Kreis auf Basis der Zahlen des Robert Koch-Instituts am Stichtag Mittwoch letzter Woche. Das RKI meldete eine Inzidenz von 100,6 für Vorpommern-Greifswald. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus), das schneller ist, meldete diesen Wert am Dienstagnachmittag und am Mittwochnachmittag dann 98. Offenbar war nicht allen klar, dass die RKI-Zahlen entscheidend sind.

Normalbetrieb noch vor den Sommerferien? «Also, wenn das so weitergeht, dann kann ich mir das durchaus vorstellen»

Ein Sprecher des Bildungsministeriums erklärte dazu, dass am vergangenen Dienstag ein Entwurf der Landesverordnung zur Schulöffnung am 17. Mai an die Schulen verschickt worden sei. Darin sei als Basis für Öffnungsentscheidungen der Inzidenzwert des Lagus genannt gewesen. Am Mittwoch seien dann aber in der letztlich geltenden Verordnung die RKI-Zahlen als Basis festgelegt worden. Der Landesschulrat habe die Schulämter darüber noch am selben Tag informiert. Auf der Internetseite des Ministeriums wurde die Verordnung dem Sprecher zufolge am Freitag veröffentlicht. Da wegen des Himmelfahrtswochenendes schulfrei war, hat das offensichtlich nicht jeder mitbekommen.

Auch in anderen Bundesländern lief der Präsenzunterricht wieder an – so in Hamburg. An den Schulen der Hansestadt kehrten mit Wochenstart alle Jahrgänge zurück in die Klassenräume. Die Kinder und Jugendlichen werden dort nun im Wechsel unterrichtet. 40 Prozent der rund 200.000 Schüler der allgemeinbildenden Schulen – konkret die Jahrgangsstufen 7, 8, 11 und 12 an den Stadtteilschulen und 7, 8, 9 und 11 an den Gymnasien – mussten bisher ausschließlich zu Hause lernen.

Kinder und Eltern können das Angebot wahrnehmen, sind dazu aber nicht verpflichtet, da die Präsenzpflicht laut Schulbehörde weiterhin aufgehoben ist. Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass weniger als zwei Prozent aller Eltern von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen, hieß es. Zudem wechseln die Hamburger Kitas vom Not- in den eingeschränkten Regelbetrieb. Damit können die Mädchen und Jungen an mindestens drei Tagen in der Woche eine Betreuung von 20 Stunden in Anspruch nehmen.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hält mit Blick auf die sinkende Sieben-Tage-Inzidenz normalen Unterricht noch vor den Sommerferien für möglich. «Also, wenn das so weitergeht, dann kann ich mir das durchaus vorstellen. In einzelnen Bundesländern hat man ja schon solche Schritte gemacht. Aber wir müssen das nochmal genauer angucken», sagte im Norddeutschen Rundfunk. Die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, lag in Hamburg am Wochenende der Gesundheitsbehörde zufolge bei 53,2.

In Rheinland-Pfalz sollen die Schulen nach den Pfingstferien noch zwei Wochen im Wechselunterricht bleiben und dann wieder grundsätzlich zum Unterricht in den Klassenräumen zurückkehren. «Ab dem 21. Juni 2021 öffnen wir so viel wie möglich», teilte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Montag mit. «Danach findet für alle Klassen- und Jahrgangsstufen Präsenzunterricht statt, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in den kreisfreien Städten und Landkreisen stabil unter 100 liegt.»

«Alle Schülerinnen und Schüler können das Schuljahr bis zu den Sommerferien so gemeinsam abschließen»

Rheinland-Pfalz sei mit landesweit zurückgehenden Infektionszahlen auf einem sehr guten Weg, meinte Hubig. Im Anschluss an die bis zum 2. Juni dauernden Pfingstferien seien daher zwei Öffnungsstufen vorgesehen. In einem ersten Schritt werde in allen Jahrgangsstufen der Wechselunterricht fortgesetzt, bis zum 18. Juni. Danach könnten alle Schülerinnen und Schüler bei einer Inzidenz von «stabil unter 100» in die Klassenräume zurückkehren. «Alle Schülerinnen und Schüler können das Schuljahr bis zu den Sommerferien so gemeinsam abschließen», teilte Hubig mit.

Diese Planungen seien mit Experten der Universitätsmedizin Mainz abgestimmt, fügte die Ministerin hinzu. Das Vorgehen sei auch mit Personalräten, Landeselternbeirat und der Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler besprochen worden. Der weit überwiegende Teil der Lehrkräfte wurde nach Angaben des Ministeriums mindestens einmal geimpft. Die Auswertung des Landesuntersuchungsamts habe bestätigt, dass die Hygienekonzepte an den Schulen «sehr wirksam» sind, so erklärte die Bildungsministerin.

Warum die Schulen dann überhaupt für den Präsenzunterricht geschlossen worden waren und das Robert-Koch-Institut nach wie vor bundesweit Ausbrüche in Schulen registriert, erklärte Hubig hingegen nicht. Wörtlich heißt es im aktuellen Corona-Lagebericht des RKI: «Covid-19-bedingte Ausbrüche betreffen insbesondere private Haushalte, aber auch das berufliche Umfeld sowie Kitas und Schulen.»

In Sachsen heben Landkreise angesichts sinkender Corona-Infektionszahlen bereits den Wechselunterricht auf – und nehmen Schulen stattdessen in die volle Präsenz. Wie das Kultusministerium am Montag mitteilte, kehren die Schulen im Vogtland sowie im Landkreis Nordsachsen ab Mittwoch in den sogenannten „eingeschränkten Regelbetrieb“ zurück. Nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz dort stabil unter der kritischen Schwelle von 100 liegt, gilt in den Regionen nicht mehr die Bundes-Notbremse, sondern die sächsische Corona-Schutzverordnung. Und das bedeutet: Unterricht in voller Besetzung – in Grundschulen sogar ohne Maskenpflicht.

RKI: «Anhaltende Viruszirkulation (…) mit zahlreichen Ausbrüchen in Privathaushalten, Kitas und zunehmend auch in Schulen»

Ist die Pandemie also praktisch vorbei? Das Robert-Koch-Institut warnt nach wie vor. Es schätzt aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland «insgesamt als sehr hoch» ein. Wörtlich heißt es im Lagebericht: «Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung mit zahlreichen Ausbrüchen in Privathaushalten, Kitas und zunehmend auch in Schulen sowie dem beruflichen Umfeld erfordert die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen, insbesondere die regelmäßige und intensive Lüftung von Innenräumen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten.» News4teachers / mit Material der dpa

Nach Corona: Mit diesen Kultusministern ist kein Staat mehr zu machen

Anzeige
Die mobile Version verlassen