STUTTGART. Der Landeselternbeirat Baden-Württemberg hat die nach wie vor strengen Corona-Regeln für schwangere Lehrerinnen scharf kritisiert und als ungerechtfertigte Privilegien bezeichnet. «Warum stellt man eigentlich bei Lehrern immer Fragen, die sich eigentlich aus dem Rest der Gesellschaft ableiten lassen sollten?», sagte der Vorsitzende Michael Mittelstaedt in Stuttgart. Eine Warnung des Robert-Koch-Instituts ficht ihn nicht an – genauso wenig wie zuvor die Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).
Auch Frauen an der Supermarktkasse, in Arztpraxen und sonstigen Berufen arbeiteten mit wechselndem Publikumsverkehr und dürften nicht nach Hause. «Sollte man diese Privilegien aus längst vergangenen Zeiten nicht zügig überarbeiten?» Die Corona-Pandemie werde nun endemisch, zudem sei eine Schulklasse eine recht homogene Gruppe, sagte er. «Warum gibt es ausgerechnet für Lehrer eine Sonderregel? Das erschließt sich keinem mehr.»
Die Regierungspräsidien im Baden-Württemberg halten weiter an den strengen Regeln aus der Corona-Zeit fest, wonach schwangere Lehrerinnen pandemiebedingt nicht in Präsenz unterrichten dürfen. Die Regierungspräsidien verweisen auf das Robert Koch-Institut, dass das Risiko für Schwangere weiterhin als hoch einstufe. Bildungsverbände wie die GEW sind ebenfalls für eine Beibehaltung der strengeren Regeln.
Mit Blick auf die Warnung des RKI sagt die Kultusministerin: «Da hätte ich gern eine andere Einschätzung»
Kultusministerin Theresa Schopper pocht jedoch auf eine Rückkehr zur alten Mutterschutz-Regelung vor Corona und begründet das mit dem Personalmangel an Schulen. «Das haut bei Grundschulen immens rein», sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in Stuttgart zum Ausfall der schwangeren Lehrkräfte. Viele Schwangere wollten zudem unterrichten. «Da hätte ich gern eine andere Einschätzung», sagte sie in Richtung des Robert Koch-Instituts. Es dürfe keine Pathologisierung der Schwangerschaften von Lehrkräfte vorgenommen werden. Eine Schwangerschaft sei keine Krankheit. News4teachers / mit Material der dpa
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt zum Thema Schwangerschaft und Corona:
“Generell ist das Risiko für schwere Krankheitsverläufe für Frauen im gebärfähigen Alter zwar gering. Bei einer Schwangerschaft ist das Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 jedoch erhöht. Dies gilt besonders, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen, wie zum Beispiel starkes Übergewicht (Adipositas), Bluthochdruck oder Diabetes.
Hinsichtlich möglicher Auswirkungen einer Infektion der Mutter auf das Ungeborene lassen sich bislang keine gesicherten Aussagen machen. In Untersuchungen wurde bei mit SARS-CoV-2 infizierten Schwangeren eine höhere Rate an Frühgeburten beobachtet, wobei unklar ist, ob krankheitsbedingt oder aufgrund anderer Ursachen.”
Lehrermangel: Kultusministerin will schwangere Lehrerinnen trotz Corona-Risiko unterrichten lassen
