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Trotz Lehrermangels: Kultusministerin schickt befristet angestellte Lehrer über den Sommer (wieder) in die Arbeitslosigkeit

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STUTTGART. Aus dem Klassenzimmer in die Arbeitslosigkeit: Auch unter Kultusministerin Schopper werden befristet angestellte Lehrer in Baden-Württemberg über den Sommer entlassen. Die drohen deshalb in andere Bundesländer abzuwandern. Zur Erinnerung: Erst vor zwei Wochen sorgte die Grünen-Politikerin für Schlagzeilen, weil sie trotz des hohen Corona-Risikos schwangere Lehrerinnen wieder in den Präsenzunterricht bringen wollte – wegen des Lehrermangels.

Tausende von Lehrkräften in Baden-Württemberg müssen sich über die Sommerferien arbeitslos melden. Foto: Shutterstock / Michael von Aichberger

Corona ist für Schwangere besonders gefährlich. Deshalb durften sie in der Pandemie auch nicht mehr in Präsenz unterrichten. Baden-Württembergs Kultusministerin will an der Regelung rütteln – sie sorgte vor zwei Wochen für Schlagzeilen (und Widerspruch sogar von den zuständigen Regierungspräsidien im Land), als sie forderte, wieder zur früheren Regelung der Einzelfallprüfung zurückzukehren. Wegen des Lehrermangels.

«Dass schwangere Lehrerinnen fast komplett für den Präsenzunterricht ausfallen, stellt uns insbesondere an den Grundschulen vor große Herausforderungen», sagte Schopper, wie News4teachers berichtete. «Wenn Lehrerinnen schwanger werden, fallen sie sehr plötzlich aus. Sie stehen uns von dem einen auf den anderen Tag nicht mehr für den Präsenzunterricht zur Verfügung – und dies für eine längere Zeit.»

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«Das fehlende Handeln der Landesregierung fördert ganz klar die Abwanderung von Lehrkräften in andere Bundesländer»

Schopper befand: «Eine Schwangerschaft ist ja keine Krankheit, nur ein Zustand – und auch ein schöner.» Deshalb sollte man die Corona-Regelung aufheben. «Natürlich muss man die medizinische Expertise zu dieser Frage einbeziehen, aber ich würde mir schon wünschen, dass wir schwangere Lehrerinnen und auch Erzieherinnen wieder mehr im Präsenzbetrieb einsetzen können.» Sie sei deshalb in Kontakt mit den zuständigen Stellen.

Auf der anderen Seite ist der Lehrermangel aber offenbar nicht so schlimm, dass die Kultusministerin – anders als die meisten anderen Bundesländer – eine Praxis beenden würde, die den Schuldienst in Baden-Württemberg für viele Lehrkräfte nicht besonders attraktiv erscheinen lässt: Sie werden über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt, obwohl sie zum nächsten Schuljahr wieder gebraucht werden. Für die Weiterbezahlung über den Sommer seien gar keine Haushaltsmittel da, sagte Schopper am Dienstag in Stuttgart. Man werde die befristeten Lehrkräfte nicht durchbezahlen.

Man werde aber bestimmten Lehrern, die schon lange an Schulen tätig seien, bei der Entfristung von Verträgen entgegenkommen. Die Zeiträume für eine Entfristung würden etwa im sonderpädagogischen Bereich verkürzt. Nach 30 Monaten im Schuldienst und bei sonstiger Eignung kann nach Angaben eines Ministeriumssprechers ein entsprechender Antrag gestellt werden. Im Einstellungsjahr 2020 betrug die Mindestdauer für eine Entfristung noch 48 Monate.

Teils hätten solche Lehrer über Jahre Kettenverträge, kritisierte Schopper. Es handle sich aber nur um eine kleine Gruppe Betroffener, 97 Prozent der Lehrer seien im Angestelltenverhältnis oder verbeamtet.

Die Opposition zeigte sich erbost und enttäuscht, dass die grün-schwarze Regierung weiter an der Praxis festhält. Stefan Fulst-Blei, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: «Das fehlende Handeln der Landesregierung fördert ganz klar die Abwanderung von Lehrkräften in andere Bundesländer, die funktionierende Regelungen zur Weiterbeschäftigung über den Sommer haben. Und das in Zeiten, in denen Lehrkräfte dringend gebraucht werden.» Statt um sie zu werben, verprelle die Landesregierung sie weiter. Es brauche endlich Angebote zur Weiterbildung und die Bereitstellung finanzieller Mittel. Baden-Württemberg werde zum «Auswanderungsland für Lehrkräfte».

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Das halte ich für eine Riesensauerei und übrigens auch für dumm“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte bereits 2019 die Praxis einiger Bundesländer wie Baden-Württemberg und Bayern kritisiert, angestellte Lehrer vor den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. „Das halte ich für eine Riesensauerei und übrigens auch für dumm“, sagte Heil seinerzeit. „Wir haben einen enormen Lehrermangel, Bundesländer jagen sich gegenseitig das Personal ab.“ Wenn Lehrer schlechte Bedingungen vorfänden, würden sie abgeschreckt, anstatt sie für den Beruf zu begeistern. „Ich erwarte, dass die Länder damit grundsätzlich aufhören“, sagte Heil. Zugleich erklärte er, viele Bundesländer hätten diese Methode inzwischen abgestellt (News4teachers berichtete).

Baden-Württemberg gehört augenscheinlich nicht dazu. News4teachers / mit Material der dpa

Kultusministerin hält das für normal: Nach dem Referendariat erst einmal arbeitslos

 

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