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Von wegen faul: Wie viel ein Lehrer wirklich arbeitet (wenn’s gut läuft) – ein News4teachers-Leserkommentar

DÜSSELDORF. “Mission Impossible: Der Lehrerberuf leidet an überzogenen Erwartungen – nicht an fehlenden Leistungsprämien”, so hatte News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek unlängst kommentiert (hier geht’s hin) – und daraufhin viele Zuschriften von Leserinnen und Leser, die meisten davon Lehrkräfte, erhalten. Exemplarisch veröffentlichen wir hier noch einmal einen Post von Lehrer “Schattenläufer”, der auf breite Zustimmung gestoßen ist. Kein Wunder: Der sachliche, aber engagierte Beitrag macht die Belastung, unter der die Kollegien leiden, besonders anschaulich.

Lehrer “Schattenläufer” ärgert sich über das Bild von Lehrkräften in Teilen der Öffentlichkeit. Illustration: Shutterstock

Schattenläufer, 18. Dezember 2022

Es existiert eben das Bild vom faulen Lehrer. Morgens von 8 bis 12 zur Schule und dann frei. Die Politik pflegt dieses Bild aus Unwissenheit und weil es bequem ist. Es würde mich wundern, wenn ein Minister der KMK wüsste oder auch nur wissen wollte, wie die Arbeitsbelastung von Lehrerinnen und Lehrern wirklich ist:

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Alle aufgezählten Punkte sind jedoch rein theoretisch. Zunächst setzt es mal große Routine voraus, die Arbeiten in dieser Zeit auch zu schaffen. Das macht bei Berufsanfängern natürlich mehr Zeit und Stress.

Ein weiterer Punkt zur Einhaltung der Zeiten ist die Voraussetzung, dass auch alles klappt. Die Mahnungen, die raus müssen, brauchen zum Erstellen etwa 1 Stunde. Wenn die EDV auf dem normalen Schulstandard ist – und nichts funktioniert -, werden daraus schon mal zwei Stunden und mehr.

Außerdem weiß eben jeder aus der “Bild” und von unseren Dienstherren, dass wir eigentlich nichts zu tun haben. Eltern rufen schon mal gerne mehrfach an, um unbedingt einen Gesprächstermin nach 15 Uhr zu erzwingen. Zu dem Termin kommt dann aber niemand. Was soll’s. Ist doch nur ein fauler Lehrer. Der hatte ja eh Zeit.

Dann kommt noch der legendäre Stuhl für jedermann dazu (das nimmt Bezug auf Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die mit Blick auf die vielen Flüchtlingskinder, die in die Schulen kommen, lapidar erklärt hatte: “Wenn in jeder Klasse ein zusätzlicher Stuhl steht für ein Kind mit entsprechender Ausstattung, ist das zu verkraften”, d. Red.). Der Lehrer kann jetzt entscheiden, ob ihm das egal ist – oder ob er Unterrichtsvorbereitung intensiviert, um dem Schüler ohne ausreichende Sprachkenntnisse gerecht zu werden.

Dazu kommen natürlich auch Vertretungen und Mitaufsichten für momentan massenhaft erkrankte Kollegen.

Der Unterricht selbst ist auch eine Augenweide. Volle Klassen, man bereitet den Einsatz der neuen Medien mit viel Aufwand vor – und hat dann kein WLAN.

Die Schülerinnen und Schüler brachten früher Grundkenntnisse mit. Zählen, Kenntnis erster Buchstaben, Manieren wie „Bitte“ und „Danke“, Wochentage, Monate, wie viele Tage hat ein Jahr. Was bringen SuS heute mit? Ein Handy und das Bewusstsein, dass sie selbst hochbegabt sind – und der Lehrer sie eh nicht fördern kann, weil er dazu zu dumm ist.

Darauf packt man jetzt einen Berg von extrem „wichtigen“ Zusatzinhalten. Friede, Umwelt, Berufsberatung, Ökonomie, Gleichberechtigung, Antisemitismus, LGBTQ, Gesundheit, Sucht, Demokratie… Diese soll der Lehrer dann auch noch mit erledigen. Natürlich ohne den normalen Unterrichtsstoff zu vernachlässigen. Am Besten nach der regulären Unterrichtszeit. Vorbereitung sollte natürlich auch sein. Umfassend.

Ich hoffe, der eine oder andere versteht jetzt ein gewisses Gefühl der Überlastung.

Leserin “dauerlüfterin” antwortet: Stimme zu. Ergänzung: Am Gymnasium mit Korrekturfächern träumt man von drei Stunden Korrekturzeit pro Klassensatz, m. E. spätestens ab Mittelstufe!

Schattenläufer: Zugegeben, ich hab große Blöcke mit vielen Stunden in wenigen Klassen.Ich habe technische Fächer, keine Sprachen. Ich habe halt nur von meinem Erfahrungshorizont berichtet. So gesehen ist der von mir beschriebene Aufwand eher noch moderat. News4teachers

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