STUTTGART. Textroboter und Videoschalten, Scanner und Smartboards: Die baden-württembergischen Schulen benötigen aus Sicht der Kommunen deutlich mehr Geld aus der Landeskasse, um die noch schleppende Digitalisierung zu beschleunigen. «Dieses Jahrzehnt soll als die Dekade der Schulmodernisierung in die Geschichte eingehen», sagte der Vize-Präsident des Städtetags, Michael Makurath, am Freitag beim Bildungskongress in Stuttgart im Rahmen der didacta. Ministerpräsident Wilfried Kretschmann (Grüne) konterte: Er erwarte, dass die Kommunen Bildung zu ihrem Top-Thema machen – und selbst Geld dafür in die Hand nehmen.
«Wir brauchen die ganze Dekade, um unsere Schulen weiter digital zu modernisieren und den Masterplan dafür samt dem notwendigen Geld», sagte der Ditzinger Oberbürgermeister Makurath. «Beides fehlt derzeit.» Die Digitalisierung der Schulen stehe erst am Anfang. «Die dafür investierten Milliardenbeträge waren sinnvoll – das bleibt diese Investition aber nur, wenn die Finanzierung auch fortgesetzt wird», sagte Makurath. «Der Fortschritt wartet aber nicht auf uns.»
Land und Kommunen müssten einen Ausbauplan für die Digitalisierung aufstellen. Problematisch sei vor allem die Ausstattung der Lehrkräfte mit Geräten wie Laptops. «Wir sind bereit weiterzumachen, brauchen aber für diese Riesenaufgabe bei 130 000 Lehrkräften eine seriöse Finanzierung», sagte Makurath. Ein noch größerer Brocken seien die Geräte für 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler im Land.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper (beide Grüne) gingen in ihren Reden nicht direkt auf die Forderungen nach Investitionen ein, sprachen aber beide von einer Partnerschaft von Land und Kommunen. «Die Kommunen sind unsere Partner, wenn es um die Schulen geht», sagte Schopper. Es sei sinnvoll, dass sich die Schulträger – also die Kommunen – um Laptops und Tablets kümmerten, da sie die Infrastruktur vor Ort kannten und neue Geräte passend auswählen und integrieren könnten. Die Ministerin sagte aber auch zu, mit den Kommunen im Gespräch zu bleiben.
«Ich verbinde damit auch die klare Erwartung, Schule und Bildung hoffentlich zum absoluten Top-Thema in allen Kommunen unseres Landes machen»
Kretschmann sprach von einer «Verantwortungsgemeinschaft» und ergänzte: «In der müssen wir in allen Fragen der Schulentwicklung gemeinsam nach guten Lösungen suchen.» Dabei geht es ihm zufolgen nicht nur um Technologien, Tools und Infrastruktur. «Das ist alles unverzichtbar und da hängen wir uns richtig rein», sagte Kretschmann. «Aber im Kern geht es darum, junge Menschen zu befähigen, ihr Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.»
Auch im digitalen Zeitalter gelte: «Die Pädagogik führt.» Zahlreiche Kompetenzen würden nun mal nicht einfach von Algorithmen übernommen: «Empathie, Kreativität, Urteilskraft, kritisches Denken, Handlungsorientierung.» Er begrüße es, dass die kommunalen Landesverbände die 2020-er Jahre zur «Dekade der Schulmodernisierung» ausgerufen hätten, sagte Kretschmann. «Ich verbinde damit auch die klare Erwartung, Schule und Bildung hoffentlich zum absoluten Top-Thema in allen Kommunen unseres Landes machen.»
Aus Sicht der Bildungsgewerkschaften zeigt die Diskussion um die Finanzierung von Lehrerleihgeräten an den Schulen allerdings auch, dass der Wille zur Modernisierung seine Grenzen hat. «Die Bundesmittel sind verbraucht», sagte der Bundes- und Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. «Das Land betrachtet die Ausstattung mit den Geräten als Aufgabe der Kommunen, also der Schulträger, und die Kommunen als Aufgabe des Arbeitgebers, also des Landes.» Am 30. Juni laufe die Finanzierung aus – und kein Lehrer erhalte ein digitales Leihgerät, um damit zu unterrichten und die Schule fit für das digitale Zeitalter zu machen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte den Streit unsäglich. «Die Sachmitteletats vieler Schulträger sind so gering, dass unsere Kinder und Jugendlichen mit veralteten Schulbüchern und Lernmitteln auf eine Zukunft vorbereitet werden sollen, die mit dem Klimawandel vielleicht eine der größten Herausforderungen dieses Jahrhunderts zu bewältigen hat», sagte die Landesvorsitzende Monika Stein. News4teachers / mit Material der dpa