„Schulschwatz, der Bildungstalk!“ Neue Folge des News4teachers-Podcasts: Ist die Inklusion noch zu retten?

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DÜSSELDORF. Das Thema Inklusion hat in letzter Zeit (wieder mal) für viel Wirbel gesorgt. So sind Kritikern zufolge Inklusion und Integration verantwortlich für die schlechten Leistungen der Viertklässlerinnen und Viertklässler, die die IQB-Studie dokumentiert. Ist die Inklusion an Deutschlands Schulen also gescheitert? In der neuen Folge des Podcasts „Schulschwatz“ sprechen News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek und Prof. Ines Oldenburg mit Clemens Hillenbrand, Professor am Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg, über die Möglichkeiten und Herausforderungen von Inklusion an Deutschlands Schulen.

Obwohl Deutschland sich zu einem „integrativen Schulsystem“ verpflichtet hat, sinkt der Anteil der Schülerinnen und Schüler in Förderschulen seit Jahren kaum. Illustration: ShutterstockIst der Begriff Sonderpädagogik überhaupt noch zeitgemäß? Clemens Hillenbrand erläutert, dass es in der Pädagogik immer schon verschiedene Bereiche und Spezialisierungen gegeben hat. Dazu gehören zum Beispiel die Sozial- oder Grundschulpädagogik. Der Begriff Sonderpädagogik sei in der Tat zu überdenken. Es sei aber wichtig, dass es in der Pädagogik einen Bereich gäbe, der Menschen mit Behinderungen in den Blick nimmt. Auf internationaler Ebene spricht man eher von Special Education.

Andrej Priboschek führt an, dass das Institut für Menschenrechte die Fortschritte in der Inklusion an Deutschlands Schulen bemängelt. Es müsse mehr Fortschritte auf diesem Gebiet geben – fordern die Staatsrechtler mit Blick auf die von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention, die ein „integratives Bildungssystem auf allen Ebenen“ verlangt.

„Die Inklusion ist ein politischer Auftrag und ist nicht ausschließlich auf die Schule zu reduzieren“, erläutert Clemens Hillenbrand. „Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ist Inklusion in Deutschland seit 2009 gesetzlich verankert. Sie betrifft daher die gesamte Gesellschaft in allen sozialen Bereichen. Inklusion ist eine Möglichkeit der Teilhabe.“ Es sei falsch, so Hillenbrand weiter, alle Lösungen für grundsätzliche gesellschaftliche Fragen in der Schule finden zu wollen.

„Der Auftrag von inklusiver Bildung ist es, allen Bedarfen gerecht zu werden. Diesem Ideal kann man aber nur schrittweise näherkommen“

Ines Oldenburg betont, dass die Schulen schon jetzt mit vielen Herausforderungen konfrontiert seien. Dazu gehörten beispielsweise zu große Klassen oder ein Zuwachs an Flüchtlingskindern an den Schulen ohne Deutschkenntnisse. Wie kann da Inklusion gelingen, ohne eine Überlastung für das Bildungssystem zu sein?

„Der Auftrag von inklusiver Bildung ist es, allen Bedarfen gerecht zu werden“, erläutert Clemens Hillenbrand. „Diesem Ideal kann man aber nur schrittweise näherkommen.“ Bis zum Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland war das Leben von Menschen mit Behinderungen ein Randthema. Nun sei es in der Mitte der Gesellschaft angekommen, so Hillenbrand – und das schließe auch den Unterricht mit ein. Dies sei schon mal ein großer Erfolg der Bewegung, betont der Inklusionsexperte.

Es müssen nun bewusst weitere Schritte gegangen werden, um das Ideal der inklusiven Bildung erfüllen zu können. Für die konkrete Umsetzung werden vor allem Know-how und Ressourcen benötigt. Dazu gehören neben einer positiven Einstellung dem Thema gegenüber auch bewährte Formen des gemeinsamen Lernens. Es sei wichtig, dass sich die Lehrkräfte zum Beispiel über die Prävention von Verhaltensauffälligkeiten informieren könnten, damit Störungen im Unterricht professionell begegnet werden könne.

„Das ist die Chance von Schule: Alle sollen voneinander und miteinander lernen“

Ein gutes Classroom Management sei dafür zentral, erläutert Clemens Hillenbrand – ohnehin würden durch einen geordneten Unterrichtsablauf bessere Lernleistungen bei den Schülerinnen und Schülern erzielt. Das reduziere Stress, auch bei den Lehrkräften. Durch effektive Klassenführung und klare Strukturierung des Unterrichts könne zudem erreicht werden, dass leistungsstarke Schülerinnen und Schüler leistungsschwächeren helfen. Dadurch erhöhe sich die soziale Kompetenz der Kinder und Jugendlichen – und eine individuellere Förderung werde möglich. „Das ist die Chance von Schule“, betont Clemens Hillenbrand. „Alle sollen voneinander und miteinander lernen.“

Das gelte auch in den Kollegien. Um Inklusion an Schulen umsetzen zu können, sei eine Kooperation unter den Lehrkräften notwendig. Natürlich sei auch die Bildungspolitik gefragt, um genügend Ressourcen bereitzustellen, betont Clemens Hillenbrand. Die müssten dann allerdings auch in sinnvolle Konzepte fließen. Auch die Curricula seien zu überdenken. Last but not least komme es aber auch auf eine positive Grundhaltung an – unter anderem darauf, auch mal die vielen positiven Beispiele gelingender Inklusion in der Praxis wahrzunehmen. Nina Odenius, Agentur für Bildungsjournalismus

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Chris
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Und wieder die rohlstuhlfahrende Schülerin als Symbol für Integration. Die rohlstuhlfahrende Schülerin ist nicht das Problem. Das Problem sind Kinder/Jugendliche mit emotionalem und sozialen Förderbedarf, vor denen man als Lehrer die übrigen Schüler schützen muß.
Und ja, mir ist im eigenen Unterrichtsbesuch so ein Schüler durchgetickt, ist quer durch den Raum gegangen und hat dermaßen auf einen anderen Schüler eingedroschen, daß es diesem das Nasenbein gebrochen hat. Gottseidank hatte ich da als Zeugen die Schulleitung hinten im Raum sitzen.

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Sehr geehrte Frau Rupp,

es nützt niemanden, auf nicht vorhandene Ressourcen zu hoffen.
Sie werden sich mit den Gegebenheiten abfinden müssen.
Der Istzustand ist nunmal miserabel, jedoch durch fordern und Jammern nicht änderbar.
Damit müssen wir wohl 20 Jahre leben.

(Ich nicht mehr, weil ich wohl vorher sterben werde. Nun der Tod gehört zum Leben.)

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor

Classroom Management? Ja, bitte! An jeder Schule. Wir haben ein ganz tolles Konzept entwickelt. Total hilfreich, da alle an Schule Beteiligte wissen, welche Regeln wo gelten. Rituale, die in allen Klassen gelebt werden usw.. Das hilft aber nicht bei ESE Kindern. Die haben es nicht so mit Regeln, die brauchen ganz andere Strukturen als ein Regelkind. Inklusion? Gerne! Aber bitte dann auch Integrationskräfte, die den Kindern helfen, unser Classroom Management zu leben.
Und meine Grundhaltung ist total positiv, aber was nützt mir meine Grundhaltung, wenn es mit der Umsetzung hapert. An den Umständen kann ich nichts ändern.

Last edited 1 Jahr zuvor by Fräulein Rottenmeier
Ron
1 Jahr zuvor

Classroom Management heißt für mich, dass ich pro 45 Minuten Unterrichtsstunde ca. 20 Minuten für die Präsentation und Durchführung des Lernstoffes brauche und dann noch 25 Minuten für die individuelle Betreuung der 25 Schüler verbleiben. Gerecht verteilt erhält der zu Inkludierende (ob diagnostiziert oder nicht) damit pro Unterrichtsstunde 1. Minute Aufmerksamkeit von mir für individuelle Fragen und Rückmeldungen zu seinem Verhalten. Reicht das für die gelungene Inklusion?

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Sie haben sich mit Classroom Management nicht auseinander gesetzt….das hat doch gar nichts mit Inklusion zu tun…wir sind z.b. keine Schule des gemeinsamen Lernens, haben aber uns aber intensiv mit dieser Konzeption auseinander gesetzt und adaptiert. Es hilft uns ungemein bei unserer täglichen Arbeit….

Ron
1 Jahr zuvor

Es geht um Inklusion – und die ist unter den gegenwärtigen Gegebenheiten gescheitert. Spezielle Methoden und Konzepte in allen Ehren, aber es lenkt von den Kernproblemen ab. Sowas hilft nur wieder den Sparfüchsen, die eigentlich nichts ändern wollen und uns Lehrer als Alibi dann zur nächsten Fortbildung schicken.

Last edited 1 Jahr zuvor by Ron
Heino
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Sie ist an sich selbst gescheitert, weil sie ein Denkfehler ist.
Auch der Gesamtschulgedanke ist ein Denkfehler.
Ich kenne nur Lehrer mit der Meinung, dass zu viel Heterogenität keinem Schüler und keinem Lehrer guttut.
Deswegen finde ich ein gegliedertes Schulsystem mit Förderschulen für alle am besten.
Die Sparfüchse haben vieles falsch gemacht, sind aber nicht an allem, was schief läuft, schuld.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Heino

Es gibt ganz unterschiedliche Gesamtschul- bzw. Gemeinschaftsschultypen.
Eine räumliche Trennung von Schüler*innen in unterschiedlichen Gebäuden ist nicht notwendig, es sei denn, man lehnt „das Spielen mit den Schmuddelkindern“ per se ab.
Warum sollen die Kids sich denn nicht begegnen?

Saskia
1 Jahr zuvor

Mir ist nicht klar, wie eine Grundhaltung „total positiv“ sein kann, wenn es mit der Umsetzung hapert.
Schöne Ideen gefallen mir auch, doch wenn sie sich als Wunschträume herausstellen, hake ich sie ab und beschäftige mich nicht mehr mit Gedankenspielen zu den Voraussetzungen, unter denen sie vielleicht funktionieren würden.
Das ist vermutlich auch der Webfehler der Inklusion: Die Idee gefällt allen und bekommt viel Applaus. Wie könnte es auch anders sein? Dann aber kommt die Zeit der Wahrheit, die Realität. Und hier stellt sich heraus, dass sich alle in der schönen Idee zwar gesonnt, aber geirrt haben. Sie war einfach zu schön, um wahr zu sein.

Und hier frage ich mich, was sinvoller ist, sich in der „total positiven“ Grundhaltung weiterhin wohl zu fühlen oder den Tatsachen ins Auge zu sehen. Sie schreiben zu recht: „An den Umständen kann ich nichts ändern.“
Wenn Sie das nicht können, aber glauben, andere könnten es und wollten nur nicht, dann halte ich das für einen weiteren Irtum. Alle würden nur zu gern, einschließlich der „bösen“ Politiker, können aber tatsächlich nicht.

Dennoch möchten viele von der positiven Grundhaltung nicht ablassen, denn die Gefahr ist groß, dass man sonst als Mensch mit Ressentiments gegen Behinderte gilt.
Ich sehe die Sache umgekehrt. Denken nicht gerade die Menschen behindertengerecht, die sich haben prügeln lassen, weil sie realistich waren und voraussagten, dass die schöne Inklusionsidee an der Wirklichkeit scheitern und besonders die Lage von Kindern mit kognitiver Behinderung, signifikant verschlechtern würde?

vhh
1 Jahr zuvor

25 Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung, Klassengröße ca 30 SuS Jahrgang 7-10, Klassenlehrer 4h/Woche in der Klasse, Inklusionsbegleiter häufig wechselnd, zwei Kinder inklusiv (Autismus und Emotional Soziale Entwicklung, großartige Kombination), dazu LRS, Dyskalkulie, ADHS in der Klasse, kein regelmäßiger Stundenplan durch Ausfälle und Sonderveranstaltungen usw (eine ganz normale Klasse also)
Lieber Herr Professor, redet nicht immer davon, was wir nur anders machen sollen, damit Inklusion perfekt funktioniert. Schüler zu Hilfslehrern, aber sie lernen dabei soziale Kompetenzen, super. Endlich Unterrichtsstörungen professionell begegnen, wie innovativ und absolut nicht beleidigend. Classroom Management lernen (was für ein abschreckender Begriff, Menschen und ihr Verhalten managen?), haben wir auch noch nie von gehört. Nicht zuletzt noch die positive Einstellung, die Lehrkräfte ja bekanntlich nicht haben.
Noch einmal ganz langsam: Die so falsch eingestellten Lehrkräfte würden ja zum größten Teil wollen, aber schafft erst einmal die Voraussetzungen! Es geht nicht nur darum, dynamisch mit den geeigneten Mitteln anzufangen, die Aufgabe ist so einfach nicht zu bewältigen! Für den hochqualifizierten Sonderpädagogen etwas Neues von ganz weit unten: Alle Kinder/Jugendlichen haben Bedürfnisse verschiedenster Art in der Schule, oft ist es in erster Linie Aufmerksamkeit. Die Konkurrenz darum führt zu Verhaltensauffälligkeiten unterschiedlichster Art (bei allen) und oft auch Spannungen mit den Schwächsten den Inklusionsschülern (incl. Ausgrenzung, speziell in der Pubertät). Alle guten Ratschläge haben vielleicht langfristig ein gewisses Potential, bei akuten Problemen sind sie meist das Pflaster, um nach außen eine schöne Oberfläche zu zeigen. Ganz nebenbei brennen KuK mit komplizierten Klassen aus, man kann zusehen, wie sie in zwei Jahren fünf Jahre älter werden.
Es gibt immer positive Beispiele, aber die sind erstens häufig an Grundschulen und zweitens oft Leuchtturmprojekte, die nur zeigen, dass dieses Leuchtturmprojekt mit nahezu unbegrenzten Ressourcen und intensiver Begleitung funktioniert hat.

Gabriele
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Liebe(r) vhh,

ad Classroom Management:
dies ist ein ganz gängiger Fachbegriff in der heutigen Fachdidaktik, und das nicht nur im Englischunterricht.

Ich weiß nicht, an welcher Schulart Sie unterrichten, aber in der heutigen Lehrerausbildung und auch Lehrprobenbeurteilung ist das ein zentraler Kernbegriff.

Allen etwas jüngeren LehrerInnen und den MentorInnen der StudienreferendarInnen (am Gymnasium) ist er also wohlvertraut bei der Planung und Durchführung jeder einzelnen Unterrichtsstunde, egal in welchem Fach.

ad Inklusion:
sehr hehre, bestechend schöne Idealvorstellung, wohlmeinenend, die leider aber de facto in Praxis „in der Breite“ krachend gescheitert ist, überhaupt nicht realisierbar ist.

Aber nicht, weil die LehrerInnen sie nicht wollen und unterstützen!
Es ist zu unserem Bedauern schlichtweg einfach überhaupt nicht zu leisten!

Die jetzigen schulischen Rahmenbedingungen und die individuellen, persönlich sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der zu integrierenden SchülerInnen und deren Förderbedarf sind ja sehr, sehr unterschiedlich!

Die Lehrkräfte sind eh schon genug überlastet, zeitlich und energetisch völlig überfordert mit dem „Normalbetrieb“: dem „Fördern und Fordern“, dem Differenzieren und Individualisieren in ihren diversen heterogenen „normalen“ Lerngruppen.

Wohlgemerkt neben (!), also zusätzlich zu ihren zahlreichen anderen Dienstpflichten und weiteren Tätigkeiten für die jeweilige Lerngruppe, Leistungsbeurteilungen u.a. inklusive.

Eine Lehrkraft ist auch nur ein ganz normaler Mensch, kann sich nicht “ unendlich klonen“, um jegliche an sie gerichtete Erwartung erfüllen zu können.
Und sie sind auch keine Roboter.

Inklusion an unseren jetzigen Normalschulen muss zum Scheitern verdammt sein, ist ein Irrweg!

vhh
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gabriele

Kleine Ergänzung: Classroom Management und dessen Bedeutung kenne ich natürlich, setze alle möglichen Methoden ein und versuche den Referendaren das auch zu vermitteln. ‚Management‘ eignet sich nur m.E. als Begriff nicht, um Dinge auf der Beziehungsebene angemessen zu beschreiben, auch wenn sich das so eingebürgert hat. Es erinnert mich zu sehr an betriebswirtschaftliche Optimierungsmaßnahmen. Nur persönliche Präferenzen eines altmodischen Lehrers, keine erschreckende Ahnungslosigkeit:)

DerechteNorden
1 Jahr zuvor

Herr Hillenbrand ist aber sehr weit weg von allem.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Genau. Und deshalb lässt es sich so einfach über die Materie salbadern. Wie übrigens alle, die zwar bildungspolitische Bestimmer sind, aber niemals live über einen längeren Zeitraum Schulen von innen gesehen haben.

447
1 Jahr zuvor

Na ja, wenn die Gesellschaft für viel Aufwand die Illusion verkauft haben möchte, dass schlichter gemeinsamer Aufenthalt in der gleichen Institution was ändert…dann wird das auch (weiter) so durchgeführt.

Die Chefchefs freuen sich darüber, Förderschulen schließen und Geld sparen zu können.
Ein Teil der inklusive Elternschaft lebt dann bis grob Klasse 10 in der Illusion, dass ihr Kind ja genau so „dabei wäre“ wie die anderen – das riesen Bedürfnis ist natürlich gut nachvollziehbar.

Natürlich ist das ganze eine Mogelpackung: Verdeckt parallele Abschlüsse (i.d.R. chancenlos außerhalb des faktisch vom Sozialsystem aufgebauten Parallelarbeitsmarktes), andere Beschulung mit anderen Inhalten…die einzige echte Gemeinsamkeit sind die Pausen und Klassenfahrten.

Allerdings ist es der klare gesellschaftliche Wunsch, diese Illusion aufrecht zu erhalten – und damit wird das auch geschehen.
Allerdings kostenneutral. Also auf Kosten von Unterricht & Lernen sowie der Lehrkräfte/Mitschüler.

(Und nein, ich habe nix gegen Inklusionskinder und kann die gelegentlich kursierenden Horrorgeschichten bisher nicht bestätigen. Im Gegenteil sind diese oft besonders sozial und umgänglich.)

Mondmatt
1 Jahr zuvor

Um die Frage zu beantworten ob die Inklusion noch zu retten ist wären aus meiner Sicht einige Vorüberlegungen erfordern.

Zunächst klingt diese Frage mal so, als hätte man Inklusion wirklich versucht. In der Realität war es ein Sparprogramm. Förderschulen zu. Inklusionsschüler mit minimaler Unterstützung an die Regelschulen verteilt. Der berühmte zusätzliche Stuhl. Viel Glück.

Die Inklusion wäre eventuell zu retten, wenn sie Erfolge bringen würde. Erfolge würden aber den Einsatz von personellen und finanziellen Mitteln erfordern.

Bisher hat man aber zum größten Teil nur Förderschüler zur Regelschule geschickt und auf das Wunder des Erkenntnisgewinn der Förderschüler durch intensiven Kontakt zu neuen Mitschülern gehofft.

Eine weitere Frage wäre die nach dem Sinn der Inklusion. Soll man die Inklusion retten.
Ich hätte da einen revolutionären Gedanken.
Wäre es nicht sinnvoll diese Frage nicht mit abstrakter Argumentation über Menschenrechte, Gerechtigkeit und ideologischen Überzeugungen der Entscheidungsträger zu klären?
Wie wäre es mit nüchternen Daten und dem Befinden der Betroffenen.

Könnte man nicht mal die Förderschüler fragen, wie sie sich als Inklusionsschüler an Regelschulen fühlen und ob es so besser oder schlechter ist als an der Förderschule?

Sehr hilfreich wären auch Daten, in wie weit die Inklusion die Zahl der Abschlüsse und den späteren beruflichen Werdegang von Inklusionsschülern beeinflusst hat.
Hat sich die Anzahl der Abschlüsse und anschließenden Ausbildungsverträgen durch Inklusion gegenüber der Förderschule verbessert? Verschlechtert? Keine Veränderung?

Ist natürlich utopisch. Warum sollte man Sachverhalte und Befindlichkeiten in der Realität erfragen, deren Antwort man durch die eigene Ideologie schon kennt?

Wenn wir schon bei Utopien sind, warum lässt man die Inklusionsschüler und deren Eltern eigentlich nicht selbst entscheiden ob der Bildungsweg über eine Förderschule oder als Inklusionsschüler laufen soll?

Ach ja, stimmt ja. Die Eltern könnten sich ja Entscheidungen treffen die laut eigenem Weltbild nicht passen. Dann doch besser das „Richtige“ verordnen.

Die Heiden zu früheren Zeiten waren über Zwangsmissionierungen mit dem Schwert zunächst sicher auch nicht begeistert.
Man hat ihnen aber einen Platz im Himmelreich gesichert. Ob sie wollten oder nicht.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mondmatt

Förderschüler*innen können nicht vergleichen, wenn sie immer inkludiert unterrichtet wurden.
Von unseren Förderschülys war kein*er zuvor an einer Förderschule.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mondmatt

Sollten wir wirklich alle pädagogischen Recourcen in der Inklusion verbrauchen? Deutschland lebt von Bildung, vom Wissen seiner Menschen. Wir brauchen endlich wieder einen Focus auf die Schüler, die Leistung erbringen wollen und befähigt sind, dies auch zu tun. Ein guter Schüler ist kein kostenloser Lernbegleiter oder Hilfslehrers, sondern hat aus sich selbst heraus Anspruch auf angemessene Förderung. Leider fallen genau diese Schüler vielerorts derzeit hinten rüber, weil verzweifelte Lehrkräfte nur noch als Domteure unterwegs sind.

Finagle
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

„Deutschland lebt von Bildung, vom Wissen seiner Menschen.“

Ich habe zunehmend das Gefühl, dass dies vielleicht einmal so war, aber nicht mehr zutrifft. Vielmehr scheint mir, dass Deutschland (noch) von diesem Narrativ lebt, aber schon gar nicht lebt, sonst würde es hinsichtlich Investitionen anders priorisieren. Auch hätte dann die Kompetenz Fachwissen einen höheren Stellwert im Bildungssektor.

Die deutlich mehr auf Work-Life-Balance ausgerichteten jüngeren Generationen werden den Bildungssektor jedenfalls nicht mehr so ohne weiteres in der Form tragen wie es vorangegangene Generationen getan haben. Und das ist bitte nicht als Vorwurf in die eine oder andere Richtung zu verstehen, sondern als reine Feststellung.

MB aus NRW
1 Jahr zuvor

Nur kurz aus der Praxis: Ich kenne keinen Gymnasiallehrer, der sich keine Gedanken um Classroom Management in seiner heterogenen Klasse macht und da Dienste, Regeln für Gruppenarbeit etc etabliert. Keinen. Auch auf einem Gymnasium kann man nicht einfach in die Klasse gehen und sagen: Hier ist eure Aufgabe. Was hier immer noch für Vorurteile vorherrschen, ist unerträglich.

Saskia
1 Jahr zuvor

„Ist die Inklusion noch zu retten?“
Ich stelle mir eher die Frage, ob man sie überhaupt retten sollte, weil sie mir nie einleuchtete. Sie beruht auf eigenwilligen Moralvorstellungen und einer seltsam interpretierten UN-Konvention, die unter Juristen noch immer umstritten ist.

Deutschland war mit seinen Förderschulen, die viel Geld kosteten!!, m.E.vorbildlich aufgestellt in der Förderung von Kindern, die mehr Zuwendung, sonderpädagogische Wege und nicht zuletzt Unterricht in Kleingruppen brauchten. Durch die Inklusion verloren sie das zwar, würden nach Meinung der Inklusionsbefürworter dafür aber menschengerecht behandelt und nahmen endlich auch teil am öffentlichen Leben, das angeblich nur in anderen Schulen existierte.

Nun ist sie da, die Inklusion, und wurde exakt so geliefert wie bestellt. Jedenfalls wurde sie dem Parlament, das über ihre Einführung entscheiden musste, als einzig humanes und menschengerechtes Modell vorgestellt. Es entsprach angeblich der UN-Behindertenkonvention und war nebenbei auch noch kostengünstig, vielleicht sogar billiger als Förderschulen.

Jetzt ist sie da, die menschengerechte und obendrein günstige Inklusion. Doch in der Realität zeigt sie ihr wahres Gesicht. Es ist leicht, sie mit schöner Moral zu begründen. Sie auf solch dürftigem Fundament aber zufriedenstellend aufzubauen, ist allein schon aus personellen und finanziellen Gründen völlig unmöglich.
Dennoch wird Hoffnung genährt durch die Forderung unerschwinglicher Nachbesserungen. In meinen Augen ist das jedoch nur fadenscheinige Schuldabwälzung der Ideologen auf die Schultern von Politikern, die angeblich immer nur zu geizig für sind.

Aus der Inklusion kann und konnte nur das werden, wofür sich ihre Spitzenvertreter, u.a. die GEW, vor Jahren ins Zeug gelegt haben. Sie verkörpert im wahrsten Sinne des Wortes „billige Moral“ und wird dies auch weiterhin tun.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Saskia

Sehr gut formuliert, Saskia. Es bleibt noch zu ergänzen, dass die UN-Behindertenkonvention von einer Inklusion von Schülern mit Behinderung ausgeht, ohne den vielen unterschiedlichen Arten von Behinderung Rechnung zu tragen. Jede Behinderung braucht eine individuelle Zuwendung, und da meine ich nicht Rollstuhlfahrer, die eben mal Hilfe brauchen, um von A nach B zu kommen. Ein hehres Ziel vor Augen, dass „alle Behinderten in die Klassen integriert werden“, ohne zu bedenken, dass dies bei manchen Behinderungen kontraindiziert sein könnte. Ich kann nicht Gehörlose, Autisten, Borderliner, Asperger Syndrom, depressive Schüler, gespaltene Persönlichkeiten, Epileptiker, Suchtkranke etc. alle in dieselbe Klasse stecken, diese Verantwortung kann man gar nicht übernehmen. Natürlich kommen diese Behinderungen nicht geballt vor, aber 1-3 davon in der Klasse ist durchaus möglich, zusätzlich zu den „milderen“ Auffälligkeiten wie ADHS, LRS, Dyskalkulie, Sehbehinderungen, Diabetes, Synkopen und die allseits bekannten verhaltensoriginellen Schüler. Jeder dieser Schüler erfordert zusätzliche Aufmerksamkeit und nicht selten einen zusätzlichen hohen Arbeitsaufwand (für einen Schwerhörigen/Gehörlosen muss man den Unterricht umgestalten und anders konzipierte Leistungsnachweise erstellen, z.B.
All den Inklusionsbefürwortern ist dies offensichtlich nicht bewusst, oder sie verdrängen diese Problematik. Hauptsache, das hehre Projekt wird durchgezogen, was am Ende dabei herauskommt, ist augenscheinlich Nebensache. Die brilliante Idee ist wichtiger und das gegenseitige Schulterklopfen und Abgeben der problematischen Umsetzung nach „unten“.

Freiya
10 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

SO wahr!
Diese Prof. Dr. Dr. Päd. Inkl. breiten ihre Ideologien aus, die leider mitnichten auf realistischen Füßen stehen!

Freiya
10 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Nee, menschenwürdig ist das NICHT! Denn die Kinder merken doch, dass sie nicht mitkommen, dass alle Anderen schneller, besser, koordinierter sind! Und dann tun sie sich auf anderen Feldern hervor und binden noch mehr Aufmerksamkeit, stören, werden handgreiflich. Der Lehrkörper ist nicht immer da! In den Pausen wird es dann robust! Und was passiert NACH der gemeinsamen Schulzeit? Wenn niemand ein Kind mit Förderbedarf ausbilden, einstellen will? Mir tun diese Kinder, die unter dem unrealistischen Ehrgeiz ihrer Eltern leiden, leid!

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor

Was ich zur Inklusion unter den momentanen Konditionen halte, kann sich mancher denken.
Gutes kommt da nicht heraus.

Wenn irgendwann das brennende Problem „Lehrermangel“ gelöst ist (20 Jahre ?),
dann kann auch mal wieder an Inklusion, Integration und Ganztagsschule gedacht werden.

Natürlich können z.Z. unterbeschäftigte Interessierte sich den Themen zuwenden.
Niemand behindert sie in diesem Drang.

Nora
1 Jahr zuvor

Sie hoffen auf 20 Jahre, ich glaube an nie.

auchdasnoch
1 Jahr zuvor

Nein! Inklusion ist eine Utopie, deren medienwirksames Lächeln in der Praxis immer häßlicher wird.

Bella
1 Jahr zuvor
Antwortet  auchdasnoch

Kommunismus ist mit Verstand betrachtet auch eine großartige Idee einer gerechten Gesellschaft. Sieht man ja wie gut das in der Realität funktioniert (hat)…

Alla
1 Jahr zuvor

Wir hatten letztens unsere Autismus-Beauftragte an der Schule.
Leider ist das Zentrum nur zu 35% besetzt, so dass die Wartezeiten lang sind.
Wir haben 2 Kinder mit dem Verdacht auf eine Störung im autistischen Spektrum, die noch nicht diagnostiziert sind.

Was mich besonders beeindruckt hat war folgende Aussage: Kinder mit Autismus brauchen eine reizarme Umgebung. In den kleinen, vollgestopften Räumen gehen sie durch die Hölle. Was können wir tun, um ihnen diese Hölle etwas erträglicher zu machen?

Leider sind die Möglichkeiten, die wir haben, sehr begrenzt! Eine Schulbegleitung, die mit dem autistischen Kind vor die Tür gehen kann, bekommt man erst nach der Diagnose. Wenn man dann eine findet. Die Diagnosezentren sind überlaufen, auf einen Termin wartet man 7-8 Monate.

Eine entspanntere Umgebung zu schaffen geht aus Raummangel nicht. Wir haben noch nicht einmal eine leere Besenkammer, in der sich das Kind etwas Erleichterung suchen kann. In den vollen Klassen kann man das Kind auch nicht so isolieren, dass es nicht ausbrennt.

Pausen, Ausflüge, alles was den normalen Ablauf stört, Gerüche, Lärm, Schatten, setzt das Kind unter enormen Stress. Vielleicht könnte ein großer Pappkarton helfen, in den das Kind hineinkrabbeln kann, wenn ihm alles zu viel wird.

Wo bleibt da die Menschenwürde?

B. Fe
1 Jahr zuvor

Kinder mit einer Lernbeeinträchtigung können gut in Fächern wie Sport, Kunst, Musik integriert werden. Bei kognitiven Fächern wie Mathe und Deutsch sieht das anders aus. Hier müssten die Kinder gesondert unterrichtet werden und hierfür sind Ressourcen nötig, die es an den Schulen nicht gibt. Daher muss die Inklusion scheitern.
Die Inklusionskinder schauen täglich zu, wie andere Kinder lernen und unterrichtet werden. Das ist in etwa so, als würde ich ein Kind im Rollstuhl vor eine Treppe setzen, ohne die Voraussetzungen (Rampe) zu schaffen, dass es die Treppe bewältigen kann. Es ist dann zwar bei der Gruppe dabei, muss aber zusehen, wie die anderen munter Treppensteigen, ohne selbst voranzukommen.
Die Realität sieht so aus: Ein Kind mit Lernschwierigkeiten, das in der 3. Klasse im Zahlenraum 20 rechnet sitzt bei mir im Unterricht dabei und sieht zu, wie ich der Klasse 20 Minuten lang Aufgaben bis 1000 erkläre. Es ist zwar dabei, schaltet aber gedanklich schnell ab und lernt nichts.
In der Übungsphase bekommt es dann differenzierte Aufgaben zu seinem Thema vorgelegt. Weil aber ja alle Kinder in der Klasse in der Übungszeit den Lehrer brauchen und Fragen klären wollen, kann ich diesem Kind nicht ebenfalls 20 Minuten lang seine Aufgaben erklären. Das Kind das ohnehin schon Schwierigkeiten hat läuft dann nebenbei mit, kommt noch langsamer voran und wird immer frustrierter.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  B. Fe

An sowas konnten die großen Theoretiker natürlich nicht denken. Die denken nur an die Menschenrechte, an juristische Dinge dabei und natürlich daran, dass das ein Politikum ist. Zum Beispiel nutzten die Grünen in BaWü die UN-Konvention, um ihre „konsequent weiterentwickelte Inklusion“ in Form der „inklusiven einen Schule für alle“ anzupreisen, so als stünde die Autorität der UN hinter ihnen. Auch die Inklusion ist zu einem Spielball von Interessen geworden. Von den praktischen Auswirkungen redet man lieber nicht.
Die empirisch erfassbaren Unterschiede zwischen dem Erfolg von inklusivem bzw. Förderschulunterricht scheinen gar nicht deutlich zu sein (ähnlich wie zwischen Halbtags- und Ganztagsschulen):
https://www.deutschlandfunk.de/studie-zur-inklusion-es-kommt-auf-die-qualitaet-der-100.html

Nora
1 Jahr zuvor
Antwortet  B. Fe

Genau so ist es! In Regelschulen fühlen sich solche Kinder erst recht ausgegrenzt und minderwertig. Angeblich sollte ihnen das durch die Inklusion erspart werden.
Mich wundert noch immer, mit welch plumpen Märchen die Inklusion eingeführt werden konnte. Es hätte doch klar sein müssen, dass alles so kommt, wie Sie es beschreiben.

OMG
1 Jahr zuvor

Ist schon aufgefallen, dass vor allem in den Schulformen die Zahlen an Studenten einbrechen, die die Hauptlast der Inklusion zu tragen haben? Und was ist das für ein Menschenbild und was sagt das über die pädagogische Kompetenz aus, wenn angemerkt wird „Natürlich sei auch die Bildungspolitik gefragt, um genügend Ressourcen bereitzustellen, betont Clemens Hillenbrand. Die müssten dann allerdings auch in sinnvolle Konzepte fließen“ – sollen die Kollegien den Karren selbst aus den Dreck ziehen und dann sauber putzen, damit dann einn bissl Ressourcen kommen darf? Der erkennt der Pädagogik Prof. Ursache und Wirkung nicht.

K.S.
10 Monate zuvor

Conny Melzer muss es wissen, sie ist Professorin ….Ha ha, die Lehrer sollten es besser wissen, sie sind es, die diese Herausforderung täglich stemmen müssen.
Wie gesagt: das Problem sind die Kinder mit GE, Lernen und Emsoz und die ohne Deutschkenntnisse.
Soll Frau Professorin doch mal 1 Wochevin der Grundschule unterrichten.