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„Prüfungslangeweile“? – Wie unangemessene Prüfungen den Leistungen schaden

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WIEN. Eine Prüfung dem Leistungsvermögen von Schülerinnen und Schülern angemessen zu konzipieren, ist alles andere als einfach. Ein internationales Forschungsteam hat nun die Aspekte von Über- und Unterforderung unter der Perspektive von Langeweile untersucht.

Prüfungen sind für die meisten Schülerinnen und Schüler eher Stressfaktoren. Auch nach der Schulzeit löst der Gedanken an Klausuren bei den meisten wohl intuitiv eher Anspannung aus. An Langeweile denken hingegen wohl nur die wenigsten. Ein internationales Team von Psychologinnen und Psychologen hat nun allerdings genau das Phänomen der Prüfungslangeweile erstmals untersucht. Schülerinnen und Schüler langweilen sich demnach sogar relativ stark bei Prüfungen. Große Langeweile wirkte sich außerdem negativ auf Prüfungsergebnisse aus.

Das langweiliger Unterricht sich negativ auf die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern auswirkt ist eine Binsenweisheit. Das auch langweilige Prüfungen den Leistungen schadet ist neu. Foto: Shutterstock

Obwohl Langeweile ein sehr intensiv untersuchtes Phänomen sei, wurde Prüfungslangeweile in der Forschung bisher völlig ausgeklammert, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Thomas Götz von der Universität Wien. Bei der Studie wurden insgesamt 1.820 deutsche Schülerinnen und Schüler der 5. bis 10. Jahrgangsstufen befragt. Die Fragen zum Ausmaß an Langeweile, an Unter- und Überforderung und zur persönlichen Relevanz der Aufgaben wurden direkt zwischen die Aufgabenblöcke des Tests eingebaut. An der Studie waren Psychologinnen und Psychologen der Universitäten Wien, Konstanz, München, New York, Essex und Zürich, der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Australian Catholic University (Sidney) beteiligt.

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Mit ihrer Studie wollten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht zuletzt dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Langeweile in der Schule zu verdeutlichen. “Eine Vielzahl an Studien belegt bereits eine schädliche Wirkung von Langeweile auf Lernen und Leistung, aber auch auf psychische und körperliche Gesundheit. Mit unserer Arbeit erweitern wir den Blick nun auf einen zentralen Bereich im Schulalltag von Kindern und Jugendlichen, nämlich Prüfungen”, so Götz.

Es habe sich deutlich gezeigt, dass Langeweile bei Prüfungen durchaus häufig auftrete. Zentrale Ursachen seien sowohl Unter- als auch Überforderung während der Prüfung gewesen. Zudem trat Prüfungslangeweile dann stark auf, wenn der Prüfungsstoff für die Jugendlichen keine persönliche Relevanz hatte.

Ihre Ergebnisse fassten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer sogenannte Abundance-Hypothese (Fülle-Hypothese) zusammen. Die Hypothese besagt, dass Langeweile insbesondere bei Überforderung leistungsschädlich ist, weil bei Überforderung alle geistigen Ressourcen in die Aufgabenbearbeitung fließen müssten – jene, die in das Erleben von Langeweile fließen, aber für die Bearbeitung der Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Bei Langeweile in Folge von Unterforderung hingegen seien ohnehin Ressourcen “in Fülle” für die Bearbeitung der Aufgaben vorhanden.

Prüfungsaufgaben sollten sich auf die Lebensrealität von Schülerinnen und Schülern beziehen
Aus den Studienergebnissen leiteten die Forscherinnen und Forscher auch Empfehlungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Erziehungsberechtigte ab. “Um die Prüfungslangeweile zu bekämpfen, sollten Lehrkräfte Prüfungsaufgaben so aufarbeiten, dass es darin Bezüge zur Lebensrealität von Schülerinnen und Schülern gibt. Außerdem sollten die Aufgaben nicht stark unter- oder überfordernd sein”, mahnt Bildungspsychologe Götz “Auch Eltern oder Erziehungsberechtigte können die Jugendlichen unterstützen, indem sie ein offenes Gespräch über möglich Über- oder Unterforderung in der Schule starten. Insbesondere bei Überforderung in der Schule sollte rechtzeitig reagiert werden, um Langeweile und auch andere negative Folgen wie eine Abwärtsspirale an schwachen Leistungen zu vermeiden.” (pm)

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