BERLIN. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat eine Überlastung der Schulen durch Kinder mit begrenzten Deutschkenntnissen beklagt – und zur Lösung eine Begrenzung der Asylzuwanderung gefordert. In einem Gespräch mit der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» äußerte Merz: «Zu viele Schulen haben viel zu viele Kinder, die die deutsche Sprache nicht richtig beherrschen. Das überfordert aktuell unser Bildungssystem.» Kritik an dem Vorstoß kommt vor allem von der SPD.
Der Fraktionsvorsitzende der Unionsparteien fügte hinzu: «Überfüllte Klassen gehen dann auf Kosten aller Kinder in diesen Schulen. Sie starten mit unzureichender Bildung ins Leben.» Merz betonte, dass dieser Bildungsrückstand im Erwachsenenalter oft nur schwer aufzuholen sei. Er sagte weiter: «Auch deshalb müssen wir die irreguläre Zuwanderung in den Griff bekommen. Die Asylkrise ist auch eine Frage der Bildungspolitik.»
Damit unterstützt Merz einen Vorstoß des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU), der vergangene Woche erklärt hatte (News4teachers berichtete): «Wir können die Qualität der Bildung nicht mehr garantieren, weil wir Schüler beschulen müssen, die von außen kommen.» Kretschmer forderte eine Eindämmung der Migration. «Die Zahlen müssen dramatisch nach unten im kommenden Jahr, im übernächsten Jahr unter 100.000», sagte er. Rund 205.000 Kinder allein aus der Ukraine werden derzeit an deutschen Schulen unterrichtet, so berichtet die KMK.
SPD-Chefin Saskia Esken kritisierte den Vorstoß der Christdemokraten. «Um den Fach- und Arbeitskräftemangel zu bewältigen, brauchen wir in unserem Land keine plumpe Abwehr von Migration», sagte sie am Freitag. «Es ist einer Volkspartei mit Gestaltungsanspruch wie der CDU nicht würdig, der Strategie der Rechtspopulisten zu folgen und jedes Problem durch die Abwehr von Migration lösen zu wollen.»
«Wir müssen endlich massiv und gesamtstaatlich in den Ausgleich der Bildungsnachteile von Kindern investieren»
Esken betonte, der steigende Anteil der in der Schule abgehängten Kinder sei tatsächlich erschreckend. Grund sei aber nicht die Migration, sondern Armut. «Wir müssen endlich massiv und gesamtstaatlich in den Ausgleich der Bildungsnachteile von Kindern investieren und dafür sorgen, dass die Bildung aller Kinder und Jugendlichen gelingt», forderte die SPD-Chefin. Nötig sei zudem «eine Stimmung und eine Entschlossenheit für das Gelingen von Zuwanderung und Integration».
Kretschmer war bereits von seinen Koalitionspartnern in Sachsen, der SPD und den Grünen, scharf für seine Aussagen kritisiert worden. SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel zum Beispiel zeigte sich «entsetzt über eine solche Verdrehung der Tatsachen». Die Landesregierung müsse Verantwortung übernehmen – statt Schuld abwälzen. «Wir können die Qualität der Bildung nicht mehr garantieren, weil das sächsische Bildungssystem jahrzehntelang unterfinanziert war. Weil heute in den Schulen die Lehrkräfte fehlen, die vor fünfzehn Jahren nicht eingestellt wurden. Weil kein Puffer eingeplant und das System drastisch auf Kante genäht ist», argumentierte sie.
Jede Erkältungswelle, jeder kleine Geburtenanstieg und natürlich auch die Aufnahme geflüchteter Kinder und Jugendlicher führe dadurch zu Unterrichtsausfall. «Doch es ist absolut beschämend, jetzt mit dem Finger auf die zu zeigen, die ‚von außen‘ kommen.»
In Deutschland waren nach Angaben der Kultusministerien der Länder zu Jahresbeginn mehr als 12.000 Lehrerstellen unbesetzt. Die Zahlen spiegeln nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbands allerdings nicht die tatsächliche Lage wider und seien «geschönt» – er rechnete zu diesem Zeitpunkt mit 32.000 bis 40.000 fehlenden Lehrkräften. Das Problem, darüber besteht weitgehend Einigkeit, wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen. News4teachers / mit Material der dpa
