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Kein Streikrecht für verbeamtete Lehrkräfte: Nach dem Urteil will die GEW dafür kämpfen, Beteiligungsrechte zu stärken

BERLIN. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat positiv auf das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte reagiert, wonach das Streikverbot für verbeamtete Lehrkräfte in Deutschland rechtens ist. „Wir begrüßen, dass das Tauziehen um das Streikverbot nun endlich ein Ende hat. Mit der Durchsetzung eines Streikrechtes wären der Beamtenstatus und die damit verbundene Absicherung der Lehrkräfte aufs Spiel gesetzt worden“, meint VBE-Bundesvorsitzender Gerhard Brand. Die GEW sieht trotzdem Handlungsbedarf.

Der Gerichtshof hat entschieden. Foto: Shutterstock

„Der VBE steht zu dem ausgewogenen Fürsorge- und Treueverhältnis zwischen Staat und Beamtinnen und Beamten und setzt sich seit jeher sowohl für dessen Erhalt als auch für eine flächendeckende Verbeamtung von Lehrkräften ein. Ähnlich wie Sicherheitskräfte übernehmen auch Lehrkräfte hoheitliche Aufgaben“, erklärte der VBE-Chef.

Mit Blick auf die derzeitige Situation in den Schulen ergänzte er: „Darüber hinaus dienen die Beschränkungen im Streikrecht der Sicherstellung eines regulären Schulbetriebes. Nach den diversen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie und wegen der ohnehin bereits sehr angespannten personellen Situation in den Schulen ist die Absicherung einer kontinuierlichen und verlässlichen Beschulung ungemein wichtig für die Schülerinnen und Schüler.“

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Geklagt hatten nach einem Bericht der „tagesschau“ drei verbeamtete Lehrerinnen und ein Lehrer – mit Unterstützung der GEW. Eine der Kläger*innen, eine Lehrerin aus Niedersachsen, hatte im Februar 2009 in Hannover gestreikt, „das einzige Mal“, wie sie sagt. Zusammen mit Tausenden Beschäftigen des Öffentlichen Dienstes folgte sie damals einem Warnstreik-Aufruf der GEW. Der Streik sollte „Druck machen“, um in laufenden Tarifverhandlungen möglichst hohe Gehaltssteigerungen zu erreichen.

„Ich wusste damals schon, dass das Konsequenzen haben wird, und ich war bereit, diese zu tragen”, sagt sie gegenüber dem Sender. Aber sie habe sich dafür einsetzen wollen, dass die erkämpften Tarifergebnisse der Angestellten auf den Beamtenbereich übertragen werden. Sie fand es auch verantwortbar zu streiken, weil „durch schulinterne Regelungen und Absprachen ein ‘Schaden’ für Schülerinnen und Schüler nicht entstehen konnte“. Dennoch wurde ihr Gehalt um die Fehlstunden gekürzt. Die Niedersächsische Landesschulbehörde ahndete das Verhalten zudem disziplinarrechtlich mit einer Geldbuße von 100 Euro. Klagen gegen die Geldbuße wies das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen bereits 2012 zurück.

„Das Urteil und das Minderheitenvotum geben Hinweise, das Beamtenrecht in Deutschland fortzuentwickeln“

Die GEW ist von dem höchstrichterlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) naturgemäß enttäuscht. „Damit ist der Rechtsweg ausgeschöpft. Das Urteil betont die Bedeutung des Streikrechts insgesamt als Teil der Koalitionsfreiheit und des gewerkschaftlichen Engagements, macht aber für verbeamtete Lehrkräfte in Deutschland eine Ausnahme. Natürlich akzeptieren wir das Urteil der Straßburger Richterinnen und Richter, obwohl wir uns eine andere Entscheidung gewünscht hätten – und nach der bisherigen Rechtsprechung des EGMR auch erwartet hatten“, stellte GEW-Vorsitzende Maike Finnern während einer Pressekonferenz in Berlin fest.

Sie betonte aber auch: „Das Urteil und das Minderheitenvotum geben Hinweise, das Beamtenrecht in Deutschland fortzuentwickeln. Die Richterinnen und Richter betonen die Bedeutung der Beteiligungsrechte als Kompensation für das fehlende Streikrecht. Hier müssen wir ansetzen und diese Rechte stärken.“

Weiter erklärte sie: „Die Begründung des EGMR-Urteils enthält auch eine Aufforderung an Bund und Länder, sich mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes an einen Tisch zu setzen und über eine demokratische Fortentwicklung zu einem zeitgemäßen Beamtenrecht in Deutschland zu sprechen. Bis heute sind die Beamtinnen und Beamten vom Wohlwollen der Arbeitgeber abhängig: Der Dienstherr verordnet, wie lange gearbeitet wird, er entscheidet über die Einkommen, Erhöhung oder Kürzung der Bezahlung und die Arbeitsbedingungen. Es gibt viel zu tun.“ News4teachers

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