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“Die AfD ist eine gefährliche Nazipartei” – Zig-Tausende von Bürgern fordern in Petitionen und auf Demos ein Verbot

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DUISBURG. Tausende Menschen gehen am Wochenende gegen die AfD auf die Straße, mehrere Hundertausend fordern in Petitionen juristische Konsequenzen. Vor den Landtagswahlen im Osten, bei denen die Partei derzeit in Umfragen klar vorn liegt, schießt sich auch die CDU auf den Konkurrenten ein. Dabei fallen – endlich mal – klare Worte. Dass die AfD gewillt ist, ihre Ziele mit Drohungen und Druck durchzusetzen, haben auch Lehrkräfte schon zu spüren bekommen.

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, Sport- und Geschichtslehrer von Beruf, ist laut Bundesverfassungsschutz ein Rechtsextremist. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Nach Bekanntwerden eines Treffens rechtsextremer Aktivisten steht die AfD weiter im Fokus der Kritik. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte dem «Tagesspiegel am Sonntag», die Zusammenkunft in Potsdam mit Beteiligung einzelner AfD-Funktionäre habe gezeigt, dass die zweitgrößte Oppositionspartei im Bundestag keine «Protestpartei» sei. Er wurde wie schon vor einigen Monaten deutlich: «Die AfD ist eine gefährliche Nazipartei.»

CDU-Parteichef Friedrich Merz sagte nach einer Vorstandsklausur am Samstag in Heidelberg mit Blick auf die anstehenden Wahlen, unter anderem in drei ostdeutschen Bundesländern: «Wir werden in diese Wahlen gehen mit einer sehr klaren, sehr harten Auseinandersetzung insbesondere gegen die AfD.» Zuletzt war die CDU insbesondere in Thüringen allerdings damit aufgefallen, Anträge im Landtag einzubringen, die erkennbar auf Unterstützung durch die Rechtsextremen bauten (News4teachers berichtete).

Gegen einen Neujahrsempfang der AfD waren am Samstag in Duisburg laut Polizei rund 2.400 Menschen auf die Straße gegangen. Die Demonstranten zogen zunächst durch die Stadt und hielten dann in der Nähe der AfD-Veranstaltungshalle eine Kundgebung ab. «Gefahr für unsere Demokratie» und «Schande für Deutschland» stand auf Protestplakaten. Die Polizei hatte starke Kräfte aufgeboten, um AfD-Teilnehmer und Demonstranten auf Abstand zu halten.

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«Wenn sich Personen treffen, um einen Umsturz oder Deportationen von Millionen Menschen zu planen, dann ist das strafrechtlich zu belangen»

Ebenfalls am Samstag demonstrierten in Düsseldorf nach Polizeiangaben rund 650 Menschen dafür, ein Parteiverbot gegen die AfD zu prüfen. Die Demonstranten zogen durch die Innenstadt bis zum NRW-Landtag. Etwa 2.000 Menschen hatten am Freitagabend vor der Hamburger AfD-Parteizentrale demonstriert. Am Sonntagnachmittag fanden weitere Demonstrationen unter anderem in Berlin (geschätzt 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer), Potsdam (10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) und Saarbrücken (5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) statt. In der Hauptstadt rief die Organisation «Fridays for Future» unter dem Motto «Demokratie verteidigen» dazu auf.

Auf der Plattform Campact läuft eine Petition, die fordert, dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. «Stoppen Sie den Faschisten Björn Höcke: Veranlassen Sie, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG stellt», so der Petitionstext. Er spricht Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Union, Grüne, FDP und Linke an und hat bereits knapp 740.000 Unterstützer (Stand: 14. Januar, 20.00 Uhr). Höcke soll auch das aktive und passive Wahlrecht verlieren und keine öffentlichen Ämter mehr ausüben dürfen.

Eine weitere Petition auf der Plattform innn.it fordert den Bundesrat auf, die Prüfung eines Verbots der AfD beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Sie hat sogar schon , hat schon knapp 650.000 Unterschriften gesammelt (Stand: 14. Januar, 20.00 Uhr). «Die Anzeichen sind erdrückend: Die AfD zeigt starke Tendenzen, unsere Demokratie zu untergraben und gegen unsere Verfassung zu handeln», so heißt es zur Begründung.

Am vergangenen Mittwoch hatte das Medienhaus Correctiv Rechercheergebnisse zu einem Treffen radikal rechter Kreise veröffentlicht. An dem Treffen in einer Potsdamer Villa hatten im November unter anderem einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen.

Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte, dass er bei dem Treffen über «Remigration» gesprochen habe. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner in Potsdam drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und «nicht assimilierte Staatsbürger».

Grünen-Chef Omid Nouripour forderte Konsequenzen: «Wenn sich Personen treffen, um einen Umsturz oder Deportationen von Millionen Menschen zu planen, dann ist das strafrechtlich zu belangen», sagte Nouripour der «Welt». «Und so etwas gehört mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft.» Die Aufgabe aller Demokraten sei es, die AfD klar zu benennen als «Feindin unserer Demokratie, unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft».

«Das Scheitern eines Verbotsantrags vor dem Verfassungsgericht würde die AfD enorm stärken»

Nach dem Treffen war auch die Debatte über ein mögliches Verbot der AfD wieder aufgeflammt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht einem solchen Antrag jedoch skeptisch gegenüber. «Ich kann die Erfolgsaussichten nicht beurteilen – ein Verfahren würde vermutlich sehr lange dauern», sagte Steinmeier der «Süddeutschen Zeitung». Das Staatsoberhaupt äußerte sich zugleich besorgt über den stärker werdenden Rechtspopulismus in Deutschland. «Wenn wir in die Geschichte zurückschauen, stellen wir fest: Extremisten waren immer das Unglück unseres Landes.»

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sagte dem «Tagesspiegel» zu einem möglichen Verbot: «Das würde der AfD nur in die Hände spielen.» Das Grundgesetz setze für ein Parteiverbot in Artikel 21 hohe Hürden. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Das Scheitern eines Verbotsantrags vor dem Verfassungsgericht würde die AfD enorm stärken.» Auch CDU-Chef Merz meinte, er halte davon wenig.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich hingegen für ein Verbotsverfahren aus. Die Partei werde «in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft», sagte Günther der «Welt am Sonntag». In zwei dieser Länder habe sie bei den Landtagswahlen im Herbst gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden. Hier müsse «eine wehrhafte Demokratie die Instrumente, die ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stehen, auch nutzen», forderte Günther. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) schloss ein Parteiverbot nicht mehr aus.

Hintergrund: Die AfD wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet, bundesweit gilt sie als Verdachtsfall. Die Partei befindet sich seit Monaten in einem Umfragehoch. Landtagswahlen stehen im September in Brandenburg, Thüringen und Sachsen an. In allen drei Ländern liegt die AfD derzeit im Umfragen vorn, zum Teil deutlich.

Parteifunktionäre haben mehrfach deutlich gemacht, dass sie nach der von ihnen geplanten Machtübernahme gewillt sind, Schülerinnen und Schüler aus dem Regelschulsystem zu verdrängen. So sprach sich der bayerische AfD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Bayern, Martin Böhm, öffentlich für einen getrennten Unterricht an Grund- und Mittelschulen von Kindern mit Deutsch als Muttersprache und den „anderen Kindern“ aus, die nicht oder nicht so gut Deutsch sprechen. Letztere sollten „in ganz besonderen Klassen weitergebildet“ werden – „keinesfalls mit Kindern, die die Sprache perfekt beherrschen. Weil immer wenn Sie zwei Flüssigkeiten zusammenschütten, dann erhalten Sie irgendwo eine Mischung.“

Das Deutsche Institut für Menschenrechte attestiert der AfD in einem Gutachten, gegen das Grundgesetz (GG) zu stehen – was ein Verbotsverfahren begründent könnte. «Der Programmatik liegt ein national völkisch verstandener Volksbegriff zugrunde, der Menschen nach rassistischen Kategorien in ihrer Wertigkeit unterscheidet und damit vom Volksbegriff des Grundgesetzes abweicht und mit Artikel 1 Absatz 1 GG nicht zu vereinbaren ist», so heißt es darin.

Dass die Partei gewillt ist, ihre Ziele mit Drohungen und Druck durchzusetzen, haben auch Lehrkräfte schon zu spüren bekommen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion, Dennis Hohloch – selbst Lehrer von Beruf – bezeichnete zwei Lehrkräfte, die sich gegen Rechtsextemismus an ihrer Schule eingesetzt hatten und sich danach massiven Anfeindungen ausgesetzt sahen, als «Denunzianten» (News4teachers berichtete). Gegen Lehrkräfte und Schulleitungen, die sich kritisch über die Partei geäußert hatten, wurden öffentliche Kampagnen bis hin zu Dienstaufsichtsbeschwerden losgetreten (News4teachers berichtete auch darüber). Schulen sollten sich gegenüber der Partei rechtfertigen, wenn Lehrkräfte sich gegen rechtsexteme Bestrebungen positioniert hatten (auch darüber berichtete News4teachers).

Eltern und Schüler wurden aufgefordert, der AfD solches Engagement zu melden. Dafür richteten die AfD-Fraktionen in zahlreichen Bundesländern sogenannte “Melde-Portale” ein, die aus den öffentlichen Mitteln bezahlt wurden, die Fraktionen erhalten, und die aufgrund des besonderen Rechtsstatus’ von Fraktionen nicht dem Datenschutz unterliegen (hier geht es zu einem der zahlreichen News4teachers-Berichte darüber). News4teachers / mit Material der dpa

Geheimtreffen mit AfD-Politikern: Wie nach Machtübernahme Millionen von Menschen aus Deutschland herausgedrängt werden sollen

 

 

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