Nach rechtsextremistischen Vorfällen an einer Schule in Burg im Spreewald hat Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) seinen Appell an Lehrkräfte für mehr Zivilcourage erneuert. Freiberg stellte sich nach eigenem Bekunden hinter die beiden Lehrkräfte, die mit einem anonymen Brief im April tägliche rechtsextremistische Vorfälle öffentlich gemacht hatten. «Die Tatsache, öffentlich zu machen, hinzusehen und zu handeln, ist absolut richtig, das unterstütze ich nach wie vor», sagte er im Bildungsausschuss des Landtags in Potsdam. Allerdings räumte er ein: «Ob der Weg jetzt klug gewählt war, das sei dahingestellt.»
Der Lehrer Max Teske und die Lehrerin Laura Nickel aus Burg hatten in einem öffentlichen Brandbrief anonym geschildert, sie seien an ihrer Schule – der Grund- und Oberschule in Burg – täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Nachdem sie sich in der Öffentlichkeit zu dem Schreiben bekannt hatten, waren sie massiven rechten Anfeindungen ausgesetzt. In dem Ort waren Aufkleber zu sehen, auf denen ein Foto von ihnen zu sehen war, darunter stand: «#’pisst Euch nach Berl*in». Beide wurden zudem in einem sozialen Netzwerk bedroht. Sie verließen die Schule – nachdem sie dem Ministerium vorgeworfen hatten, sich nicht genügend in dem Fall zu engagieren («Nichts, ganz einfach nichts kommt»).
«Ich habe ein Schreiben vom Schulamt bekommen, in dem es mir mit einer Abmahnung droht, wenn ich weiter über schulinterne Vorgänge spreche»
Der Minister bat alle Lehrkräfte, sich bei entsprechenden Fällen beim Ministerium zu melden. Er betonte, die Meldung der beiden Lehrer aus Burg habe nicht zu dienstrechtlichen Konsequenzen gegen sie geführt. Offenbar waren die beiden Lehrkräfte allerdings gemaßregelt worden. «Ich habe ein Schreiben vom Schulamt bekommen, in dem es mir mit einer Abmahnung droht, wenn ich weiter über schulinterne Vorgänge spreche», so hatte Teske in einem Interview erklärt.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt im Zusammenhang mit der Schule in Burg in acht Verfahren vor allem wegen des Verwendens von Kennzeichnen verfassungswidriger Organisationen. Es geht um mehr als 20 Beschuldigte, zwei sind jedoch strafunmündig. Als Hauptverfahren gilt laut Staatsanwaltschaft die Ermittlung gegen einen Schüler, der im Sportunterricht den Hitler-Gruß gezeigt haben soll. Dies sei Anstoß für die weiteren Ermittlungen gewesen. In einem Verfahren geht es um sieben Beschuldigte wegen des Verdachts der räuberischen Erpressung im Schul-Umfeld, wie die Sprecherin der Behörde sagte.
Die Schulleiterin hatte zuvor in einem Interview erklärt: «Diese Jungs sind Teenager, sie sind in der neunten Klasse und suchen ihren Platz. Sie wollen sich ausprobieren.» Mittlerweile hat das Bildungsministerium die Schulleitung neu besetzt.
Die Zahl der gemeldeten rechtsextremistischen Äußerungen oder Handlungen in Schulen ist nach Angaben von Freiberg im vergangenen Schuljahr stark angestiegen: Während im Schuljahr 2021/22 von Brandenburger Schulen 30 solcher Vorfälle den Schulämtern gemeldet wurden, seien es im Schuljahr 2022/23 zum Stichtag 9. Juni mit 70 Fällen mehr als doppelt so viele gewesen, berichtete er.
Dies habe sicher damit zu tun, dass die Schulen nach den Vorfällen an der Grund- und Oberschule in Burg (Spreewald) im vergangenen Schulhalbjahr stärker sensibilisiert worden seien und mehr Fälle gemeldet hätten, sagte der Minister im Ausschuss. «Aber das finde ich gut, denn nur wenn die Vorfälle den Schulämtern gemeldet werden, kann jedem einzelnen Fall nachgegangen werden.»
«Es hat eher funktioniert, nicht zu handeln, wegzuschauen, sich wegzuducken»
Eine Lehrerinitiative der Schule in Burg hält mehr Engagement gegen Rechtsextremismus für nötig. Die Forderung nach Haltung habe nicht funktioniert, sagte Lehrerin Jette Schega, Sprecherin des Netzwerks «Demokratie und Transformation» der Schule, im Bildungsausschuss. «Es hat eher funktioniert, nicht zu handeln, wegzuschauen, sich wegzuducken.» Schega kritisierte: «Unsere Schulleitung hat in diesem Fall versagt.» Sie forderte frühzeitigeres Handeln. Nötig seien Strategien für Prävention und verpflichtende Weiterbildungen.
Den Versetzungsantrag ihrer Kollegen Nickel und Teske hatte Schega bereits im Juli öffentlich als «beschämende Reaktion» bezeichnet, der sich Schulamt, Schulleitung, aber auch das Lehrerkollegium nun stellen müssten. «Ihr Weggang ist eine Reaktion auf Nichthandeln, Ohnmacht und Anfeindungen», sagte Schega seinerzeit.
Nach Bekanntwerden der rechtsextremen Vorfälle im April hätte es mehr praktische Unterstützung und Ergebnisse von Schulleitung und Schulträger gebraucht, kritisierte die Lehrerin. Das Mindeste wäre ein «geschlossenes Wording» der Lehrerschaft in Burg beim Umgang mit solchen Vorfällen gewesen. «Es ist wichtig, dass wir ins Handeln und Umsetzen kommen und Verantwortung übernehmen.»
Der Burger Pädagogin fehlt überdies ein genaueres Hinschauen auf die Eltern der Schülerinnen und Schüler. Sogenannte Elternvertreter hatten einen anonymen Brief geschrieben und die Entlassung der beiden Lehrkräfte gefordert.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Dennis Hohloch – selbst Lehrer von Beruf -, sprach im Bildungsausschuss nun mit Blick auf die Lehrkräfte Teske und Nickel von «Denunzianten». «Ich und meine Fraktion sehen den Rechtsextremismus nicht als strukturelles Problem in diesem Land», sagte Hohloch. Die AfD gilt bundesweit für den Verfassungsschutz selbst als rechtsextremistischer Verdachtsfall, Teile als «gesichert rechtsextremistisch». News4teachers / mit Material der dpa
Soso. Ausgerechnet, die Alternative für Deppen, die in der Vergangenheit wiederholt zur Denunziation von Lehrern aufrief, meint, sich hier künstlich echauffieren zu müssen.
Schmeckt etwa die eigene Medizin nicht? Diese Doppelmoral kann sich die Alter Native stecken lassen.
Die allgemeine Presse fällt aber auf das mimimi herein und berichtet groß darüber. So kann sich die AfD wieder als Opfer aufführen.
Wo soll sich die AFD hier bitteschön als Opfer stilisieren können, wenn sie doch eindeutig der Doppelmoral überführt wird?!?
Haben Sie den Artikel nicht gelesen? Es spielt keine Rolle, wie viel Doppelmoral die AfD an den Tag legt, “Herumopfern”, um einen lange nicht mehr gelesenen Kommentator hier bei n4t zu zitieren, tut sie trotzdem.
Hohloch entlarvt sich selbst: ein Denunziant ist jemand, der eine andere Person aus niedrigen Beweggründen anzeigt. Das Eintreten für Demokratie und gegen Naziideologie sind nach Aussicht von Hohloch also niedrige Beweggründe – klare Aussage von jemandem, der den Faschisten Höcke als Parteifreund hat.
Aufruf zur Zivilcourage? Vielleicht lieber Sicherstellen, dass die Schulleitungen sich kümmern. Die Schulleitung vor Ort hat meiner Meinung weniger “versagt”, als sich genau so verhalten wie es viel zu viele an anderen Schulen gemacht hätten: Ball flach halten, bloß kein Imageschaden für die Schule oder Stress vom Schulamt. In ein paar Jahren sind die demokratisch Ungebildeten aus der Schule raus, ein paar Jahre später vielleicht sogar (mit Erinnerungslücken) im Landtag 😀
Oder gleich in der Regierung. Beim Hubsi ist das im Nachhinein doch quasi ein Ritterschlag. Die Umfragewerte und die O-Töne der Bazis sind doch eindeutig.
Was ihm aber mit Sicherheit nicht jede Stimme geben wird. Manche Stimme hat die Regierung durch ihr “vorbildliches” Unhandeln verloren.
Eine verlorene bringt 2 neue Stimmen. Und zur Not überzeugt der Geldsegen.
Ihr permanenter Bezug zum schnöden Mammon fällt auch ohne Heiligenschein auf.
Wir leben in spannenden Zeiten. Ich frage mich aber eher, wie es dazu kommen konnte, dass die ehemals Volksparteien SPD und CDU/CSU in den vergangenen Jahrzehnten dermaßen an Wählerzuspruch einbüßen konnten.
Fragen Sie sich das ernsthaft?
Sie nennen einen “netten” chinesischen Fluch zu Eingang ihres Posts. Und leider ist dieser Fluch sehr klar.
Ich stelle mal die These auf – in Burg (Spreewald) an der Schule und im Ministerium so gewollt.
Hochachtung für die beiden Kollegen!
Bei uns an der Schule und im Kollegium seid ihr herzlichst willkommen!
Wenn Sie sich da mal nicht täuschen!
KollegInnen, die den Mund aufmachen und Missstände benennen, sind generell nirgendwo so richtig gern gesehen.
Die könnten nämlich auch das positiv gewertete Thema wechseln und sich beim nächsten Mal mit der Schulleitung oder dem Schulamt oder auch mit KollegInnen anlegen, weil ihnen Ungerechtigkeiten, Arbeitsbelastungen, innerschulische Vetternwirtschaft und Privilegienschacherei usw. gegen den Strich gehen.
Nein, wenn man mit der Schulleitung über solche Vorkommnisse spricht, dann sollte diese reagieren.
Tut sie es auch nach mehrmaligen Hinweisen nicht, hat sie es irgendwann verdient, dass jemand den Mund aufmacht.
Wenn Kolleg*innen das anders sehen, dann stimmt mit denen was nicht.
Es ging hier ja nicht darum, dass man Kolleg*innen bei der Schulleitung schlechtgemacht hätte, ohne auch noch vorher mit den Betreffenden geredet zu haben. Das wäre etwas anderes gewesen.
Leider wahr.
In D ist nicht derjenige, der Mist verzapft der Böse, sondern der, der darauf hinweist. Frei nach Tucholsky.
Leider oft erlebt…