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Lehrkräfte zwangsversetzen? Warum das bald wieder in den Fokus rücken könnte

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BERLIN. Lehrer werden dringend gesucht, gerade solche mit abgeschlossenem Lehramtsstudium – auch in Berlin. Bei den Neueinstellungen in der Bundeshauptstadt sind sie an manchen Schulen sogar mittlerweile eine kleine Minderheit. Muss die Bildungsverwaltung entschiedener gegensteuern?

Ist Umsetzen die Lösung? Illustration: Shutterstock

ehrkräfte mit abgeschlossenem Lehramtsstudium sind in manchen Berliner Bezirken inzwischen selten geworden. In Marzahn-Hellersdorf etwa hatten von den 94 im laufenden Schuljahr neu eingestellten Lehrerinnen und Lehrern nur 14 ein Lehramtsstudium beendet. Das geht aus den Antworten der Bildungsverwaltung auf eine Anfrage der beiden SPD-Abgeordneten Maja Lasic und Marcel Hopp hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das sind gerade mal 15 Prozent. Zuvor hatte der «Tagesspiegel» über das Thema berichtet.

«Strategische Steuerung der Verteilung der Lehrkräfte ist die Debatte, die wir mit Blick auf das Schuljahr 2024/25 jetzt führen müssen», sagte Lasic der Zeitung. Der Vorschlag ist nicht neu: Die frühere SPD-Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse hatte eine stärkere Steuerung bei der berlinweiten Verteilung der Lehrkräfte samt der Möglichkeit von Versetzungen gegen den Willen der Betroffenen bereits durchgesetzt. Ihre CDU-Nachfolgerin Katharina Günther-Wünsch machte den Vorstoß aber wieder rückgängig – sie entschied, dass Schulen in der Bundeshauptstadt neue Lehrkräfte wieder eigenverantwortlich einstellen dürfen.

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Der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise, kennt das Problem aus verschiedenen Perspektiven. Er ist gleichzeitig Bezirkselternsprecher in Marzahn-Hellersdorf. Die Bezirke seien unterschiedlich davon betroffen, die in den Randlagen tendenziell mehr, sagte er. In Marzahn-Hellersdorf sei die Situation dramatisch. Es gebe einen großen Lehrkräftebedarf, der mit klassisch ausgebildeten Lehrern nicht zu decken sei. Heise betont, er sei nicht gegen Quereinsteiger. «Aber das Verhältnis droht zu kippen oder ist schon gekippt.»

Auch sein Fazit lautet deshalb: «Hier braucht es mehr Steuerung.» Heise ist allerdings dagegen, Lehrkräfte etwa aus Steglitz-Zehlendorf gegen deren Willen in Berlins Nordosten zu versetzen. «Man muss Anreize schaffen», so der langjährige Elternvertreter. Also etwa das Angebot machen, dass Lehrkräfte für eine befristete Zeit in einen Bezirk gehen, in dem in den Kollegien besonders wenige ein klassisches Lehramtsstudium haben und dann hinterher frei entscheiden können, wo es weitergehen soll.

Eine weitere Möglichkeit ist aus seiner Sicht, gezielt diejenigen anzusprechen, die schon signalisiert haben, dass sie die Schule wechseln wollen oder diejenigen, die über einen Wechsel nachdenken. Für sie könnte es eine Möglichkeit sein, in einen Mangelbezirk zu wechseln, wenn es für sie dort eine Schule gibt, die ihren Vorstellungen entspricht.

Immerhin: Bekannt ist, dass eine Maßnahme nicht wirkt – eine Geldprämie für Lehrkräfte an besonders schwierigen Standorten nämlich. Berlin war bereits im Sommer 2018 dazu übergegangen, Brennpunktlehrern 300 Euro zusätzlich zu bezahlen. Dafür stellte der Senat pro Jahr neun Millionen Euro bereit. «Die Zulage hat keine steuernde Wirkung», so lautete allerdings die Bilanz der damaligen Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nach einem Jahr. Von Anfang an war das Projekt von Skepsis begleitet gewesen, weil aus den Schulen signalisiert wurde, dass man nicht mehr Geld, sondern eine Stundenentlastung brauche. Dem aber folgte Scheeres nicht, da dies den Lehrermangel noch verschärft hätte, wie seinerzeit der «Tagesspiegel» berichtete.

Keine wirkungsvollen Anreize – keine Zwangsversetzungen: Dass die jetzige Bildungssenatorin Günther-Wünsch dann entschied, auf die zwischenzeitlich eingeführte Steuerung bei der Stellenbesetzung wieder zu verzichten, wurde von der GEW und der Vereinigung der Berliner Schulleitungen (VBS) im vergangenen Jahr scharf kritisiert.

«Die plötzliche Kehrtwende stellt zahlreiche Schulen vor erhebliche Probleme. Es ist zu befürchten, dass bereits erfolgte Zusagen einzelner Lehrkräfte nun wieder zurückgezogen werden. Vor allem an Schulen in nicht nachgefragten Bezirken werden ausgebildete Lehrkräfte versuchen, in vermeintlich besseren Schulen und Bezirken unterzukommen. Die Schulleitungen an den betroffenen Schulen stehen dann vor der schier ausweglosen Situation, überhaupt einen geordneten Schulbetrieb im nächsten Schuljahr vorzubereiten“, kritisiert Nuri Kiefer, Vorsitzender der Berliner Schulleitungen in der Berliner GEW, und spricht von «fatalen Folgen der Entscheidung». Die scheinen sich tatsächlich nun abzuzeichnen. News4teachers / mit Material der dpa

Lehrermangel: Berlins neue Bildungssenatorin setzt auf Autonomie der Schulen bei Einstellungen – GEW: fatal!

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