MAGDEBURG. Der Lehrkräftemangel ist groß, vor allem in Sachsen-Anhalt. Um Lücken zu schließen, setzt das Bildungsministerium auch auf kreative Lösungsansätze – und schickt beispielsweise Headhunter ins Ausland. Die Kritik, dass die Lehrersuche auf diese Art zu teuer sei, weist Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) zurück.
Beim Anwerben von Lehrerinnen und Lehrer durch Headhunter handele es sich um ein „Erfolgsmodell“, sagte Feußner gegenüber der dpa. Das Projekt sei in seiner Form deutschlandweit einmalig und helfe dabei, mit Personalvermittlungsagenturen gezielt Lehrkräfte auch aus dem Ausland zu gewinnen.
Intern ist das Modell jedoch umstritten, wie die „Magdeburger Volksstimme“ berichtete. Das liegt unter anderem an den hohen Kosten. Laut Daten des Landesbildungsministeriums, auf die sich die Volksstimme beruft, hat das sogenannte Headhunter-Projekt bislang rund 1,2 Millionen Euro gekostet. Das Ergebnis: Mithilfe der Personalagenturen sind in den vergangenen drei Jahre 110 Lehrkräfte aus dem Ausland eingestellt worden, von denen 38 den Schuldienst aber bereits wieder verlassen hätten. Bleiben also Kosten von knapp 17.000 Euro pro fest gebundener Lehrkraft.
Zur Einordnung: Bei seriösen Personalberatungen liegt das Honorar für einen sogenannten Headhunter laut der Personalberatung “personal excellenz” in der Regel zwischen 25 und 33 Prozent des Jahreseinkommens des Kandidaten. Bei großen internationalen Beratungsunternehmen beträgt das Mindesthonorar zumeist 40.000 Euro und mehr.
Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt forderte eine Beendigung der Verträge mit den Vermittlungsagenturen. „Diese Geldverschwendung muss schnellstmöglich beendet werden“, sagte der bildungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Thomas Lippmann. Zweifel an dem Projekt hätten seit Anfang an bestanden. Schon nach kurzer Zeit sei klar gewesen, dass der hohe finanzielle Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum geringen Ergebnis stehe. Auch der Koalitionspartner SPD distanziert sich laut Medienberichten inzwischen von dem Projekt.
Bildungsministerin Feußner hält jedoch daran fest und nannte die Lehrkräfterekrutierung im Ausland ein „probates Mittel“. „Jede Lehrkraft, die in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt eingestellt werden kann, bedeutet einen Erfolg“, sagte sie gegenüber der „Magdeburger Volksstimme“. Zugleich werde dadurch die Diversität im Lehrerzimmer erhöht, was insgesamt eine Bereicherung für die Schulen sei.
Bildungsministerin Feußner fordert eine „Willkommenskultur“
Diskussionen gibt es aber nicht nur aufgrund der hohen Kosten. Das Landesschulamt hat darüber hinaus ein einer internen Auswertung etliche Missstände offengelegt. Demnach seien zahlreiche zur Zahlung an die Agenturen angewiesene Rechnungen als „nicht vertragskonform“ bezeichnet worden. Es seien etwa Menschen rekrutiert worden, die über die Abschlüsse Lehramt Japanisch, Modern East Asian Studies oder serbische Sprache und Literatur verfügten, berichtete die Volksstimme.
Das Landesschulamt bestätigte auf Anfrage der dpa, dass in der vergangenen Woche eine Besprechung zu dem Thema stattgefunden habe. Dazu habe es auch dienstinterne Ausarbeitungen des Landesschulamtes gegeben. Bei der Erfüllung von Verträgen komme es durchaus vor, dass es Meinungsverschiedenheiten über die Leistung gebe, teilte das Landesschulamt auf Anfrage mit. „Solche Erörterungen führen jedoch nicht dazu, dass das Ziel eines Vertrages insgesamt infrage steht.“
Feußner forderte die Schulen auf, mehr Verständnis zu haben. Es brauche eine gewisse Willkommenskultur, damit das Projekt erfolgreich sein könne. Die Bildungsministerin bestätigte aber auch, dass es gewisse Anpassungen geben werde. So gebe es trotz Sprachzertifikaten bei den ausländischen Lehrkräften vereinzelt Sprachprobleme. „Wenn man sich nicht ordentlich artikulieren kann, dann ist es schwierig vor einer Klasse zu bestehen“, sagte Feußner. In Zukunft solle es daher möglicherweise Sprachkurse für die angehenden Lehrer geben. News4teachers mit Material der dpa
Expertenbericht: Mehr als 9.000 Lehrer werden benötigt – allein in Sachsen-Anhalt
