POTSDAM. Mehr Bildungsqualität in der Kindertagesbetreuung in Brandenburg, das verspricht sich Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) vom heute vorgestellten Bildungsplan. „Brandenburg war noch nie so kinderfreundlich wie heute“, so der Minister. Diese Vorreiterrolle baue das Land mit den neuen Leitlinien für pädagogisches Handeln weiter aus. Im Fokus dieser: die Kinderrechte. Entsprechend fordert der Bildungsminister, Respekt vor dem Recht der Kinder auf Selbstbestimmung.
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg will Kindertagesstätten stärker in die Bildung von Kindern einbeziehen. Zwar seien Kitas keine Schulen und das bleibe auch so, sagte der SPD-Politiker bei der Vorstellung des Kita-Bildungsplans. Doch die Grundlage für eine gelungene Bildungsbiografie werde im frühen Alter gelegt.
Der Bildungsplan lege die Leitplanken fest, innerhalb derer den Kindern künftig in Alltagssituationen Wissen vermittelte werden soll. Das rund 130 Seiten umfassende Werk sei als Empfehlung zu verstehen. „Der Bildungsplan greift den Stand der Wissenschaft auf und verbindet ihn mit der Erfahrung aus der Praxis“, betont der Bildungsminister. Künftig sollten alle Fortbildungen und Materialien für Kita-Pädagogen darauf aufbauen, so Freiberg. Den Bildungsplan selbst begleitet eine Fortbildungskampagne für Erzieherinnen und Erzieher sowie Kitaträger.
Anregungen für Alltagssituationen
Der brandenburgische Bildungsplan ist altersübergreifend konzipiert – also für Krippe, Kindergarten, Hort, Kindertagespflege sowie alternative Angebote der Kindertagesbetreuung. Er gibt Anregungen und Beispiele, wie pädagogische Fachkräfte Alltagssituationen pädagogisch gestalten und mit Themen unterschiedlicher Bildungsbereiche systematisch verknüpfen können. Zu diesen gehören unter anderem die Bereiche Mathematik, Sport, Natur, Sprache und Kommunikation, Philosophie und digitale Medien.
Einen besonderen Stellenwert im Bildungsplan nimmt die Selbstbestimmung der Kinder ein. „Im neuen Bildungsplan stehen die Kinderrechte im Vordergrund – das ist eine wichtige Grundlage für kindliche Entwicklungs- und Bildungsprozesse“, erklärt Bianka Pergande, Projektleiterin und ehemalige Geschäftsführerin der Deutschen Liga für das Kind. „Kinder, die sich darauf verlassen können, dass sie im pädagogischen Alltag mitbestimmen können und dass ihre Rechte geschützt sind, entwickeln sich auch kognitiv, sozial und emotional besser.“
Im Fokus: Selbst- und Mitbestimmung fördern
Im Bildungsplan heißt es dazu unter anderem: „Pädagogische Alltagssituationen wie Essen, Spielen, Schlafen und Ruhen sowie Wickeln/Toilettengang und Hygiene berühren die ureigensten Angelegenheiten von Kindern und damit unmittelbar ihr Autonomiebedürfnis. Ziel in diesen Situationen ist, dass Kinder die Erfahrung von Selbst- und Mitbestimmung machen.“ Pädagogische Fachkräfte sollten sie dabei feinfühlig unterstützen. „Kinder sind Experten ihres Lebens“, sagte Minister Freiberg bei der Vorstellung des Bildungsplans. Es brauche auch etwas Respekt vor ihrem Recht auf Selbstbestimmung.
Beispiel Essenssituation: Die Kinder sollen laut Bildungsplan künftig stärker selbst mitbestimmen dürfen, was auf den Teller kommt und wie viel sie essen wollen – ganz ohne Druck. Weder sollen Erzieher*innen Vergleiche anbringen, etwa zu anderen Kindern der Gruppe, die mehr gegessen haben, noch Bedingungen stellen, wie „Nachtisch gibt es erst, wenn du aufgegessen hast!“. Die Kinder sollen auf diese Weise ihre körperlichen Signale für Hunger und Sattsein spüren lernen. Sie „müssen austesten können, ob sie vom Rosenkohl probieren wollen oder nicht“, so Bianka Pergande, eine der Projektleiterinnen.
Beispiel Ruhesituation: Die Kinder sollen lernen, ihr Bedürfnis nach Erholung wahrzunehmen. „Deshalb müssen sie selbst entscheiden können, ob, wann, wie und wo sie schlafen oder ruhen“, heißt es im Bildungsplan. Je mehr die Kinder daran gewöhnt seien, ihre körperlichen, seelischen und sozialen Bedürfnisse wahrzunehmen und je selbstverständlicher es für sie sei, dass sie sich im Tagesablauf zwischendurch mal ausruhen können, desto eigenständiger würden sie die Ruheinseln des Alltags in Anspruch nehmen.
Allerdings, darauf weist der Bildungsplan ebenfalls hin, sei es besonders bei sehr jungen Kindern und bei Kindern mit Beeinträchtigungen wichtig „zwischen ihrem Autonomiebedürfnis und der tatsächlichen Selbstständigkeit zu unterscheiden“. Denn das Bedürfnis nach Autonomie gehe nicht automatisch mit der Fähigkeit einher, Handlungen auch ohne Hilfe verrichten zu können.
Mehr Unterstützung bei Umgang mit digitalen Medien
Eine größere Bedeutung soll fortan auch der Umgang mit digitalen Medien bekommen. Digitale Medien sollten den Kindern als Werkzeuge gezeigt werden, um die Welt zu erkunden, hieß es vom Bildungsministerium. Kinder müssten darauf vorbereitet werden, verantwortungsvoll selbst gewählte Mittel zu nutzen, um Informationen zu empfangen und weiterzugeben. Beim Kommunizieren über die Medien und beim Erstellen eigener Inhalte sollen sie so unterstützt werden.
In dem Plan heißt es unter anderem: „Macht Medien zum Thema in Gesprächen, Spielen, Projekten und Elternabenden!“ Zudem solle man mit den Kindern und Erziehungsberechtigten über Vorlieben und Ängste, über Handynutzung, Werbung und Online-Spiele sprechen.
Auch das Thema gesundes Medien-Nutzungsverhalten dürfe nicht fehlen. Kinder sollten ein Gespür dafür entwickeln, wie man sich im Netz zu bewegen habe. „Kann im Netz jeder machen, was er will? Oder gibt es einen Bestimmer, Gesetze oder ein Internet-Gefängnis? Wann ist ein Passwort sicher?“ Das seien Fragen, die mit den Kindern besprochen werden sollten. News4teachers / mit Material der dpa
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