Für die Messerattacke mit mehreren Verletzten an einem Wuppertaler Gymnasium ist ein Oberstufenschüler wegen dreifachen versuchten Mordes zu zwei Jahren und zehn Monaten Jugendhaft verurteilt worden. Der Schüler habe vier Mitschüler mit einem Messer in Hals und Kopf gestochen, sagte eine Gerichtssprecherin.
Drei von ihnen habe er von hinten und mit größerer Wucht angegriffen. Diese Fälle wertete das Landgericht in Wuppertal als Mordversuche. Einen Mitschüler habe er von vorne und mit nicht so großer Kraft attackiert. Dies wertete das Gericht als gefährliche Körperverletzung. Bei der Tat habe er sich in einer persönlichen Ausnahmesituation befunden. Die Haftbefehle gegen ihn seien vorübergehend aufgehoben worden.
Der 17-Jährige war besonders fleißiger Einser-Schüler und Stufen-Bester am Gymnasium
Die Richter begründeten das Strafmaß auch damit, dass die Verletzungen nicht so gravierend waren. Die angegriffenen Schüler hatten bereits am nächsten Tag wieder die Schule besuchen können. Der 17-Jährige war besonders fleißiger Einser-Schüler und Stufen-Bester am Gymnasium. Es habe sich um einen einmaligen Ausraster seines Mandanten gehandelt, der sich damals selbst mit seiner Lernwut unter erheblichen schulischen Druck gesetzt habe, sagte sein Strafverteidiger Mustafa Kaplan.
Kaplan zeigte sich zufrieden: Es handele sich um ein mildes Urteil, auch wenn er sich für eine Verurteilung lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung eingesetzt habe. Nach sieben Monaten Untersuchungshaft könne der Schüler nun erst einmal zurück zu seiner Familie.
Am Tattag sei vieles zusammen gekommen, was zu der Eskalation geführt habe, darunter auch, dass er ein Familienmitglied durch eine Gewalttat verloren habe. Ein Streit mit Mitschülern habe schließlich den Ausraster ausgelöst. Er werde nun eine Psychotherapie beginnen, um mit Konflikten künftig anders umzugehen.
Die Polizei hatte am Tattag, dem 22. Februar, Amok-Alarm ausgelöst und war mit einem Großaufgebot auch von Spezialkräften zur Schule geeilt. Der Jugendstrafprozess gegen den 17-Jährigen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
“So sehr ich ihm persönlich wünsche, dass er seine Schullaufbahn fortsetzen kann… Das wäre nicht gut”
Schulleiterin Claudia Schweizer-Motte hatte beim Prozessbeginn gesagt, die Schüler gingen sehr unterschiedlich mit der Tat um. Für einige sei sie Vergangenheit, andere seien noch in Behandlung. Sie könne sich aber nicht vorstellen, den Angeklagten bald wieder als Schüler zu begrüßen. «So sehr ich ihm persönlich wünsche, dass er seine Schullaufbahn fortsetzen kann, Abitur machen kann und gegebenenfalls auch ein Hochschulstudium: Das wäre nicht gut und auch definitiv ein falsches Signal.» Die Schulleiterin hatte berichtet, sie habe den 17-Jährigen nach der Tat weinend im Arm eines Kollegen vorgefunden.
Laut Anklage hat der Schüler seine Mitschüler in einem Pausenraum plötzlich und unvermittelt mit einem Messer angegriffen und sich anschließend die Klinge selbst in die Brust gerammt. Während es zunächst hieß, mehrere Opfer lägen schwer verletzt auf Intensivstationen, war später nur noch von leichten Verletzungen die Rede. Die schwersten Verletzungen soll sich der Angeklagte selbst zugefügt haben. Drei weitere Betroffene erlitten beim Anblick des Geschehens Schocks. Von Wolfram Lumpe und Frank Christiansen, dpa
Nach Wuppertal: Sorge über Gewalt unter Schülern wächst – mehr Brutalität, bis hin zum Messereinsatz
