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Eltern-Aufstand: Streit um neues Verfahren, das den Zugang zum Gymnasium beschränken soll, landet vor Gericht

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BERLIN. Die neuen Regeln für den Wechsel aufs Gymnasium für Kinder ohne entsprechende Empfehlung sorgen in Berlin weiter für Wirbel – jetzt auch vor Gericht. Zwar wurden mehrere Beschwerden von Eltern und Schülern bereits in Eilverfahren abgewiesen. Weitere Klagen sind jedoch anhängig.

Arbeit für die Verwaltungsgerichte. Illustration: Shutterstock Foto: Shutterstock

Das Berliner Verwaltungsgericht hat den umstrittenen Probeunterricht beim Wechsel aufs Gymnasium für rechtens erklärt. Es wies im Eilverfahren die Beschwerde gegen die neue Zugangshürde ab, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Danach hat eine Schülerin, die den erforderlichen Notendurchschnitt verfehlt und den Probeunterricht zur Eignungsfeststellung nicht bestanden hat, keinen Anspruch auf eine vorläufige Anmeldung am Gymnasium.

Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Zweifel an den Übergangsregeln zur Eignungsfeststellung für das Schuljahr 2025/2026, hieß es vom Gericht. Das Land Berlin habe seinen Gestaltungsspielraum mit den neuen Regeln nicht überschritten und «das elterliche Wahlrecht der Schulform nicht unverhältnismäßig eingeschränkt».

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Die Schülerin beruft sich auf einen Intelligenztest, der ihr überdurchschnittliche Fähigkeiten bescheinigt

In einer Mitteilung des Gerichts wird der Fall wie folgt beschrieben: «Die Antragstellerin erreichte nach der Förderprognose ihrer Schule einen Notendurchschnitt von 2,6 und bekam daher eine Empfehlung für die Integrierte Sekundarschule bzw. Gemeinschaftsschule. Nachdem sie auch im Probeunterricht nur 63 Prozent der erwartbaren Leistungen erzielte, entschied die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, dass ihre Anmeldung an einem Gymnasium unzulässig sei. Hiergegen hat die Antragstellerin einen Eilantrag eingereicht. Sie beruft sich auf einen Intelligenztest, der ihr überdurchschnittliche Fähigkeiten bescheinige, sowie darauf, dass ihre Teilhabebeeinträchtigung nicht angemessen berücksichtigt worden sei. Die Anforderungen an den Probeunterricht seien insgesamt zu hoch gewesen. Die Entscheidung, nicht auf ein Gymnasium gehen zu können, stelle für sie eine unzumutbare Härte dar.»

Dem folgte das Gericht eben nicht. Die Begründung: «Es bestünden auch keine Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung des Probeunterrichts und die festgelegte Bestehensgrenze von 75 %. Daran ändere die hohe Durchfallquote nichts, denn bei den Prüfungsanforderungen verfüge die Behörde über einen weiten Bewertungsspielraum. Das Land Berlin habe sich zudem in zulässiger Weise entschieden, Faktoren wie einen Intelligenzquotienten nicht als Eignungskriterium heranzuziehen, sondern auf die konkret in der Schule gezeigten Leistungen abzustellen, die über die Zeugnisnoten abgebildet werden. Schließlich habe die Antragstellerin weder dargelegt, dass ihr ein Nachteilsausgleich zugestanden habe, noch dass sie der am Tag des Probeunterrichts stattgefundene Streik der BVG benachteiligt habe.»

Hintergrund: Die Streiks der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sorgte dafür, dass viele Schülerinnen und Schüler große Probleme hatten, zur Schule zu kommen.

Der Rechtsweg ist nicht ausgeschöpft: Es kann Beschwerde beim OVG eingelegt werden

Gegen den Beschluss kann Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz, dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, eingelegt werden. Nach Angaben der Gerichtssprecherin wurden zwei ähnlich gelagerte Fälle ebenfalls per Eilverfahren entscheiden. Darüber hinaus liegen dem Gericht nach ihren Angaben bislang ein weiteres Eilverfahren sowie insgesamt vier Klagen zu der umstrittenen neuen Regelung vor.

Angehende Siebtklässler bekommen nur bei einer Durchschnittsnote bis 2,2 eine Empfehlung für das Gymnasium und ab 2,3 eine für eine Integrierte Sekundarschule oder Gemeinschaftsschule. Grundsätzlich galt das auch bisher. Schulen hatten bei einem Notenschnitt von 2,3 bis 2,7 aber noch Ermessensspielraum für eine Empfehlung. Schüler, deren Eltern trotz nicht ausreichender Noten auf einem Besuch des Gymnasiums bestanden, konnten dort ein Probejahr absolvieren. Dieses Modell wird nun durch den Probeunterricht abgelöst.

Berlins Elternvertreter sehen den neuen sogenannten Probetag kritisch. Die mit 2,6 Prozent «extrem niedrige» Bestehensquote habe viele betroffene Eltern schockiert, teilte der Landeselternausschuss (LEA) mit (News4teachers berichtete). «Auch wir als LEA sind vom Ergebnis sehr überrascht.» Vielen Schülern mit einer Empfehlung für die Integrierte Sekundarschule oder Gemeinschaftsschule, die früher das Gymnasium besucht und das Probejahr bestanden hätten, werde nun der Zugang zum Gymnasium verwehrt.

Angesichts der mutmaßlich sehr hohen Anforderungen der Testsituation stelle sich die Frage, wie viele Schüler mit Gymnasialempfehlung den Test wohl bestanden hätten. Die Prüfungssituation am Probetag erzeuge außerdem enormen Druck, der sich negativ auswirke. Außerdem sei unklar, ob die abgefragten Kompetenzen und das notwendige Wissen tatsächlich in der Schule vermittelt wurden.

Der Probetag – eigentlich ein Test – umfasst schriftliche Leistungen in Deutsch und Mathematik sowie die Überprüfung von fächerübergreifenden Kompetenzen wie selbstständiges Arbeiten, Lösung von Problemen oder Teamfähigkeit. News4teachers / mit Material der dpa

Günther-Wünsch: Dass fast alle beim Probetag durchfielen, war “angemessen”

 

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