Nur noch wohlhabende Eltern? Bafög-Zahl sinkt auf niedrigsten Wert seit 2000

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WIESBADEN. Die Zahl der Bafög-Empfänger ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2000 gesunken. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, waren es mit 612.800 Geförderten 22.800 oder 4 Prozent weniger als im Vorjahr. In den Jahren 2022 und 2023 war der Wert zuletzt leicht angestiegen.

Bafög schrumpft dahin. Illustration: Shutterstock

Durchschnittlich erhielten die Geförderten 635 Euro pro Monat – ebenfalls weniger als im Vorjahr, in dem es noch 640 gewesen waren. Die Ausgaben des Bundes für die Bafög-Förderung sanken im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls: um neun Prozent oder 316 Millionen Euro auf 3,1 Milliarden Euro.

Mehr Frauen als Männer unter den Geförderten

Ein Großteil der Geförderten waren laut den Statistikern des Bundesamts Studierende (483.800). 21 Prozent der Geförderten waren Schülerinnen und Schüler (129.000). Studierende erhielten monatlich im Durchschnitt 657 Euro Bafög. Bei Schülerinnen und Schülern lag der durchschnittliche monatliche Förderbetrag bei 539 Euro.

Die Höhe des individuellen Förderbetrags ist unter anderem abhängig von der besuchten Schule, der Unterbringung (bei den Eltern oder auswärts) sowie vom Einkommen der Geförderten und ihrer Eltern.

Die meisten Geförderten waren laut Bundesamt unter 25 Jahre alt und wohnten nicht bei ihren Eltern. Zudem wurden demnach häufiger Frauen als Männer mit Bafög gefördert. So war ähnlich wie in den Vorjahren der Frauenanteil unter den Geförderten mit 59 Prozent größer als der Männeranteil (41 Prozent).

Zusätzliche Förderung zum Studienstart

Zum Start des vergangenen Wintersemesters 2024/2025 wurde zudem die «Studienstarthilfe» als neues Förderinstrument im Bafög eingeführt. Dabei handelt es sich um einen einmaligen finanziellen Zuschuss zum Studienbeginn in Höhe von 1.000 Euro.

Die Förderung richtet sich an Personen unter 25 Jahren, die vor Beginn des Studiums bestimmte Sozialleistungen beziehen und sich erstmalig für ein Studium immatrikulieren – überwiegend begründete sich der Anspruch aufgrund von Bürgergeld-Bezug, hieß es. Die Förderung mit Studienstarthilfe erfolgt unabhängig von einem möglichen monatlichen BAföG-Bezug. Im Jahr 2024 wurden laut Bundesamt 10.700 Menschen mit einer Studienstarthilfe gefördert. Der Bund wendete dementsprechend 10,7 Millionen Euro dafür auf.

«Bafög muss höher, einfacher, digitaler werden.»

Die Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Reform des Bafög geeinigt. Die im Bafög enthaltene Wohnkostenpauschale soll zum Wintersemester 2026/2027 von derzeit 380 auf 440 Euro im Monat angehoben werden. Der sogenannte Bafög-Grundbedarf von monatlich 475 Euro soll ab 2027 in zwei Schritten steigen.

Reformbedarf sieht angesichts der Zahlen auch das Deutsche Studierendenwerk. «Das BAföG schwächelt seit langem; es ist zu niedrig und erreicht zu wenig Studierende», kritisierte Sprecher Stefan Grob. Er forderte: «Das Bafög muss höher, einfacher und digitaler werden.»

Auch Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sieht in den nun veröffentlichten Zahlen den Handlungsbedarf beim Bafög unterstrichen. «Die Zahl der Geförderten stagniert. Die Fördersätze für Wohnen, den Lebensunterhalt und die Ausbildungskosten decken den tatsächlichen Bedarf nicht», sagte sie.

Studien zeigen: Viele Anspruchsberechtigten beantragen gar kein Bafög, obwohl sie formal berechtigt wären. Der Hauptgrund: Die meisten von ihnen unterschätzen ihre Förderfähigkeit, fälschlich ausgehend vom zu hohen Elterneinkommen. Auch Ängste vor Rückzahlung verhindern viele Anträge. Es mangelt vielfach an Informationen – besonders über Fördergrenzen, Rückzahlung und elternabhängige Anrechnung.

Allerdings hat laut DGB eine Reihe von Gesetzesänderungen in der Vergangenheit den Kreis der Förderungsempfänger geschrumpft und die Bedarfssätze oft nicht im Schritt mit realen Lebenshaltungskosten (etwa Mieten) angepasst. Einkommens‑ und Vermögensfreibeträge wurden verzögert oder unzureichend erhöht, sodass viele formal Anspruchsberechtigte dennoch keinen Anspruch haben. News4teachers / mit Material der dpa

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Andreas
2 Monate zuvor

Herrschaftszeiten, wenn man mit Bafög gefördert werden möchte, stelle ich den Antrag. So einfach ist der Lack. Und wenn ich den Antrag nicht ausfüllen kann, suche ich mir Hilfe. Es mag Sondersituationen geben, wo es echt ätzend wird (Stichwort ein Elternteil bringt die Dokumente nicht bei). Es muss doch nun wirklich auch jedem Menschen in Hintertupfingen klar sein, dass die Bearbeitungszeiten circa 3-6 Monate dauern. Es ist nicht Aufgabe des Staates, jedem Berechtigten auch noch unter die Nase zu reiben, dass er förderfähig wäre. Vielleicht kann man einfach zur Kenntnis nehmen, dass es eventuell ein gutes Zeichen ist, wenn weniger Menschen Bafög beziehen? Und ich bin der Meinung, dass das Baföghöhe nach Region gezahlt werden sollte. Ich hätte auch gerne an der TUM studiert, konnte ich aber nicht, da München zu teuer. Wurde es halt Halle/Saale. Es gibt genügend sehr gute Studienorte, wo es sich mit Bafög+Kindergeld (+Minijob) ganz gut leben lässt.

GBS-Mensch
2 Monate zuvor
Antwortet  Andreas

“Es muss doch nun wirklich auch jedem Menschen in Hintertupfingen klar sein, dass die Bearbeitungszeiten circa 3-6 Monate dauern.”

Sie haben jetzt den (fun) Fakt unterschlagen, dass der Antrag ohne Immatrikulationsbescheinigung gar nicht bearbeitet wird. Das heißt also, dass man die ersten Monate des Studiums ohne Einkommen überbrücken muss.

Nick
2 Monate zuvor

Man mag mich gern korrigieren. Bafög muss doch, zumindest teilweise, zurückgezahlt werden?

Indra Rupp
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

Interessiert mich auch, da mein Sohn jetzt in die 13 kommt.

Indra Rupp
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

Laut Tante Google 50%,max 10.000 Euro.

Lesebrille
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

Man musste zu meiner Studienzeit (zugegebenermaßen schon etwas her) die Hälfte des erhaltenen Geldes zurückzahlen.
Wenn man die für einen Studiengang vorgesehene Zeit überschritten hat (zumindest damals in Physik nicht unüblich), war es möglich, als Verlängerung für ein Jahr ein Darlehen zu beantragen, das aber dann komplett zurückgezahlt werden musste.
Und wer einen besonders guten Abschluss erreichte, konnte einen zusätzlichen “Rabatt” auf die Rückzahlung des Bafögs bekommen.

C. Hoffmann
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

Stimmt. Das teilweise ist hier der springende Punkt. Dazu kommt die Inflation und der Umstand, dass man erst 5 Jahre nach Ende des Studiums zurückzahlt. Unterm Strich also ein Minusgeschäft für den Staat. Insbesondere dann, wenn die jeweiligen Anschlüsse auf dem Markt gar nicht nachgefragt werden. Sinkende Zahlen sind also zu begrüßen.

Nick
2 Monate zuvor
Antwortet  C. Hoffmann

Ist u. U. ein Minusgeschäft für den Empfänger. Der steht nach seinem Studium mit einem Betrag X in der Kreide.

Teacher Andi
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

So ist das halt, wenn man einen Kredit aufnimmt, und dieser ist auch noch zinslos. Es gibt Länder, da kostet ein studium immense Gebühren, bei uns alles kostenfrei. Und es ist immer noch nicht genug? Man muss im Studium die Ansprüche halt auch mal etwas runterschrauben. Die Studenten in abgerissenen Jeans und ausgewaschenen T-Shirts von damals sieht man heute nicht mehr.

Nick
2 Monate zuvor
Antwortet  Nick

Der zurückzuzahlende Betrag muss ersteinmal erwirtschaften werden. Das Geld steht dann dem laufenden Lebensunterhalt nicht zur Verfügung.

Teacher Andi
2 Monate zuvor

Ich kann mich noch an die Bafög Zeit während meines Studiums erinnern, die Voraussetzungen waren nicht nachvollziehbar. Ich kam aus einer Arbeiterfamilie und habe gelernt, mein Studium durch Nebenjobs selbst zu finanzieren, da die Zuschüsse seitens des Elternhauses verständlicherweise begrenzt waren und das Sportstudium teurer war als andere Studiengänge, da man Skikurse finanzieren musste, Fortbildungskurse und die Sportausrüstung. Es war aber möglich. Studenten-WG inklusive, man schrie nicht nach dem Staat. Allerdings musste ich feststellen, dass ein Kommilitone Bafög bekam (ich hoffe nicht, dass dies die Regel war), der aus reichem Elternhaus kam, einen Karman Ghia fuhr und dessen Hobby Drachenfliegen war. Wir haben das damals so registriert, wunderten uns aber schon, wie das geht.
Vilelleicht ein anekdotischer Fall, weiß man es? Ich möchte damit nur klarstellen, dass Bafög, wie so viele staatliche Unterstützungen, nicht unbedingt zielgerecht eingesetzt wird, und dass man durchaus ein kostenloses Studium auch mit anderen Mitteln bestreiten kann, wenn man nicht allzu anspruchsvoll ist.