„Nicht sexy“: Bär will BAföG umbenennen – Studierende: An Problemen vorbei

0

BERLIN. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) will das BAföG reformieren – und ihm womöglich auch einen neuen Namen verpassen. Die Begründung: Das Kürzel klinge „nicht total sexy“. Studentische Verbände reagieren mit scharfer Kritik. Statt PR-Tricks brauche es endlich ein gerechtes, elternunabhängiges und existenzsicherndes System, fordern sie.

“Nicht total sexy”: Bundesforschungsministerin Dorothea Bär (CSU). Foto: Bundesregierung

In einem ARD-Interview kündigte die neue Bundesforschungsministerin Dorothee Bär, seit Mai im Amt, eine umfassende BAföG-Novelle für das Wintersemester 2026/27 an. Die Förderung solle „schneller, digitaler und bekannter“ werden. Doch Bär will offenbar auch am Image des Bundesausbildungsförderungsgesetzes arbeiten. Das Wort sei „ein Galgenmännchenwort“, das „nicht total sexy“ klinge, sagte die CSU-Politikerin. Ein neuer Name, vielleicht in Richtung „Stipendiensystem“, könne helfen, das BAföG aus der Wahrnehmungsecke des Altmodischen zu holen. Vorschläge seien willkommen.

Ob der neue Schwung tatsächlich mehr junge Menschen zur Antragstellung bewegt, bleibt allerdings fraglich. Denn die Zahl der Geförderten ist seit Jahren rückläufig: 2024 erhielten nur noch rund 612.800 Menschen BAföG – der niedrigste Stand seit 25 Jahren. Bär betont, ihr gehe es grundsätzlich darum, „dass es nicht am Geldbeutel des Elternhauses scheitern darf, ob man ein Studium in Angriff nimmt oder nicht“.

„Das BAföG ist nicht altbacken, es ist ausgehungert“

Bei Studierenden stößt Bärs Idee gleichwohl auf Unverständnis. Der Bundesverband Campusgrün, die Vereinigung grün-alternativer Hochschulgruppen, spricht von Symbolpolitik und Realitätsferne.

„Wer glaubt, das Problem am BAföG sei der Name, hat nicht verstanden, was soziale Realität heißt“, sagt Bundessprecherin Helena Schnettler. „Es geht nicht um ‚Sexyness‘, sondern darum, dass Studierende von dieser Unterstützung leben können. Das BAföG ist nicht altbacken, es ist ausgehungert – politisch und finanziell.“

Auch ihr Sprecherkollege Constantin Meyer zu Allendorf kritisiert den Vorstoß als „Symbolpolitik auf CSU-Niveau“. Anstatt über Begriffe zu diskutieren, müsse die Bundesregierung dafür sorgen, „dass kein Studi mehr Angst vor der Miete oder dem nächsten Semesterbeitrag haben muss“.

Forderung nach echter Reform

Campusgrün fordert statt einer Imagekampagne eine echte strukturelle Reform. Dazu gehören aus Sicht des Verbands höhere Bedarfssätze und Wohnkostenpauschalen, eine elternunabhängige Förderung als Regelfall sowie ein digital funktionierendes, bundeseinheitliches Antragsverfahren.

Bis zu 70 Prozent der Anspruchsberechtigten stellen derzeit keinen Antrag, schätzt der Verband – aus Angst vor Bürokratie oder weil sie fälschlich glauben, ohnehin keinen Anspruch zu haben. Das sei Ausdruck einer „sozialen Schieflage“, die eine reine Namensänderung nicht beheben könne. „Für uns Studis ist klar: Es geht nicht um sexy Begriffe, sondern um echte Teilhabe, soziale Gerechtigkeit und ein Studium ohne Existenzangst“, heißt es in der Stellungnahme. Derzeit beträgt der BAföG-Höchstsatz 992 Euro, inklusive 380 Euro Wohngeld. Angesichts steigender Mieten reicht das vielen Studierenden kaum zum Leben. News4teachers

Nur noch wohlhabende Eltern? Bafög-Zahl sinkt auf niedrigsten Wert seit 2000

Anzeige

Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments