
Nach viel Kritik an der bisherigen Praxis gibt es für Lehrkräfte an Berliner Schulen bei Diskriminierungsfällen künftig eine zentrale Beschwerdestelle. Sie soll nach Angaben der Bildungsverwaltung auch für andere Beschäftigte im Schuldienst zuständig sein. «Das Ziel ist es, zukünftig ein standardisiertes Vorgehen zu schaffen», sagte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch.
Wie arbeitet die Beschwerdestelle?
Zunächst soll es ein erstes Gespräch mit denjenigen geben, die eine Beschwerde eingereicht haben. Wenn das Verfahren gestartet ist, soll auch mit der beschuldigten Person gesprochen, gegebenenfalls sollen Zeugen gehört werden. Im Einvernehmen mit der Lehrkraft, die sich an die Beschwerdestelle gewandt hat, können Maßnahmen vereinbart werden, die die Dienstbehörde anschließend umsetzen soll.
Wem untersteht die Beschwerdestelle?
Sie soll ausdrücklich extern und unabhängig sein. Lehrkräfte, die sich über Diskriminierungserfahrungen beschweren möchten, bekommen die Möglichkeit, darüber mit Experten zu sprechen, die nicht zur Schulleitung, Schulaufsicht oder Bildungsverwaltung gehören.
Wer sind die Ansprechpartner in der Beschwerdestelle?
Es gibt drei Ansprechpartner: Ute Lehmann war mehrere Jahre Leiterin der Schulaufsicht in Spandau und arbeitet als externe Beraterin für Schulen und Schulaufsichten. Meinhard Jacobs war lange Leiter der Schulaufsicht in Neukölln und ist Mitglied im Beirat der Anlaufstelle Diskriminierungsschutz an Schulen. Dietrich Kruse war Schulleiter in Berlin und mehrere Jahre in der Fortbildung für Schulleitungen tätig.
Wie schnell sollen Beschwerden bearbeitet werden?
Der Anspruch sei, auf eine Beschwerde in der Regel innerhalb einer Woche eine erste Rückmeldung zu geben, sagte Jacobs. Wie lange das gesamte Verfahren dauere, hänge allerdings von vielen Faktoren ab.
Was passiert nach dem Beschwerdeverfahren?
Die Lehrkraft soll nach Abschluss des Verfahrens die Gelegenheit für eine Rückmeldung bekommen. Dafür wird noch ein Feedback-Bogen entwickelt. Wenn sie signalisiert, dass die Maßnahmen zu ihrer Zufriedenheit umgesetzt wurden, wird der Fall abgeschlossen.
Wann startet die Beschwerdestelle?
Beschwerden können ab sofort an die Stelle gerichtet werden. Bildungssenatorin Günther-Wünsch hatte den Start für Mitte Oktober in Aussicht gestellt. Er hat sich allerdings verschoben.
Wie wird die Arbeit der Beschwerdestelle ausgewertet?
Die Arbeit der Beschwerdestelle soll nach gut einem Jahr evaluiert werden, wie die Bildungssenatorin ankündigte. Unter anderem soll Bilanz gezogen werden, wie viele Beschwerden bei den drei Ansprechpartnern ankommen und wie gut die Arbeit zu schaffen ist. Bei Bedarf müsse die Beschwerdestelle ausgebaut werden.
Welche Rolle spielen aktuelle Diskriminierungsfälle?
Zwei Fälle von queerfeindlicher Diskriminierung gegen Lehrkräfte in Berlin haben in diesem Jahr für viele Schlagzeilen gesorgt. In dem einen wurde der schwule Lehrer Oziel Inácio-Stech an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit nach eigenen Angaben wegen seiner Homosexualität monatelang von Schülerinnen und Schülern beschimpft und beleidigt (News4teachers berichtete).
In dem zweiten wurde der Ehemann eines schwulen Lehrers am Campus Rütli in Berlin-Neukölln unter anderem durch nächtliche anonyme Anrufe und ein Schreiben mit obszönen Beleidigungen gemobbt (News4teachers berichtete ebenfalls). Am Umgang mit beiden Diskriminierungsfällen gab es viel Kritik. Die öffentliche Aufmerksamkeit dafür hat auch die Diskussion um die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle verstärkt. News4teachers / mit Material der dpa








