Jesus-Kind, auf fünf Mikrometer geschrumpft: Wie Forschung MINT-Bildung greifbar macht

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AUGSBURG. Ausgerechnet eine Weihnachtskrippe macht sichtbar, was moderne MINT-Bildung und angewandte Forschung heute leisten können. Wissenschaftler an der Universität Augsburg haben mit einem hochpräzisen Ionenstrahl eine winzige Krippenszene in eine hauchdünne Goldschicht „gebrannt“ – vermutlich die kleinste Weihnachtskrippe der Welt. Jede Figur ist nur fünf Mikrometer hoch und breit, also fünf Millionstel Meter. Entstanden ist das Kunstwerk im Anwenderzentrum Material- und Umweltforschung (AMU), das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert.

Weihnachtskrippe, wie wir sie kennen, und… (Illustration: Shutterstock)

Der ungewöhnliche Weihnachtsgruß ist mehr als eine technische Spielerei. Er steht exemplarisch für das, was das AMU seit einem Vierteljahrhundert auszeichnet: naturwissenschaftlich-technisches Know-how so aufzubereiten, dass es für Industrie, Gesellschaft – und insbesondere für Bildung – nutzbar wird. Gerade der Transfer in die MINT-Bildung gehört zu den zentralen Aufgaben des Zentrums an der Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät der Universität Augsburg.

Die Krippe selbst entstand mithilfe des sogenannten Focused Ion Beam Sputtering (FIB). Dabei trägt ein hochfokussierter Ionenstrahl, häufig aus Gallium, gezielt Material ab und ermöglicht Strukturen im Mikro- und Nanometerbereich. In einem Rasterelektronenmikroskop wurde so eine vollständige Szene mit Maria, Josef, dem Jesuskind, dem Stall und sogar dem Stern von Bethlehem auf einen winzigen, mit Gold beschichteten Diamanten gesputtert. Offiziell vermessen und als Weltrekord bestätigt ist die Krippe zwar nicht – die Chancen wären jedoch gut.

Dass solche Hochpräzisionstechniken nicht nur Grundlagenforschung vorbehalten bleiben, ist ein Kernanliegen des AMU. Gegründet wurde das Zentrum im Jahr 2000 auf Initiative von Physikprofessoren und mit Unterstützung des Freistaats Bayern. Ziel war es von Anfang an, den Wissenstransfer zu stärken und anwendungsnahe Forschung für externe Partner zu öffnen. Heute bietet das AMU ein breites Spektrum an Analysen und Methoden an und arbeitet eng mit Industrie und anderen gesellschaftlichen Akteuren zusammen.

„Wir blicken stolz auf eine 25 Jahre junge Erfolgsgeschichte zurück“, sagt Dr. Timo Körner, Leiter des AMU-Bereichs Auftragsanalytik. „Was mit ein paar Auftragsanalysen und Kleinprojekten begann, ist heute zu einer interdisziplinären Plattform gewachsen. Abwechslungsreiche Themen, wie KI, Wasserstofftechnologien oder eine Zusammenarbeit mit der Medizin, werden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.“

… das geschrumpfte, nur unter dem Elektronenmikroskop erkennbare Modell. Eine Figur ist etwa fünf Mikrometer groß. Zum Vergleich: Ein Menschenhaar ist zehn- bis 20-mal so dick. Foto: Universität Augsburg

Für Schulen, Kinder und Jugendliche besonders relevant ist die zweite große Säule des Zentrums: die MINT-Bildung. Dieser Bereich trägt an der Fakultät die Verantwortung für Nachwuchsförderung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik und koordiniert zugleich das regionale Netzwerk MINT-Region A³. Dieses umfasst die Stadt Augsburg sowie die Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg und verfolgt ein ambitioniertes Ziel: eine durchgängige MINT-Bildungskette von der frühkindlichen Förderung bis zur Promotion.

„Wir sind bayernweit bekannt für unsere fundierte MINT-Bildungsarbeit, die vor 12 Jahren mit der Gründung des ersten deutschen Faserverbundschülerlabors Fahrt aufgenommen hat“, sagt Dr. Marietta Menner, Leiterin des AMU-Bereichs MINT_Bildung. Besonders sichtbar ist diese Arbeit im DLR_School_Lab, in dem jährlich mehr als 4.000 Kinder und Jugendliche für Naturwissenschaft, Technik sowie Luft- und Raumfahrtforschung begeistert werden.

Dabei geht es nicht nur um klassische Experimente, sondern auch um aktuelle Forschungsthemen. „Wir engagieren uns für den MINT-Forschungstransfer und freuen uns, aktuelle Themen wie quantenkritische Materialien und KI so aufzubereiten, dass die Gesellschaft daran partizipieren kann“, so Menner. Für diese Brückenfunktion zwischen Forschung und Öffentlichkeit wurde das AMU jüngst mit dem Augusta Wirtschaftspreis ausgezeichnet.

Die mikroskopisch kleine Weihnachtskrippe ist damit auch ein Sinnbild für einen großen Anspruch: komplexe MINT-Themen greifbar zu machen, Neugier zu wecken und junge Menschen frühzeitig für Wissenschaft und Technik zu begeistern – selbst dann, wenn man sie nur unter dem Elektronenmikroskop sehen kann. News4teachers 

Hier gibt es weitere Informationen zum MINT-Bildungsprogramm des AMU. 

Hier geht es zu allen Beiträgen des News4teachers-Themenmonats “Mission MINT”. 

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