DÜSSELDORF. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sieht die deutsche Demokratie bedroht – ich auch. Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

Überall auf der Welt kämen totalitäre Systeme auf, sagte Voßkuhle dem Tagesspiegel. Deutschland sei da kein “gallisches Dorf”. Eine Ursache sieht der Jurist in der zunehmenden Hetze im Internet. Um die Online-Diskurskultur zu rationalisieren, schlägt Voßkuhle eine Klarnamenpflicht vor. Diese könnte öffentliche Diskussionen entgiften und wäre seiner Ansicht nach verfassungsrechtlich zulässig. Die Verrohung im Netz halte die Gesellschaft auf Dauer nicht aus.
Ein strengerer Jugendschutz, wie die diskutierte Altersgrenze für TikTok und Co., reicht meines Erachtens nicht aus. Das Problem liegt rechtlich tiefer: nämlich in der fehlenden Verpflichtung für die Social-Media-Anbieter, namentlich verantwortliche und damit straf- und zivilrechtlich haftbare Personen für die Inhalte zu benennen.
Jeder kann alles veröffentlichen – auf seiner eigenen Homepage, mit eigenem Impressum, unter eigener Verantwortung
Wir als Betreiber von News4teachers, eines journalistischen Mediums, müssen eine oder einen „Verantwortliche/n im Sinne des Presserechts“ (V. i. S. d. P.) namentlich im Impressum ausweisen. Das bin ich. Ich hafte für Falschinformationen, sollten die über unsere Seite verbreitet werden – auch über solche, die im Leserforum veröffentlicht werden. Wenn dort jemand einen anderen verleumdet, kann das für mich sehr teuer werden. Die logische Folge: Wir erlauben zwar anonyme Posts (weil wir offene Diskussionen unter Lehrkräften ermöglichen möchten), kontrollieren die bei uns erscheinenden Posts aber scharf.
Zensur, wie uns gerne vorgeworfen wird, ist das natürlich nicht. Wir sind keine Behörde und können nichts zensieren, also verbieten. Das ist auch keine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Jeder kann alles veröffentlichen – auf seiner eigenen Homepage, mit eigenem Impressum, unter eigener Verantwortung. Aber eben nicht auf unseren Deckel.
Warum werden die Betreiber von sozialen Medien presserechtlich anders behandelt als wir? Warum müssen sie keinen “V. i. S. d. P.” ausweisen, der im Inland lebt, obwohl sie massenhaft anonyme Posts veröffentlichen? Das ist nicht nur grotesk wettbewerbsverzerrend. Das ist eben auch jugend- und demokratiegefährdend. Müssten Facebook, X, Insta, TikTok und Co. Personen öffentlich benennen, die juristisch greifbar für den Dreck sind, der über ihre Kanäle nicht nur in die Kinderzimmer gelangt, dürfte sich das Problem recht schnell erledigen.
Anschauung bietet die Plattform Linkedin, die sich von einem reinen Stellen- und Bewerbungsmarkt zu einem sozialen Medium entwickelt hat – auch weil die seriösen Nutzerinnen und Nutzer dort von anderen Plattformen fliehen. Jeder, der dort agiert, muss sich beim Betreiber unter seinem Namen und seiner Adresse anmelden. Die Posts können namentlich zugeordnet werden. Und siehe da: Diskussionen laufen (im Großen und Ganzen) zivilisiert ab. Verbreitet wird nichts, was nicht mit Quellen belegt werden kann – und wenn doch, dann fällt das sehr schnell auf.
Ich spiele mit dem Gedanken, aus der Forderung nach presserechtlicher Haftung auch für Social-Media-Betreiber – oder eben Klarnamen-Pflicht für deren Kunden – eine Kampagne zu machen. Würde jemand mitziehen? Interesse gerne im Forum unter diesem Beitrag hinterlegen. Mitstreiter*innen aus der Bildung sind herzlich willkommen. News4teachers
Stoppt die Flut von Desinformation und Hetze, der Jugendliche ausgesetzt sind!








