Dschungelcamp-Affäre: Lehrerin muss nach falscher Krankschreibung fast 10 000 Euro Strafe zahlen

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SOLTAU. Die Mutter von Nathalie Volk ist Lehrerin, sie hat ihre Tochter zu Dreharbeiten nach Australien begleitet. Da war die Pädagogin krankgeschrieben, ein Urlaubsantrag blieb erfolglos. Die Geschichte wird zum Fall, die prominente Tochter tritt vor Gericht als Zeugin auf.

Als das Urteil fällt, harren die vielen Fotografen draußen aus. Die Mutter von Model und Dschungelcamp-Teilnehmerin Nathalie Volk wird zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Richterin am Amtsgericht Soltau befindet sie des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses für schuldig. Die Angeklagte soll 140 Tagessätze von jeweils 70 Euro zahlen. Richterin Stefanie Schülter folgt damit im Wesentlichen der Forderung des Staatsanwalts, der 150 Tagessätze gefordert hatte. Unterm Strich nun also 9800 Euro – wenn das Urteil denn rechtskräftig wird. Schülter ist überzeugt, dass die Mutter sich hat krankschreiben lassen, um die Tochter ins ferne Australien begleiten zu können, nachdem ein Antrag auf unbezahlten Sonderurlaub zuvor abgelehnt worden war.

Nathalie Volk war mit der ProSieben-Show «Germany’s Next Topmodel» bekannt geworden. Im Januar 2016 nahm sie an der zehnten Staffel der RTL-Dschungelshow «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» teil.

Am Donnerstagvormittag rattern die Verschlüsse der Fotoapparate, als die prominente Tochter als Zeugin erscheint. Auch die Kameras der Fernsehsender laufen. Es wird ein eher großer Auftritt im eher kleinen Soltau in Niedersachsen. Kniefreier schwarzer Faltenrock, sehr hohe Absätze, die rote Jacke lässig über die Schulter gehängt. Erst in letzter Sekunde wird die große Sonnenbrille abgenommen, immer wieder streicht Nathalie Volk hinter der Zeugenbank die Haare aus dem Gesicht. Sie bestätigt im Wesentlichen die Aussage der Mutter vom Montag, dem ersten Verhandlungstag. Nur kurz wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, als es um die Krankheit der Angeklagten gehen soll.

Ihre Mutter sei tatsächlich krank gewesen, sagt die Tochter aus. Da schien ihr Australien für die Mutter besser zu sein als «die Kälte in Deutschland». Sie habe die Mutter gar angeschrien, damit sie mitkommt. «Ich konnte sie nicht alleine zu Hause lassen», erklärt die 20-Jährige. «Normalerweise begleitet sie mich immer», ergänzt sie.

Im Dschungelcamp: Model Nathalie. Foto: RTL
Im Dschungelcamp: Model Nathalie. Foto: RTL

Nachdem ihre Mutter mit nach Australien geflogen war, hagelte es zunächst Kritik von Elternvertretern. Die Landesschulbehörde stellt die Beamtin vom Unterricht frei, ein Disziplinarverfahren wird eingeleitet. Im vergangenen Januar folgt dann die Suspendierung. Zuvor hat das Amtsgericht Soltau im Dezember einen Strafbefehl von 7000 Euro gegen die Frau verhängt, 100 Tagessätze von 70 Euro. Den akzeptiert sie aber nicht, darum wird die Sache jetzt verhandelt. Die Bezüge der 47-Jährigen seien auf die Hälfte gekürzt, sagt Verteidiger Andreas Hebestreit, er gehe dagegen bereits vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg vor.

Der Australienbesuch sei mit der Schwere der attestierten Krankheit nicht vereinbar, auch aus Sicht der angehörten Ärztin, argumentiert Staatsanwalt Sven Vonderberg unter anderem. Die Angeklagte habe sich krankschreiben lassen, um nach Australien fliegen zu können. «Dieses „um“ steckt nicht im Sachverhalt», erwidert Verteidiger Andreas Hebestreit. Das beinhalte eine nicht zulässige Schlussfolgerung aus der nach seiner Sicht berechtigten Krankschreibung, betont er und fordert einen Freispruch für seine Mandantin. «Ich möchte sagen: Ich war krank», heißt es noch einmal auch im Schlusswort der Angeklagten.

Doch die Richterin kommt zu einem anderen Schluss als die Verteidigung. «Die Angeklagte ist schuldig des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses», verkündet sie am Nachmittag. Es bestünden keine vernünftigen Zweifel an der Schuld der Angeklagten, erklärt sie. Insbesondere die zeitlichen Abläufe seien dabei maßgeblich. So sei der Vertrag mit der Produktionsfirma unterschrieben worden, als der Urlaubsantrag bestenfalls ungeklärt war, der Flug sei kurz vor der Ablehnung gebucht worden. Auch dass die Produktionsfirma nicht über die Schwierigkeiten informiert wurde, sei «nicht plausibel».

Nur vier Tage nach dem Arztbesuch, war die Angeklagte in der Lage gewesen, nach Australien zu fliegen, so Schülter. Das spreche gegen eine «schwerwiegende Beeinträchtigung», wie attestiert. Auch die Ärztin habe das als Zeugin nicht für möglich gehalten. Die Angeklagte sei erkrankt gewesen, aber nicht so schwer wie diagnostiziert, meint Schülter weiter und möchte den Vorgang «Spontanheilung» nennen. Die Pädagogin habe nach ihrer Überzeugung das Attest gezielt erlangt, um die Reise doch noch antreten zu können. Damit habe sie der Schule und dem Bild des Lehrers geschadet. Sie empfinde das Verhalten als «einigermaßen dreist», betont die Richterin zum Schluss.

Der Fall dürfte die Justiz noch länger beschäftigen, nicht nur vor dem Verwaltungsgericht. «Wir werden in die nächste Instanz gehen», kündigt Hebestreit unmittelbar nach dem Urteilsspruch an. Peer Körner, dpa

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