Wer lächelt, der strahlt auch aus: Glückstraining für Lehrer soll deren Unterricht besser machen

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BRAUNSCHWEIG. In der Psychologie wird Glück als subjektives Wohlbefinden bezeichnet. Gekennzeichnet ist es durch das häufige Auftreten positiver Gefühle und das seltene Auftreten negativer sowie einer hohen Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen. Brauchen Lehrer eine spezielle Anleitung, zum Glücklichsein? Psychologen der TU Braunschweig wollen in einem Modellversuch ein Glückstraining für Lehrer erproben. Das soll letzlich den Schülern zu Gute kommen.

Schönes wahrnehmen, dankbar für Positives sein und sich häufiger gute Taten vornehmen, All das kann zum persönlichen Glück beitragen. Foto: Schönes wahrnehmen, dankbar für Positives sein und sich häufiger gute Taten vornehmen, All das kann zum persönlichen Glück beitragen. Foto: Schönes wahrnehmen, dankbar für Positives sein und sich häufiger gute Taten vornehmen, All das kann zum persönlichen Glück beitragen. Foto: Capture The Uncapturable / flickr (CC BY 2.0)
Schönes wahrnehmen, dankbar für Positives sein und sich häufiger gute Taten vornehmen, All das kann zum persönlichen Glück beitragen. Foto: Capture The Uncapturable / flickr (CC BY 2.0)

Das System Schule lebt in erheblichem Maß von der intrinsischen Motivation der Lehrer. Trotz belastender Rahmenbedingungen und starken Zeitdrucks: Laut einer Studie der Uni Göttingen im Auftrag der GEW sind 85 Prozent der Lehrkräfte zufrieden mit der Arbeit. Aber sind sie auch glücklich?

Glückliche Menschen sind gesünder, leistungsfähiger, kreativer und schaffen es zudem, die Stimmung in ihrer Umgebung aufzuhellen. Das Streben nach Glück beschäftigt Philosophen, Theologen und Literaten seit Jahrtausenden. Aber auch immer mehr Politiker und Unternehmen entdecken Wohlbefinden und Zufriedenheit als wichtige Werte. «Das Thema kommt aus der esoterischen Ecke raus», beobachtet etwa Kommunikationsdesignerin Gina Schöler die sich als Glücksbotschafterin versteht. Ihr Ministerium für Glück und Wohlbefinden ist 2012 als Kunstprojekt an der Mannheimer Hochschule für Gestaltung gestartet. Zum Weltglückstag am 20. März hat die Kampagne #schreibdichglücklich ins Leben gerufen, an der sich rund 3.700 Menschen beteiligt haben.

Tobias Rahm ist dem Glück in einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt auf der Spur. An der Technischen Universität Braunschweig entwickelt er ein spezielles Glückstraining für Lehrer. Mit Hilfe von Kurz-Trainings soll eine langfristige Verbesserung des Wohlbefindens erreicht werden.

Der Psychologe erhofft sich dabei mehrere Effekte: „Glücklich zu sein, ist ja eigentlich schon ein Ziel, dass man gar nicht weiter begründen müsste. Wer ist schließlich nicht gerne glücklich?“ und ergänzt: „Tatsächlich wissen wir aus vielen Experimenten und Studien, dass hohes subjektives Wohlbefinden mit ganz vielen wünschenswerten Dingen assoziiert ist, dazu gehören bessere Gesundheit, höhere Lebenserwartung, mehr Produktivität, Kreativität und Flexibilität, bessere Problemlösekompetenzen und persönliches Wachstum.“

GEW-Studie: Lehrkräfte sind gestresst – und trotzdem zufrieden mit ihrem Beruf. Sogar mit ihrem Gehalt

Mit den Glückstrainings bestehe die Möglichkeit, dass Lehrkräfte motivierter, kreativer und qualitätsvoller ihren gesellschaftlich so bedeutsamen Beruf ausüben können. Letztlich würden davon besonders die Schüler profitieren. Außerdem hätten Lehrer einen psychologisch besonders beanspruchenden Job. So sollen die Trainings auch als Vorbeugung gegen Burn-Out, wirken und psychische Erkrankungen wie Depressionen verhindern.

In Kursen lernen die Teilnehmer, ihre «Glücksanfälligkeit» zu erhöhen, indem sie mehr darauf achten, Schönes wahrzunehmen, dankbar für Positives sind sowie sich häufiger gute Taten vornehmen.

Der Spruch «Jeder ist seines Glückes Schmied» ist heute wissenschaftlich belegt. Internationalen Studien zufolge liegt die Veranlagung zum Glücklichsein zu etwa 50 Prozent in den Genen. Nur 10 Prozent machen die Lebensumstände aus. «Ein neuer Job, ein neues Auto oder ein neuer Fernseher tragen nicht viel zum langfristigen Glück bei», sagt Rahm. Dagegen liege der persönliche Gestaltungsspielraum bei 40 Prozent.

Das für Lehrer gedachte Training wurde bisher in vierwöchigen Kursen mit mehr als 150 Studenten erprobt. Zum Auftakt verteilt Rahm gern ein Heft mit einer Übung: 14 Tage lang soll jeder am Abend drei gute Dinge des Tages aufschreiben und jeweils anfügen, was sein persönlicher Beitrag zum Gelingen war. «Das reicht von großen Dingen wie erfolgreichen Prüfungen über positive Erlebnisse mit anderen bis hin zu kleinen Sachen wie Sonne genießen oder Eichhörnchen beim Klettern zuschauen.» Andere Forscher hätten herausgefunden, dass sich diese abendliche Reflexion sogar positiv auf den Schlaf auswirke.

Glück definieren Psychologen als subjektives Wohlbefinden, gekennzeichnet vom häufigen Auftreten positiver Gefühle und seltenem Auftreten negativer Emotionen. Um dies zu messen, haben die Braunschweiger Forscher die international anerkannte Messskala Scale of Positive and Negative Experience (SPANE) ins Deutsche übersetzt. Sie besteht aus jeweils sechs positiven und negativen Adjektiven, die das gesamte Spektrum unserer Emotionen abbilden sollen.

Erste Ergebnisse bei Studenten weisen Rahm zufolge darauf hin, dass das Training nachhaltig sein könnte. Ende April beginnt ein Pilotversuch mit Lehrkräften an einem Braunschweiger Gymnasium.

Seit 2013 ist der 20. März der von den vereinten Nationen eingeführte Weltglückstag. Initiator war das kleine asiatische Königreich Bhutan, das in den 1970er Jahren das Glück der Bevölkerung zum Staatsziel erklärte und tatsächlich ein echtes Glücksministerium hat.

Johannes Hirata, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Osnabrück glaubt, dass das Konzept des «Bruttonationalglücks» aus Bhutan auch auf Deutschland übertragbar ist. Es gehe darum, die Wirtschaft in den Dienst des Glückes der Menschen zu stellen. «Ich bin der Überzeugung, dass es uns gut tun würde, wenn wir in Vollzeitjobs weniger arbeiten würden, vielleicht 30 Stunden pro Woche», sagt der Ökonom. «Wir hätten mehr Zeit füreinander, für unsere Kinder und für uns selbst, könnten die vielen Anforderungen besser unter einen Hut bringen und hätten so weniger Stress.» Die Beschränkung des Konsums aufgrund des geringeren Verdienstes hätte dann auch positive Folgen für die Umwelt. (zab, Christina Sticht, dpa)

Wann, wenn nicht jetzt? Gebt Lehrern endlich die Unterstützung, die sie brauchen!

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Reni
6 Jahre zuvor

Zitat: „Laut einer Studie der Uni Göttingen im Auftrag der GEW sind 85 Prozent der Lehrkräfte zufrieden mit der Arbeit. Aber sind sie auch glücklich?“

Welch großartiges Studienergebnis und welch rührend fürsorgliche Frage noch obendrauf?!
Das bestätigt die grandiose Arbeit der GEW für ihre Mitglieder aus der Lehrerschaft und auch ihre Erfolge als Schattenregierung in der Schulpolitik.

Diese Gewerkschaftsarbeit ist einzigartig und vorbildlich. Zufriedenheit reicht reicht, Glücklichsein muss noch her. Gibt es einen anderen Berufsstand, der so umsorgt wird?

sofawolf
6 Jahre zuvor

Nicht Glück macht zufrieden, sondern Zufriedenheit macht glücklich!

sofawolf
6 Jahre zuvor

Geld allein macht nicht glücklich!

Sag ich doch ! 😉