New York – Vorbild für deutsche Brennpunkt-Schulen?

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BERLIN. Die Berliner Bildungsverwaltung plant gemeinsam mit der Robert-Bosch-Stiftung ein Programm zur Stärkung von Brennpunkt-Schulen, das Modellcharakter für ganz Deutschland haben soll. Das Vorbild dabei: New York City.

Ein Programm nach New Yorker Vorbild soll Brennpunktschulen in Berlin auf die Beine helfen. Foto:smileham / Flickr (CC BY-NC 2.0)
Ein Programm nach New Yorker Vorbild soll Brennpunktschulen in Berlin auf die Beine helfen. Foto:smileham / Flickr (CC BY-NC 2.0)

„Ziel ist es, durch eine Bildungsbrücke New York-Berlin innovative Konzepte zur Herstellung größerer Bildungsgerechtigkeit für das deutsche Schulsystem nutzbar zu machen“, so teilt die Robert-Bosch-Stiftung mit. „In Berlin sollen in enger Zusammenarbeit mit der dortigen Bildungsverwaltung wirksame Interventionen für nicht oder nur schlecht funktionierende Schulen entwickelt werden.“

Ausgangspunkt der Initiative war eine transatlantische Konferenz, die im Herbst 2011 in New York stattfand. Eine Delegation der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft diskutierte mit Vertretern des New York City Department of Education und weiteren Bildungsexperten über Strategien und konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung des Schulsystems. Seit zehn Jahren hat die Stadt New York systematisch Reformen auf den Weg gebracht, die für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen sollen. Dabei sind die Herausforderungen vergleichbar: Zwischen den Stadtteilen unterscheiden sich die Schülerleistungen in New York um bis zu 26 Prozent, in Berlin sind es sogar über 30 Prozent. Die Abbrecherquote liegt in New York bei zwölf Prozent, in Berlin bei zehn Prozent.

Die Grundlage des geplanten Programms hat der gemeinnützige US-Beratungsdienst  FSG Social Impact Consultants nun mit der Studie „A Tale of Two Cities: Education Reform in New York City and Berlin“ im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung vorgelegt.  Deren Ergebnis: „Mehr Autonomie für Schulen, umfassende Leistungsverantwortung und der Ausbau von Führungskompetenzen sind die drei wichtigsten Bausteine erfolgreicher Bildungsreformen.“

Das Ziel ist der „Turnaround“

Die Studie zeigt, dass der Umgang mit leistungsschwachen Schulen in sozialen Brennpunkten ein wesentlicher Motor für Veränderung ist. Nicht umsonst hat in den USA das Thema nationale Bedeutung: Die Obama-Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die schlechtesten fünf Prozent der US-amerikanischen Schulen (die immerhin 2,5 Millionen Schüler unterrichten) wieder in funktionierende Organisationen zu verwandeln, ihnen den „Turnaround“ zu ermöglichen.

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New York City sei bereits seit einer Dekade dabei, den Wandel zu vollziehen und habe ambitionierte, wenn auch nicht immer unumstrittene Reformen angestoßen, um dem Schulversagen in den sozialen Brennpunkten entgegenzuwirken. Alle Maßnahmen der Bildungsverwaltung seien darauf ausgerichtet, Leistungsdefizite und -unterschiede auszugleichen, die Übernahme von Verantwortung auf Schulebene zu verstärken und die Transparenz im System zu erhöhen, heißt es in der Untersuchung.

„Von großer Bedeutung ist die Balance zwischen Autonomie und Kontrolle durch Leistungsüberprüfung“, meinen die Autoren. In New York sorge die Erhebung von Leistungsdaten für Transparenz und Vergleichbarkeit. Hervorgehoben wird dabei der jährliche „Fortschrittsbericht“, der einen Vergleich zwischen Schulen ziehe, die in ihrer Schülerschaft tatsächlich vergleichbar seien. „Ein Großteil der jährlichen Leistungsnote einer Schule wird hierbei dadurch bestimmt, inwiefern sich die Leistungen der Schüler im Vergleich zum Vorjahr verbessert haben. Somit spielt das absolute Leistungsergebnis der Schüler eine kleinere Rolle und der Lernzuwachs rückt in den Mittelpunkt“,  heißt es. Für jede Schule in New York könne der Fortschrittsbericht und die Entwicklung der Schule in den letzten Jahren von Eltern eingesehen werden.

Die nötige Flexibilität erhalte das System durch den Grundsatz der Subsidiarität: Entscheidungen sollen immer von denjenigen getroffen werden, die die Bedürfnisse der Schule vor Ort am besten kennen. Die Leistungsverantwortung, die der einzelnen Schule in New York übertragen worden sei, gehe einher mit weit reichenden Freiheiten im Finanz- und Personalmanagement. Um die neuen Handlungsspielräume zielorientiert nutzen zu können, erhielten Schulen dort externe Unterstützung in Form von Supportteams und Netzwerken. „In der Konsequenz können sich Schulen auf die Leistung ihrer Schüler und die Verbesserung der Unterrichtsqualität konzentrieren“, so schreiben die Wissenschaftler. Bei der Schulentwicklung spiele die Schulleitung eine zentrale Rolle. Schulleiter müssten „grundsätzlich anders ausgewählt und vorbereitet werden, um sowohl den Bedürfnissen der Schüler als auch den Herausforderungen, die an die neue Führungsrolle geknüpft sind“, gerecht werden zu können. NINA BRAUN

(24.2.2012)

Zum Bericht: „Nach ‚Brandbrief“: Senatorin sichert Schule Hilfe zu“

 

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Shorai_san
12 Jahre zuvor

Hallo,
ich komme aus Berlin. Und wenn es nicht wieder einmal am Geld hapert ist das eine tolle Idee.
Ich persönlich glaube es erst, wenn ich es wirklich sehe.
Liebe Grüße und viel Sonnenschein,
Ihr/ Euer Shorai_san