Es bleibt beim Stellenabbau: Kretschmann pfeift Kultusminister zurück

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STUTTGART. Wieder eingefangen: Der SPD-Kultusminister war ausgeschert, weil er nicht immer noch mehr Lehrerstellen streichen will. Doch hier kennen der Ministerpräsident und sein Finanzminister kein Pardon.

Hat an der Schulpolitik derzeit wohl nicht viel Freude: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Grüne NRW / flickr (CC BY-SA 2.0)
Hat an der Schulpolitik derzeit wohl nicht viel Freude: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Grüne NRW / flickr (CC BY-SA 2.0)

Die grün-rote Landesregierung will trotz des Hilferufs von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bis 2020 in großem Stil Lehrerstellen abbauen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, er sei sich «vollkommen einig» mit Stoch, dass das Kultusressort zur Haushaltssanierung beitragen müsse und gleichzeitig Bildungsreformen umsetzen könne. Auch Finanzminister Nils Schmid (SPD) machte klar, das beides möglich sei. Dies zeige das laufende Jahr, in dem bereits 1000 Lehrerstellen abgebaut würden.

Stoch hatte dagegen in der «Süddeutschen Zeitung» erklärt: «Ich habe durch die sinkenden Schülerzahlen zwar theoretisch freiwerdende Stellen. Diese Mittel muss ich aber nutzen können, die dürfen nicht eingespart werden.» Der Minister verwies dabei auf den geplanten Ausbau von Ganztagsschulen und die Einbeziehung behinderter Schüler in den regulären Schulunterricht (Inklusion). «Wir stehen deshalb vor einer Entweder-oder-Frage. Ich sehe keinen Königsweg, wie sich die geplanten Kürzungen vornehmen lassen», sagte Stoch.

Die grün-rote Regierung hatte vor mehr als einem Jahr beschlossen, bis 2020 rund 11 600 Lehrerstellen zu streichen, weil die Schülerzahlen zurückgehen und im Landeshaushalt gespart werden muss. Vom Jahr 2020 an darf das Land keine neuen Kredite mehr aufnehmen.

Allerdings hatte Stoch am Montagabend seine Interview-Äußerungen bereits selbst relativieren lassen. Ein Sprecher erklärte, dass die Regierung die hohe Unterrichtsqualität trotz der beschlossenen Einsparungen aufrechterhalten wolle. Dem Vernehmen nach hatte es wegen des Stoch-Interviews großen Wirbel bei Grünen und SPD gegeben. So soll auch Schmid von der Ansage seines Kultusministers – eine Woche vor der Bundestagswahl – überrascht worden sein.

Der Finanzminister wollte allerdings am Dienstag keinen Dissens zu Stoch sehen. Auf die Frage, ob die Interview-Äußerung mit ihm abgesprochen gewesen sei, sagte er: «Das ist selbstverständlich mit mir abgestimmt.» Stoch habe das gesagt, was auch die Regierung sage: dass der konkrete Abbau von Lehrerstellen für jeden Haushalt neu besprochen werden müsse, um zu sehen, ob diese mit den Bildungsvorhaben in Einklang zu bringen seien.

Kretschmann erläuterte, auch wenn durch rasanten Schülerrückgang freiwerdende Stellen gestrichen werden, blieben noch zusätzlich tausende Lehrer im System – trotz des Abbaus von 11 600 Lehrerstellen. Zudem sei es normal, dass Ressortminister immer mehr wollten, als sie in den Haushaltsberatungen bekämen. Konsens gebe es mit Stoch darüber, dass der Bund sich stärker beim Ausbau der Inklusion und der Ganztagsschulen engagieren müssen.

Wie am Tag zuvor bereits SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel deutete Finanzminister Schmid an, dass neue Zahlen zum erwarteten Schülerrückgang an den Abbauplänen etwas ändern könnten. Im kommenden Frühjahr werde es Berechnungen auf der Grundlage der neuen Zensus-Zahlen geben, sagte Schmid. Dann könne man «je nach Bedarf» neue Aussagen treffen für den anstehenden Doppelhaushalt 2015/2016.

CDU-Landeschef Thomas Stobl hielt Kretschmann entgegen, den Ausbau der Ganztagsschulen damit auf die «tönernen Füße eines rot-grünen Wahlsiegs und den damit verbundenen Steuererhöhungen» zu stellen. Auch FDP-Landeschefin Birgit Homburger meinte: «Die Landesregierung muss endlich ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Aufgaben in den Griff bekommen, anstatt schon wieder nach dem Bund zu rufen.»

CDU-Fraktionschef Peter Hauk forderte die Landesregierung auf, eine «vernünftige Lehrerstellenbedarfsrechnung» vorzulegen, aus der der Bedarf an zusätzlichen Stellen für bildungspolitische Vorhaben, für freiwerdende Stellen aus dem Schülerrückgang sowie die geplanten jährlichen Stellenstreichungen hervorgingen.» dpa

Zum Bericht: Koalitionskrach um Streichung von Lehrerstellen: Grüne rüffeln Stoch

 

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