Parteien im Check: Die Wahlaussagen zur Bildungs- und Forschungspolitik

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BERLIN. Das Bafög wurde seit drei Jahren nicht mehr erhöht, die milliardenschweren Sonderprogramme von Bund und Ländern für Hochschulen und Forschung laufen in den nächsten Jahren aus. Bei den Wahlaussagen zu Bildung und Forschung stehen deshalb Finanzfragen und die Lockerung des umstrittenen Kooperationsverbotes im Mittelpunkt.

BAFÖG UND STUDIENFINANZIERUNG:

SO SIEHT ES DERZEIT AUS: Die einkommensabhängige Studienförderung Bafög wurde seit Oktober 2010 nicht mehr erhöht. Höchstsatz zur Zeit: 670 Euro inklusive Miet- und Krankenkassenzuschuss.

CDU/CSU: Das Bafög soll «an die Lebenshaltungskosten sowie veränderte Bildungswege» angepasst werden. Die Union will zudem mehr Stipendien wie das vom Einkommen der Eltern unabhängige Deutschland-Stipendium. Das staatlich geförderte Bildungssparen (bisher im Rahmen des Betreuungsgeldgesetzes) soll weiterentwickelt werden.

FDP: Das Bafög soll unabhängig vom Elterneinkommen werden. Die FDP verlangt ein Bürgergeld-Modell und privates Bildungssparen. Auch sie will das Deutschland-Stipendium ausbauen.

SPD: Das Bafög soll bedarfsgerecht erhöht werden, das Deutschland-Stipendium auslaufen und das Geld für eine Bafög-Reform genutzt werden.

GRÜNE: Die Grünen wollen das Bafög sofort erhöhen sowie ein Zwei-Säulen-Modell mit einer Grundförderung für alle und einem nicht rückzahlbarem Zuschuss für Bedürftige aufbauen. Außerdem soll es ein Weiterbildungs-Bafög geben.

LINKE: Das Bafög soll elternunabhängig umgebaut und der Darlehensanteil abgeschafft werden. Außerdem soll es eine sofortige Erhöhung um 10 Prozent und eine jährliche Anpassung geben.

Ein nationaler Bildungsrat soll eine Grundstruktur des Schulsystems in Deutschland definieren. Foto: Will Palmer / Flickr (CC BY 2.0)
Foto: Will Palmer / Flickr (CC BY 2.0)

HOCHSCHULEN UND IHRE FINANZIERUNG:

SO SIEHT ES DERZEIT AUS: Die milliardenschwere Exzellenzinitiative zur Förderung der Spitzenforschung läuft 2017 aus, der Hochschulpakt von Bund und Ländern zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze ist bis 2020 befristet. Für die Grundfinanzierung der Hochschulen sind nach dem Grundgesetz eigentlich allein die Länder zuständig. Die Rufe nach einer dauerhaften Mitfinanzierung des Bundes mehren sich.

CDU/CSU: Die Union plädiert für bessere Studienbedingungen und verweist auf die Pakte zum Ausbau von Studienplätzen, den «Qualitätspakt Lehre» und die «Qualitätsoffensive Lehrerbildung». Die mit der Exzellenzinitiative angestoßene Förderung der Spitzenforschung soll auch nach 2017 fortgesetzt werden.

FDP: Es soll eine länderübergreifende Hochschulfinanzierung aufgebaut werden nach dem Modell: Geld folgt Studierenden. Das heißt: Das jeweilige Geburtsland des Studenten zahlt die Studienkosten – gleich in welchem Bundesland studiert wird.

SPD: Die SPD tritt für eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule ein. Die Qualität von Lehre und Studium soll durch Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung der Hochschulen steigen. Hochschulen sollen für Nicht-Abiturienten weiter geöffnet werden. Der Bachelor-Abschluss soll generell zum Masterstudium berechtigen.

GRÜNE: Sie lehnen Studiengebühren ab. Der Hochschulpakt soll für mehr Qualität im Studium um eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Die Prüfungsdichte soll eingeschränkt, im Ausland erworbene Studienleistungen sollen besser anerkannt werden.

LINKE: Sie ist strikt gegen Gebühren im öffentlichen Bildungssystem. Der Bologna-Prozess soll reformiert werden – mit mehr Freiräumen und besserer Betreuung. Der Bund soll den Hochschulbau wieder fördern. Verlangt wird ein freier Zugang zum Masterstudium und eine Öffnung der Hochschulen für Berufstägige ohne Abitur.

FÖDERALISMUS UND VERFASSUNGSÄNDERUNG:

SO SIEHT ES DERZEIT AUS: Seit der Föderalismusreform von 2006 ist dem Bund durch das Kooperationsverbot die dauerhafte Finanzierung von Bildungsvorhaben in den Ländern untersagt – wie etwa den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen. Nur in der Wissenschaft darf er bestimmte Projekte befristet fördern.

CDU/CSU: Die Zusammenarbeit von Unis und Forschungsinstituten soll ausgebaut werden. «Damit sich der Bund an dieser Aufgabe dauerhaft stärker beteiligen kann, wollen wir die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Bund und Ländern durch eine Änderung des Grundgesetzes stärken.»

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FDP: Die Liberalen plädieren für mehr Bildungs-Vergleichbarkeit zwischen den Ländern und eine neue Bildungsverfassung. Der Bund soll Wissenschaft und Forschung dauerhaft und nicht nur befristet fördern können.

SPD: Die SPD plädiert für die Abschaffung des Kooperationsverbots, eine Ausweitung der Bund-Länder-Zusammenarbeit auch für Ganztagsschulen, Inklusion und eine Grundfinanzierung der Hochschulen.

GRÜNE: Sie wollen ebenfalls das Kooperationsverbot abschaffen. Der Bund muss auch Ganztagsschulen und Studienplätze fördern können. Ziel ist ein «kooperativer Bildungsföderalismus» von Bund, Länden und Kommunen.

LINKE: Auch die Linke will das Kooperationsverbot abschaffen. In der Verfassung soll eine neue Gemeinschaftsaufgabe Bildung verankert werden.

SCHULEN:

SO SIEHT ES DERZEIT AUS: Nach der Verfassung ist Schulpolitik reine Ländersache. Viele Aussagen in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl sind deshalb reine politische Willensbekundungen.

CDU/CSU: Plädiert wird für ein starkes Gymnasium und gegen eine «rot-grüne Einheitsschule». Zugleich spricht sich die Union für «hochwertige Ganztagsschulen» aus. «Religionsunterricht muss als eigenständiges Fach (…) verankert werden.» Alle Schulen sollen mit moderner Computertechnik ausgestattet werden. Allerdings bleibt die Finanzierung offen. Abschlüsse und Schulniveau sollen zwischen den Ländern vergleichbarer werden.

FDP: Die Liberalen wollen selbstverwaltete Schulen, mehr Freiheit für Privatschulgründungen und eine Weiterentwicklung der Inklusion.

SPD: Mehr und bessere Ganztagsangebote und längeres gemeinsames Lernen stehen als Forderungen im SPD-Programm, außerdem ein neues Ganztagsschulprogramm von Bund und Ländern und die gemeinsame Förderung der Schulsozialarbeit. Ein inklusives Schulsystem müsse sorgfältig vorbereitet und durch intensiven Dialog mit allen Beteiligten begleitet werden.

GRÜNE: Ihr Programm enthält eine «Einladung» an Schüler, Eltern und Lehrer zu einem längeren gemeinsamen Lernen. Es soll ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen, ein zweites Ganztagsschulprogramm Bund/Länder und den Ausbau der Schulsozialarbeit geben.

LINKE: Sie will das gegliederte Schulsystem überwinden, Ziel ist eine Schule für alle. Die Inklusion soll mit finanzieller Unterstützung des Bundes vorangetrieben werden, ebenso die Schulsozialarbeit. Die Linke fordert mehr Lehrer und kleinere Klassen. Sie will die Bundeswehr-Werbung in Schulen und Hochschulen verbieten.

FORSCHUNG:

SO SIEHT ES DERZEIT AUS: Der milliardenschwere Pakt für Forschung und Innovation läuft 2015 aus. Er hat den Forschungsorganisationen und Instituten seit Jahren ein kontinuierliches Wachstum der Etats gesichert. Es gibt keine steuerliche Forschungsförderung – obwohl dies im Koalitionsvertrag von Union und FDP 2009 angekündigt worden war.

CDU/CSU: Der Pakt für Forschung und Innovation soll bis 2020 verlängert werden. Zugleich sollen auch die Haushalte der außeruniversitären Institute jährlich um fünf Prozent wachsen. Plädiert wird zudem für eine steuerliche Forschungsförderung.

FDP: Die Liberalen plädieren für die Bildung von Wagniskapital bei forschenden Unternehmen, erneut auch für die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Sie wollen die Exzellenzinitiative fortführen.

SPD: Sie will den Pakt für Forschung und Innovation fortsetzen und verlangt mehr unbefristete Beschäftigungschancen für Nachwuchswissenschaftler. Das Gesetz über Zeitverträge in der Wissenschaft soll novelliert werden.

GRÜNE: Die Grünen machen sich für finanzielle Anreize des Staates stark, damit die Wissenschaft «ihren Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen leistet». Fachübergreifende Forschung soll unterstützen werden. Tierversuche seien zu reduzieren. Gestärkt werden soll die Friedens- und Konfliktforschung. Es soll mehr Dauerstellen für den Nachwuchs und ein Programm für 1000 neue Junior-Professuren geben.

LINKE: Die Linke will die Forschungsförderung sozial und nachhaltig organisieren, demokratische Strukturen für Entscheidungen schaffen und befristete Arbeitsverhältnisse auf Qualifikationsphasen beschränken. dpa

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